Gelsenkirchen-Altstadt. 1847 wurde ein Haltepunkt an der „Cöln-Mindener Eisenbahn“ eröffnet. Kritik am Gebäude gab es früh – auch an den Nachfolgern von 1904 und 1982.
- 1847wurde der Bahnhof Gelsenkirchen zusammen mit der „Cöln-Mindener Eisenbahn“ eröffnet
- 1904 gab es den nächsten Neubau, der 1982 abgerissen wurde. Der heutige Komplex entstand 2006
- Hans-Joachim Koenen hat die Geschichte für Heft 13 des Heimatbunds Gelsenkirchenaufgerollt
Die Stadt und ihr Bahnhof – das ist eine, nun ja, nicht unendliche, aber 170-jährige Geschichte. 1847 wird der Bahnhof Gelsenkirchen zusammen mit der „Cöln-Mindener Eisenbahn“ eröffnet. Ein kleiner Holzschuppen dient zur Unterbringung des Bahnbüros. Gelsenkirchen ist an der eingleisigen Strecke eine „Durchgangsstation für den Personenverkehr.“
Heft 13 aus der Reihe des Heimatbunds Gelsenkirchen
Die Stadt hat wenig mehr als 500 Bewohner. Dass sie überhaupt von der Bahn angefahren wird, hat mit dem rührigen Einsatz einiger Ratsmitglieder zu tun, die hier eine Entwicklungschance nicht so einfach vorbeirattern lassen wollen. Am 15. Mai 1847 hält der Eröffnungszug am Bahnhof – unter tosendem Beifall beginnt eine neue Epoche für die Stadt. Und wechselnde Phasen von Zu- und Abneigung. Mit ihrem Bahnhof haben die Gelsenkirchener oft gefremdelt, wie die Text-Zusammenstellung von Hans-Joachim Koenen für das Heft 13 aus der Reihe des Heimatbunds Gelsenkirchen zeigt.
Bis 1890 erweitert um Anbauten, Aborte, Wartesäle
Stück für Stück wird die Station bis 1890 erweitert: um Anbauten, Aborte, Wartesäle. Im Volksmund wird der Bahnhof „Schachtelbahnhof“ genannt, Kritiker finden ihn „klein und schäbig“. 28 Gleise im Westteil und 18 im Osten sowie drei Personenzuggleise führen da bereits in die Stadt. Irgendwann steht das Signal dann auf Neubau: 1904 wird das baufällige Bahngebäude abgerissen. Für 300 000 Mark entsteht das neue, repräsentatives Hauptgebäude – und wird am 1. Juli 1907 offiziell zum Hauptbahnhof ernannt. Die Kritik bleibt nicht lange aus.
160 Züge laufen 1911 täglich durch den Bahnhof, mit einem Reiseverkehr von 1,6 Millionen Personen rechnen Experten für das Jahr und stellen fest: „Die Anlage hat sich bereits 1904 gleich bei der Eröffnung als zu klein erweisen.“ 1916 befindet die Gelsenkirchener Zeitung: „Nicht nur hier, sondern auch auswärts wurde die ganze Bahnhofseinrichtung als ein ganz unhaltbarer Zustand empfunden.“
Der Wiederaufbau prägt die Jahre nach 1945. Auch am Bahnhof. Die Empfangshalle ist abgedeckt, das Gebäude hat schwere Kriegsspuren. Besonders vorzeigbar wird die Glasfront in der großen Eingangshalle. Das Glasgemälde nach Entwurf von Professor Franz Marten (gefertigt von I. Donat und Sohn in Buer) stellt 1950 die Säulen der lokalen Wirtschaft dar: Kohle, Stahl/Eisen, Glas, Chemie und Bekleidung.
Fenster stellt 1950 die Säulen der lokalen Wirtschaft dar
Das Fenster überdauerte übrigens und wurde nach dem Abriss des Gebäudes gesichert. Heute hängt es an der Bahnhofstraße.
Auch das gibt’s in den 1950er und 1960er Jahren im Bahnhof: das Bali-Theater im Wartesaal, eine Bahnhofsgastronomie, die Buchhandlung und später ein frühes Sex-Kino. Improvisation, „Schmutz überall“, halt wenig Aufenthaltsqualität bestimmen die Kritik in den Jahrzehnten. „Der Hauptbahnhof zeigt eine sehr schlechte Visitenkarte und sei mehr „vor- als großstädtisch“ moniert die WAZ 1956. Das Gebäude sei gar „ein Lachkabinett“ höhnt die Westfälische Rundschau 1965 und registriert pikiert die Verschlimmbesserungen an Fassade und Halle, die „eifrige Bundesbahner“ vorgenommen hätten.
Die Erinnerung hat die Kritik längst überlagert
„Der Bahnhof muss weg“, lautet das Fazit. 1982 wird das Gebäude abgerissen. Die Erinnerung hat die Kritik längst überlagert. Viele trauern ihm heute hinterher. Was neu kommt, bettet sich nebenan im Stadtbild ohne weiteres Aufsehen ein, hat aber auch nur begrenzt Charme. Also geht es erneut an die Überarbeitung: Zur WM 2006 soll der Bahnhof laut WAZ „Von der Unterführung zu einem lichtdurchfluteten Gebäude“ werden. Was aus der Ankündigung wurde, ist heute zu sehen.