Gelsenkirchen-Erle. Gläubige schlagen Alarm, weil ein Hofkreuz von 1574 für ein Projekt der evangelischen Kirche versetzt werden soll. Wie der Investor das begründet
Von der Feldarbeit erschöpfte Landwirte, Missernten, Bauernhochzeiten und ganz sicher viele Stoßgebete: Das einstige Hofkreuz Schulte-Terboven an der Haunerfeldstraße gegenüber vom Hauptfriedhof-Eingang könnte viel erzählen aus den letzten 449 Jahren vor Ort. Kurz vor seinem Jubiläum 2024 wird es nun zum Gegenstand einer Auseinandersetzung. Denn dass es im Zuge eines Kita-Neubaus im Schatten der evangelischen Matthäus-Kirche verschwinden soll, stößt einigen Katholiken bitter auf.
Nicht ganz zwei Monate ist der Baustart für die vierzügige Kita auf dem rund 2000 Quadratmeter großen Grundstück an der Ecke Cranger Straße her; der offizielle Termin für die Grundsteinlegung im Oktober ist bereits in Sichtweite – da melden sich Ex-Gartenbau-Unternehmer Konrad Herz und Anlieger Klaus Hestermann zu Wort: „Es kann doch nicht sein, dass das Kreuz von 1574 wegen einer Baumaßnahme weichen soll. Es gehört als traditionelles christliches Symbol des Abendlandes auch in Zukunft hierher, wo es seit Jahrhunderten steht“, kritisiert Hestermann die geplante Versetzung des Holz-Kruzifix.
Gelsenkirchener Kritiker mahnt: Mit Kreuz-Entfernung werden Auflagen missachtet
Herz Angaben zufolge hat die Stadt den alten Bauernhof Schulte-Terboven in den 1950er Jahren erworben und später an die evangelische Gemeinde verkauft, die dort 1959 die Matthäus-Kirche errichtete; ein Teil des Geländes wurde als Grünfläche genutzt – dort entsteht nun unter der Regie des Investoren-Ehepaars Annika und Nils Wolter aus Resse die Kita auf einem Erbpachtgrundstück. Betrieben werden soll sie von der evangelische Kirche.
„Das unmittelbare Umfeld des Kreuzes wurde beim Verkauf an die evangelische Kirche herausparzelliert, es blieb im Eigentum der Stadt, die sich darum kümmerte und auch die Grünpflegearbeiten übernahm. Daraus muss man doch den Schluss ziehen, dass die Familie Terboven der Stadt entsprechende Auflagen gemacht hat. Und dann kann man das Kreuz doch nicht einfach so verkaufen und entfernen“, meint Herz.
Stadt Gelsenkirchen: Holzkreuz ist historisch, aber kein Denkmal
Ob mit dem Erwerb des Geländes Auflagen verbunden waren, dazu kann Stadtsprecher Martin Schulmann keine Angaben machen. Fakt sei aber, dass das Kreuz keinen Denkmal-Wert habe und mittlerweile im Eigentum der Evangelischen Christus-Kirchengemeinde Buer sei.
Investor Nils Wolter begründet unterdessen die geplante Entfernung des Kreuzes damit, dass es „mitten in der Zuwegung zum Kita-Eingang liegt.“ Diese wiederum sei eine Vorgabe der Stadt im Zuge der Baugenehmigung gewesen, weil eine andere Zuwegung nicht möglich sei.
Gelsenkirchener Investor: Kreuz steht Zuwegung für Kita im Weg
„An der Cranger Straße würde der elterliche Kinder-Hol- und Bringverkehr ein ebensolches Verkehrschaos auslösen wie an der unmittelbaren Kreuzung zur Haunerfeldstraße; es muss ja genügend Platz zum Einbiegen des Busses gewährleistet sein.“ Auch gegenüber der Bushaltestelle habe man den Eingang zur Kita nicht platzieren können. So sei für den nur zwei Meter breiten Fußweg lediglich der Bereich neben dem Kreuz übrig geblieben.
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Wolter betont, „dass wir lange recherchiert haben, wer eine besondere Bindung zu dem Kreuz hat und einen neuen Standort zur Verfügung stellen könnte.“ Dabei habe man eine nahe Anliegerin gefunden, die das Kruzifix immer wieder mit Blumen und Kerzen geschmückt habe und nun bereit sei, es in ihrem privaten Vorgarten aufstellen zu lassen, so dass es auch für die Öffentlichkeit weiter zugänglich bleibe. Die Vorarbeiten dafür und den Transport übernehme Wolter als Investor.
Gelsenkirchener Stadtdechant hat Baurat um „wohlwollende Prüfung“ gebeten
„Wir wollen ausdrücklich kein christliches Symbol zerstören und wären auch bereit, das Kreuz an einen anderen Standort versetzen zu lassen, wenn sich dieser eher anböte“, unterstreicht Wolter. Herz hingegen bleibt dabei: „Man hätte die Kita um das traditionelle Kreuz herum planen müssen!“
Er hat längst St.-Urbanus-Propst und Stadtdechant Markus Pottbäcker eingeschaltet, der wiederum Stadtbaurat Christoph Heidenreich um eine „wohlwollende Prüfung“ gebeten hat. „Eine Antwort dazu liegt mir noch nicht vor“, so Pottbäcker auf Nachfrage.