Gelsenkirchen. Gelsenkirchens Schulen wollen unterstützen, aber nicht in politische Diskussionen zum Nahost-Konflikt einsteigen. So ist die Situation aktuell.
Arabischstämmige Schülerinnen und Schüler hat in Gelsenkirchen fast jede Schule, auch jüdische Jungen und Mädchen lernen an vielen Schulen. Nach den Geschehnissen in Israel und Gaza ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Konflikt sich auch in den Schulen zeigt, sehr groß. Vor dem ersten Schultag nach Kriegsausbruch hatte das NRW-Bildungsministerium Schulleitungen aufgefordert, sich darauf vorzubereiten und aktiv zu werden. In der Mail gab es zudem Handlungsempfehlungen und Handreichungen, die den Umgang im Konfliktfall, aber auch die grundsätzliche Aufklärung der Hintergründe erleichtern sollen.
„Unsere Schulen stehen durch ihr Handeln für demokratische Werte ein und fördern den respektvollen Meinungsaustausch. Offenheit, Respekt und Toleranz für verschiedene Ansichten finden aber seit jeher ihre Grenzen dort, wo Menschen beleidigt, erniedrigt, angegriffen und in ihrer Menschenwürde verletzt werden. Daher ist es uns . . . wichtig, Sie darin zu bestärken, dass jeder antisemitischen oder israeldämonisierenden Äußerung sowie jeder menschenverachtenden Aussage entschieden entgegengetreten werden muss,“ heißt es in der Mail des Ministeriums.
Lehrer: „Mit gemischten Gefühlen am Montag in die Schule gegangen“
Tatsächlich berichtet mancher Schulleiter, mit gemischten Gefühlen in die Schule gegangen zu sein an diesem Montag – angesichts des schwer absehbaren Verhaltens der Schülerschaft. Doch die Befürchtungen erfüllten sich bei den befragten Schulformsprechern und der Runde der Gesamtschulleitungen nicht. Selbst bei der an der Gertrud-Bäumer-Realschule üblichen Ferienrückschau zum Unterrichtsbeginn, in der nach Erlebnissen und Sorgen gefragt werde, sei der Konflikt kein Thema gewesen, erzählt der stellvertretende Schulleiter Jürgen Much. „Natürlich wissen wir nicht, wie es bei den Schülern zu Hause aussieht, wir stecken nicht drin. Wir haben ja sowohl jüdische als auch arabisch-stämmige Schüler. Aber die Schüler haben es nicht angesprochen“, berichtet Much. Das Kollegium habe sich verständigt, bei Hilfebedarf und Konflikten natürlich einzugreifen, aber nicht in politische Diskussionen einzusteigen.
Politische Symbole werden nicht akzeptiert: Von keiner Seite, in keiner Form
Ähnlich halten es die Gesamtschulkollegien, die sich Montagnachmittag regelmäßig zur aktuellen Situation austauschen. Andreas Lisson, Leiter der Gesamtschule Erle, betont: „Es ist wichtig, dass Schüler Ängste äußern können, da helfen wir. Wir müssen den Kindern die Angst nehmen, sensibel sein. Viele kommen ja aus dem Gebiet. Aber ich habe dem Kollegium geraten, nicht Position zu beziehen, sich nicht auf politische oder religiös geprägte Diskussionen einzulassen. Wir können diesen komplizierten langjährigen Konflikt nicht hier lösen, nicht auflösen. Aber wir müssen versuchen, Konflikte unter den Schülerinnen und Schülern zu vermeiden. Politische Symbole in der Schule akzeptieren wir nicht, von keiner Seite. Keine Aufkleber, keine Fahnen.“
Der Ückendorfer Schulleiter Achim Elvert hat die gleichen Erfahrungen gemacht: „Es gab heute keine Ereignisse, bei denen wir einschreiten mussten, aber wir waren darauf vorbereitet. Es gab auch keine Bitten um Hilfe. Aber auch bei uns gilt: Die politische Diskussion zum Konflikt führen wir so nicht.“ Zumal es nicht sehr wahrscheinlich sei, dass man Kinder durch kurze Aufklärung umgehend überzeugen könne, die zu Hause die ganze Woche gehört haben, warum Israel den Überfall verdient habe.
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An der Evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen will Schulleiter Volker Franken das Thema von drei Seiten angehen: In der Fachkonferenz Gesellschaftslehre und Politik soll über mögliche Strategien zur Erklärung der Hintergründe gesprochen werden. Wichtig, so Franken, sei aber auch die Aufklärung über Fake-News (Falschmeldungen) in Sozialen Medien und eine vernünftige Mediennutzung. Bei Bedarf gebe es auch Hilfe für Kinder, die durch brutalste Inhalte von Videos in Social Media unter Schock stehen. An der EGG lernen arabische und jüdische Kinder gemeinsam. „Gegen Antisemitismus in jeder Form beziehen wir eindeutig Position“, betont Franken. Politische Symbole aber seien keiner Seite erlaubt, in keiner Form. Es sei aber auch niemand mit Palästinenser-Schal oder ähnlichem in die Schule gekommen.
Keine Zwischenfälle an Gelsenkirchener Schulen aktuell
Lothar Jacksteit, Sprecher der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Gelsenkirchen, sind aus den Schulen Hetze und Gewalt in Schüler-Chatgruppen gemeldet worden. Auch von der „Endlösung der Hamas“ sei die Rede. Daher gelte es schon, „das weltoffene Miteinander zu propagieren, zu betonen, wie wichtig es ist, dass alle in Freiheit und sicher leben können“ betont Jacksteit. Von durch den Konflikt angestachelten Zwischenfällen an Gelsenkirchener Schulen habe er jedoch an diesem ersten Schultag trotz Nachfragen nichts gehört.