Gelsenkirchen. Eine Woche vor dem regulären Treffen ließ die Gelsenkirchener AfD den Gesundheitsausschuss zu einer Sondersitzung rufen. Was dabei herauskam.

Auf Wunsch der AfD waren die Mitglieder des Gesundheitsausschusses am Dienstagnachmittag zu einer Sondersitzung eingeladen worden, in der es um Prävention von Übergewicht bei Grundschulkindern gehen sollte. Eine Sondersitzung, genau neun Tage vor dem regulären nächsten Sitzungstermin des Fachausschusses, der auch stattfinden wird. Der Zorn der anwesenden (acht) Mitglieder der anderen Fraktion über den Extra-Termin war groß. Hatte die AfD doch bereits in der letzten Sitzung des Fachausschusses Anfang September versucht, die Verwaltung zu beauftragen „ein umfassendes Konzept zur Prävention von Übergewicht zu erstellen“.

Dringlichkeit mit einem WAZ-Bericht nach der Sitzung begründet

Damals hatten SPD und CDU den Antrag absetzen lassen mit der Begründung, es handele sich um einen haushaltswirksamen Antrag und müsste entsprechend in dem Rahmen als Haushaltsantrag gestellt werden. Was möglich gewesen wäre, worauf die AfD aber nicht einging. Stattdessen nutzte sie das in der Gemeindeordnung verankerte Recht, eine Sondersitzung für das Thema einzuberufen mit der Argumentation der Dringlichkeit. Diese sah sie gegeben durch die Berichterstattung in der WAZ, in der über vergleichsweise hohe Übergewichtsquoten bei Kindern in Gelsenkirchen Horst berichtet wurde. Lesen Sie dazu: Migration, Übergewicht und Armut: Alarm in Horst

Im Antrag mit falschen Zahlen argumentiert

Allein: Die Zahlen im AfD-Antrag („fast 20 Prozent Übergewichtsquote“) stimmen nicht. In der WAZ waren – wie auch im Verwaltungsbericht – 16,9 Prozent für Horst-West und 14,6 Prozent übergewichtige Kinder für Horst-Süd in 2019 genannt. Die 20 Prozent in beiden Berichten waren ausdrücklich bezogen auf allgemein „schwierigere Ausgangsvoraussetzungen für Kinder“ in Horst-West. Gesundheitsdezernentin Andrea Henze verwies auf den Fehler im AfD-Antrag und vor allem auf die positive Entwicklung in den letzten Jahren. „Die Übergewichtsquote ist gesamtstädtisch zwischen 2009 und 2019 (dem letzten voll erfassten Jahr) von 15,9 auf 12,3 Prozent gesunken“, erklärte sie.

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Zudem gebe es bereits zahlreiche Maßnahmen zur gesunden Ernährung in Kita und Schule, ebenso bewegungsfördernde Angebote. Auch Mittel des Stärkungspaktes würden dafür eingesetzt. Bei allem aber spielten auch Eltern eine wesentliche Rolle. Das Thema Übergewicht sei hochkomplex, betonte Henze, und es gebe keine wissenschaftlich belegten Konzepte, dem allgemeinwirksam vorzubeugen. Zudem müsste, um ein umfassendes Konzept zu erarbeiten, „Personal aufgestockt“ plus Geld für die Umsetzung zur Verfügung gestellt werden, so Henze. Tobias Obernyers (AfD) daraufhin gestellte Frage nach der Höhe der ungefähr benötigten Summe wies die Dezernentin zurück: eine seriöse Antwort auf eine derart unkonkrete Frage sei nicht möglich.

Am Ende wurde der Antrag, mit dem – so Obernyer – „die AfD eine fraktionsübergreifende Diskussion zu dem wichtigen Thema anstoßen wollte“ einmütig gegen die beiden Stimmen der AfD abgelehnt. Und Christina Totzek (CDU) beantragte, die durch die Sitzung entstandenen Kosten für den Steuerzahler und den Arbeitsaufwand der Verwaltung zur Vorbereitung aufzulisten und dem Ausschuss zu einem späteren Zeitpunkt mitzuteilen. Bereits 2022 hatte die AfD mit dem sonst selten eingeforderten Recht eine Sondersitzung des Rates einberufen.