Gelsenkirchen. Gelsenkirchens Bahnhofcenter wird 40 Jahre alt: In vier Jahrzehnten hat es einen echten Wandel hinter sich – und immer noch Spannendes im Keller.
„Gelungenes Bindeglied zwischen Altstadt und Neustadt“, „14.300 Tonnen Beton – 1900 Tonnen Stahl: Nun ist die Gelsenkirchener City um einen neuen attraktiven Anziehungspunkt reicher“ – es war der 29. September vor genau 40 Jahren, als die WAZ mit einer Sonderseite über die Eröffnung des neuen Bahnhofcenters in der Innenstadt berichtete und damit die Fertigstellung eines der Mega-Bau-Projekte für die Innenstadt verkündete. Bis heute hat sich viel getan – und das Bahnhofcenter hat dabei nicht nur seinen Namen geändert (siehe Infobox), sondern auch einen Wandel vollzogen, der sich besonders während der Corona-Pandemie auszeichnen sollte.
40 Jahre Bahnhofcenter Gelsenkirchen: Diese Ecken kennen Gelsenkirchener bestimmt nicht
Rückblick: Aus der Großbaustelle Hauptbahnhof wurde innerhalb von zweieinhalb Jahren Bauzeit ein neuer Einzelhandelsstandort – 56 Millionen D-Mark hatte der Bau damals gekostet, 11.000 Quadratmeter Verkaufs- und 2000 Quadratmeter Bürofläche waren mit der Zeit entstanden. 40 Einzelhandelsgeschäfte, zwei Supermärkte und sechs Gastro-Betriebe erwarteten die Kundschaft. Und die kam zahlreich.
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Doch bei aller Freude über die Eröffnung, begleitet etwa von einer spannenden und bunten Feier mitsamt einer „sensationellen Hochseil-Show“ des Hochseil-Artisten Jean Monti, fiel manchen Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern der Abschied von ihrem alten, liebgewonnenen Hauptbahnhof schwer. Der wurde 1982 abgerissen, musste neuen Plänen weichen. Die Stadt und ihr Bahnhof, es ist eine lange Geschichte.
Feierliche Eröffnung 1983: Viele Sonderangebote im Gelsenkirchener Bahnhofcenter
Zur Eröffnung des strahlenden Bahnhofcenters ein Jahr später 1983 lockten Sonderangebote etwa von Sewinora Maschenmode, vom Depot Vorratsmarkt, vom Center-Friseur, von Wilhelm Müller, der Duisburger Spezialfabrik für Kräuterbonbons, und die der vielen anderen Händler - nahezu alle Branchen von Textil- bis zum Schuhfachgeschäft waren damals auf den Verkaufsflächen vertreten. Ändern sollte sich dieser Umstand erst im Laufe der Jahre.
Heute beschreibt Tanja Böse-Saurien das Bahnhofscenter so: „Es war schon immer der Exot in der Branche und irgendwie außerhalb der Norm“, so die Centermanagerin. Denn: Am Bahnhofsvorplatz finden Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener und alle Reisenden eben ganz bewusst kein Fachmarktcenter oder ein klassisches Einkaufscenter wie den Limbecker Platz oder das Centro, was natürlich schon allein wegen der Größe nicht möglich ist.
Zu Corona habe sich der Wandel, die Veränderung des Centers – weg von Textil- hin zu mehr Dienstleistung – ausgezahlt, sogar fast als eine Art Rettung erwiesen, ist Tanja Böse-Saurien überzeugt. Der Schwerpunkt liegt auf dem täglichen Bedarf: So sind beispielsweise Rossmann, Penny, Action Mieter im Bahnhofcenter, hinzu kommen diverse Gastro-Angebote wie beispielsweise Tastyy, Amsterdam Street Food, Subway oder Asia Kitchen.
„Das Bahnhofcenter ist an einer Stelle positioniert worden, die einfach wahnsinnig genial ist“, spielt Tanja Böse-Saurien auf die exponierte Lage des Bahnhofcenters zwischen Bahnhofstraße und Bahnhof, zwischen Altstadt und Neustadt an. Spielt Schalke daheim, ist das Center und sein Angebot meist das Erste, was die Gäste-Fans von der Emscherstadt zu sehen bekommen. Allerdings: Wenn der ÖPNV streikt, sei erfahrungsgemäß wenig bis gar nichts los, weiß Tanja Böse-Saurien.
Und dann gibt es auch noch diese andere Seite des Bahnhofcenters, wo es aussieht wie in einer anderen Welt, wo wenig zu spüren ist von der Hektik des Alltags: Umfangreich ist die Technik, die für den reibungslosen Betrieb von Heizung, Lüftung und Wasser zuständig ist. Die Technik ist auch abgestimmt auf die unterschiedlichen Bedarfe der Mieter. Für den Barbershop im Erdgeschoss etwa musste nachträglich noch eine Abwasserleitung installiert werden. Dazu gibt es riesige Abluftkanäle, die für Frischluft sorgen, dazu viele weitere Meter Rohre – und einen etwa 50 Meter langen Kriechtunnel, der für manches Kind sicher spannender Geheimgang wäre. „Ich habe lange gebraucht, um wirklich durchzublicken“, erzählt Siegfried Ruhrus, der seit mehr als einem Jahr im Bahnhofcenter arbeitet.
So sind die Wünsche für die Zukunft des Gelsenkirchener Bahnhofcenters
Der 60-Jährige kümmert sich um alle technischen Dinge, die in einem Gebäude dieser Größe so anfallen können. Ganz unten, tief im Keller, zeigt Siegfried Ruhrus beim Rundgang das, was bei Feuer Leben rettet und gleichermaßen beeindruckt: Ein riesiger grüner Tank steht da in einem der Kellerräume, mit knapp 30.000 Litern Fassungsvermögen, wie Ruhrus berichtet. Darin: Löschwasser für die Sprinkleranlage, daneben, eigentlich ganz unscheinbar: Ein Becken, eingefasst in Beton von einem über zwei Meter hohen Rand. Mehrere Millionen Liter Wasser werden laut Ruhrus dort vorgehalten, falls der Tank leer läuft.
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Zurück aus dem Center-Keller, muss Tanja Böse-Saurien nicht lange nachdenken, um eine Antwort auf die Frage nach der Zukunft zu finden: „Wir wünschen uns zufriedene Mieter und zufriedene Kunden“, sagt sie. Einen weiteren Wunsch hat sie auch, mit Blick auf die Leerstände wie etwa die ehemalige Hussel- und die Nanu Nana-Filiale im Erdgeschoss: „Dass wir 2024 die Vollvermietung verkünden können.“
Namensänderung nach Übernahme
Das Gelsenkirchener Bahnhofcenter wurde im November 2018 von der Concarus Real Estate Invest GmbH von einem englischen Investor übernommen. Das Ziel von Concarus: „Das Center zu revitalisieren und fit zu machen für die nächsten Jahrzehnte“, erklärt Tanja Böse-Saurien, die seit Juli 2006 Centermanagerin ist.
Seit der Übernahme trägt das ehemalige Bahnhofscenter so gesehen auch den neuen Namen „Bahnhofcenter“, das „s“ in der Mitte wurde einfach gestrichen.