Gelsenkirchen. Das Aus des „Real“-Marktes in Gelsenkirchen stellt mehr als 100 Menschen vor eine ungewisse Zukunft. Welche Chancen und Probleme sich ergeben.
Es hat sich abgezeichnet, dennoch trifft dieser Schlag Gelsenkirchen hart: Bis Ende März kommenden Jahres wird der „Real“-Markt an der Emscherstraße geschlossen. Die Warenhauskette hat Insolvenz angemeldet und Gelsenkirchen steht auf einer Liste mit insgesamt 45 Filialen, für die nach Konzernangaben „trotz intensiver Bemühungen“ kein Abnehmer gefunden worden ist. 14 weitere Märkte werden von Konkurrenten Rewe, Edeka und Kaufland übernommen.
Bundesweit sind von dem Real-Aus mehr als 5000 Beschäftigte betroffen. Nach Angaben der Gelsenkirchener Betriebsratsvorsitzenden haben bei Real in Gelsenkirchen zuletzt noch „107 Menschen gearbeitet“, der Großteil der Belegschaft kommt demnach aus der Emscherstadt selbst, der Rest aus dem Umfeld. „Die meisten Mitarbeiten sind über 50 Jahre alt“, so Sandra Huhn, die gerade bei der turnusmäßigen Gesamtbetriebsratsversammlung in Bad Breisig ist.
Bei einer kurzfristig anberaumten Belegschaftsversammlung nach ihrer Rückkehr aus Rheinland-Pfalz will Huhn die Gelsenkirchener Real-Mitarbeitenden über „ihre Rechte aufklären“. Die meisten wüssten nicht, was eine Insolvenz konkret für sie bedeutete.
Gewerkschafter nach Real-Aus: Einem Sozialplan sind diese Grenzen gesetzt
Verdi-Gewerkschafter Michael Sievers bezeichnete als „Skandal“, wie die Standorte und damit die Belegschaften zur unternehmerischen Spielmasse geworden seien. Seine Kritik zielt vor allem auf die jüngsten Verkäufe ab. Real-Häuser wechselten seit 2020 mehrfach die Besitzer. Zudem wurde im Mai 2022 noch die Nachricht herausgegeben, dass am Standort Emscherstraße ein Millionenbetrag in das SB-Warenhaus investiert werden sollte.
Bojan Luncer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Real GmbH, sprach in einer aktuellen Pressemitteilung davon, dass die „Schließung von Märkten angesichts der schwierigen Lage der Real GmbH“ unvermeidlich sei. „Wir führen derzeit mit dem Betriebsrat konstruktive Gespräche mit dem Ziel, Interessenausgleich und Sozialplan abzuschließen.“
Wir taggen GElsen: Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.
Aber auch diesem Vorhaben sind nach Angaben von Michael Sievers durch das eingeleitete Insolvenzverfahren deutliche Grenzen gesetzt. „Insolvenz bedeutet, dass ein Sozialplan gedeckelt ist, die Beschäftigten nur zweieinhalb Monatsgehälter weiter bekommen.“
Problem bei der Suche nach neuem Arbeitsplatz: Teilzeitjob und fehlende Tarifbindung
Dass die Beschäftigten in Gelsenkirchen und in den anderen betroffenen Filialen des Warenhauses anderswo unterkommen, hält der Gewerkschafter und auch die Betriebsratsvorsitzende Sandra Huhn zwar grundsätzlich für möglich, beide sehen aber auch etwaige Arbeitsplatzwechsel mit weiteren größeren Problemen verbunden.
„Es gibt immer mehr Unternehmen, die nicht mehr an Gehaltstarife gebunden sind“, begründet Sievers seine Ansicht. Zwar werde im Handel nach wie vor Personal gesucht, oft aber nur in Teilzeit. „Das macht einen auskömmlichen Monatsverdienst für die Beschäftigten zunichte“, so Sievers weiter. Mit etwas Glück könnten die Real-Beschäftigten bei Lebensmitteleinzelhändlern wie Aldi, Lidl und Kaufland unterkommen. „Die zahlen noch nach Tarif.“