Gelsenkirchen. Vor allem weibliche Geflüchtete haben oft keinen Job. Ohne Kinderbetreuung wird das so bleiben, meint unser Autor und fordert neue Prioritäten.

  • Studien zeigen: Vor allem weibliche Geflüchtete sind häufig arbeitslos.
  • Verbessern kann man die Arbeitsmarktintegration also vor allem, indem man mehr Betreuungsplätze schafft.
  • Das ist aber gerade in Gelsenkirchen eine große Herausforderung, kommentiert unser Autor.

Diese Zahl ist Dauergast in den unzähligen Talkshow-Debatten zu Flucht und Migration im deutschen Fernsehen: 54 Prozent der Asylsuchenden, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, haben mittlerweile einen Job gefunden. Ob dieser Wert jetzt gut oder schlecht ist, liegt im Auge des Betrachters. Was bei beiden Betrachtungsweisen aber oft vernachlässigt wird: Die Arbeitslosigkeit unter Geflüchteten ist vorrangig weiblich.

Denn während 67 Prozent der männlichen Geflüchteten sechs Jahre nach der Ankunft erwerbstätig sind, sind es bei Frauen nur 23 Prozent, wie eine Studie des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zuletzt zeigte. Wer sich in Anbetracht dieser Zahlen in der Annahme bestätigt sieht, dass es ja um viele Frauen aus muslimischen Haushalten geht, wo anachronistische Geschlechterrollen häufiger herrschen, der sollte sich auch vergegenwärtigen, was Gesundheitsamtsleiterin Emilia Liebers zuletzt unserer Redaktion sagte: „Die allermeisten Eltern wollen ihr Kind in die Kita bringen. Auch die Eltern mit Migrationshintergrund. Aber viele bekommen einfach keinen Platz.“

Geringe Kita-Betreuungsquote ist besonders bei ukrainischen Kriegsflüchtlingen fatal

Nur wie sollen sie diesen Platz bekommen, wenn Gelsenkirchen einfach nicht mit dem Ausbau der Betreuungsplätze hinterherkommt? Man bemüht sich ja durchaus in der Stadt und hat in den vergangenen Jahren viele neue Einrichtungen geschaffen oder bestehende erweitert. Aber betrachtet man beispielsweise die Betreuungsquoten von Kindern unter drei Jahren, dann ist Gelsenkirchen mit einer schwachen Quote von 18,1 Prozent sogar das Schlusslicht in NRW. Gleichzeitig bekommen Frauen in keiner anderen Stadt in NRW statistisch gesehen so viele Kinder wie in Gelsenkirchen.

Damit ist es für die Stadt schon eine Herausforderung, die Betreuungsquote überhaupt zu halten; diese wirklich deutlich zu verbessern, ist angesichts der Geburtenrate fast ein Ding der Unmöglichkeit. Es müssten Kitas in jedem Viertel aus dem Boden sprießen.

„Der Ausbau von Kita-Plätzen spielt in der gegenwärtigen Diskussion über den Umgang mit Geflüchteten eine viel zu geringe Rolle“, kommentiert WAZ-Redakteur, Gordon Wüllner-Adomako.
„Der Ausbau von Kita-Plätzen spielt in der gegenwärtigen Diskussion über den Umgang mit Geflüchteten eine viel zu geringe Rolle“, kommentiert WAZ-Redakteur, Gordon Wüllner-Adomako. © funkegrafik nrw | Anna Stais

Dass die umkämpften Plätze dann am Ende eher an deutsche Muttersprachler gehen, die besser im Kita-Portal navigieren können und die Bestimmungen bei der Platzvergabe eher durchblicken, ist offensichtlich. In der Folge bleiben natürlich besonders Asylsuchende unversorgt. Das ist gerade auch mit Blick auf die große Zahl an ukrainischen Kriegsflüchtlingen fatal, von denen viele alleinstehende Frauen mit Kindern sind. Die erfolgreiche Arbeitsmarktintegration dieser Menschen kann damit nur schleppend fortschreiten.

Überraschenderweise spielt der Ausbau von Kita-Plätzen in der gegenwärtigen Diskussion über den Umgang mit Geflüchteten aber eine äußerst geringe Rolle. Jede Wette, Sie hören in der nächsten Talkshowrunde eher zehn Mal etwas über „Arbeitspflicht für Flüchtlinge“, bevor über die Bedeutung einer besseren Betreuungsquote gesprochen wird.