Gelsenkirchen-Erle. Warum ein Ehepaar die historische Trinkhalle Mummel in Gelsenkirchen-Erle übernommen hat. Und wie es die Büdchen-Kultur modern interpretiert.
„Wir hatten niemals das Ziel, eine Trinkhalle zu betreiben“, sagt Christoph Ekamp. Doch bei ihm und seiner Frau Lina kam es anders als geplant. Seit Juni 2023 gehört dem Paar der Kiosk Mummel am Gartmannshof 19A in Gelsenkirchen-Erle.
Linda (38) und Christoph (41) Ekamp sind beide gebürtige Dorstener. Aus beruflichen Gründen zog es das Paar in die Nähe von Heilbronn in Baden-Württemberg. Im sogenannten Schwabenland blieben sie fast zehn Jahre. Christoph Ekamp, eigentlich gelernter Bauingenieur, bekam einen Job bei einem großen Discounter. Dort war er für den Einkauf von Lebensmitteln in Europa zuständig. Linda, gelernte Fotografin, kümmerte sich um die Kinder Johanna (7) und Greta (6). Doch irgendwann wurde die Sehnsucht zum Ruhrgebiet übermächtig.
Ehepaar will Gelsenkirchener Trinkhalle als Kulturerbe des Ruhrgebiets beleben
Das Paar vermisste Familie, Freunde und das Leben in der Heimat. Noch vor dem Schulstart des Nachwuchses zogen sie im Juni 2022 zurück in ihren Geburtsort. In Dorsten bauten sie das Haus der Eltern um. „Hier angekommen wollten wir unseren Kindern die bunt gemischte Tüte, die wir selbst aus der Kindheit kannten, zeigen. Doch eine zu finden, war nicht so einfach“, so Christoph. Da viele Kioske und Trinkhallen nicht weitergeführt worden waren, war für das Paar sofort klar, dass sie die Trinkhallenkultur unterstützen möchten.
„Seit wir wieder hier sind, wollen wir die Trinkhallen als Kulturerbe des Ruhrgebiets pushen“, so Christoph Ekamp. Zunächst gab es die Überlegung eines Trinkhallen-Biers. Eine Brauerei im Ruhrgebiet, die das Hopfengetränk in kleinen Mengen verkaufen wollte, fehlte jedoch. In dieser Zeit knüpften sie mit einigen Kiosken und Trinkhallen-Besitzern Kontakt. Irgendwann bekam Ekamp die Nachricht, dass die Betreiber eines Kiosks in Erle wegen des Renteneintritts nach 19 Jahren Nachfolger suchten. Das Paar verliebte sich sofort in das 189 Quadratmeter große Grundstück und entschied sich nach einem Gespräch, den Kiosk Mummel zu kaufen.
Kiosk Mummel in Gelsenkirchen-Erle ist 365 Tage im Jahr geöffnet
Er gilt als einer der ältesten in Gelsenkirchen. Bereits 1938 wurde der Laden von Willy Mummel eröffnet. In den 1960ern gab es rund um das Gebäude hin und wieder feucht-fröhliche Zusammenkünfte. „Wir haben den Laden mit den Stammkunden und Mitarbeitern übernommen, aber unseren eigenen Touch reingebracht“, sagt Linda Ekamp. 365 Tage im Jahr ist er geöffnet. Eine Außenterrasse mit Sonnenschirmen bietet Platz für über 30 Sitzplätze. Drei Mitarbeiter arbeiten hier.
Die beiden Besitzer haben auch einen Onlineshop ins Leben gerufen, über den sich gemischte Tüten mit rund 100 offenen süßen Leckereien bestellen lassen. Die sogenannten „Mummeltüten“ werden persönlich im Kiosk verpackt und dann weiterverschickt. Insgesamt bietet das Büdchen über 1000 verschiedene Artikel.
Büdchen-Eigentümer verkauft in Gelsenkirchen-Erle auch Wild-Fertiggerichte
Neben Getränken, Brötchen, Bonbons, Eis, Zigaretten, Popcorn, Zuckerwatte, Zeitungen, Taschentüchern, Deo und Toilettenpapier gehören auch Wildartikel zum Sortiment. Unter dem Namen „Wildfürst“ hat sich Ekamp, der selbst Jäger ist, Anfang des Jahres mit Wild-Fertiggerichten in Einmachgläsern selbstständig gemacht. Wildschweinbratwurst, Wildschweinbolognese, Hirschgulasch oder Rehcurry, frei von Konservierungsstoffen, können von Ort erworben werden. [Lesen Sie auch:Gelsenkirchen: Wie dieser Kiosk Millionenumsätze macht]
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Ebenfalls ein Mitbringsel aus der Heimat, das dauerhaft im Sortiment ist, sind wilde Weine. Sie stammen aus der Weingenossenschaft ihrer ehemaligen Wahlheimat nahe Heilbronn. „Dadurch unterstützen wir auch ein wenig unsere alte Heimat“, so der 41-Jährige.
Trinkhallenspiel und Trinkhallen-Hymne sollen Büdchen-Kultur bereichern
In Planung ist ebenso ein Trinkhallenspiel. Für „Von Büdchen zu Büdchen“ kooperieren sie bereits mit mehreren Trinkhallen im Ruhrgebiet. Spielenden soll durch das Sammeln von Kronkorken, die sich in ein Holzbrett einsetzen lassen, der Kiosk-Kult nähergebracht werden.
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Auch musikalisch hat das Paar es schon versucht. Eine Trinkhallen-Hymne ist zusammen mit einem befreundeten Musiker entstanden. Wenn es das Wetter zulässt, sind auch Outdoor-Veranstaltungen wie beispielsweise ein „Glühwein-Sonntag“ geplant. Ziel ist es, Trinkhallen zu vernetzen. Für Ideen sind die beiden immer offen. „Uns liegt am Herzen, die Geselligkeit und die Trinkhalle als Treffpunkt am Leben zu halten“, so Linda Ekamp.
Onlineshop: www.kiosk-mummel.de (zum Kiosk gehört auch ein Hemes-Paketshop)