Gelsenkirchen. Dass die versagte Genehmigung einer Choreo der Schalker Ultras als vollständiges Choreo-Verbot dargestellt wird, ist für die Polizei „unhaltbar“.

Das zweite Nein des FC Schalke 04 zu einer geplanten Choreographie der Ultras Gelsenkirchen für das Spiel Schalke gegen Holstein Kiel hat Proteste vonseiten der organisierten Fanszene ausgelöst. Von einer „Farce“ war die Rede, sogar ein generelles „Choreo-Verbot“ warfen die Fans der Polizei und der Feuerwehr vor.

Der Unmut der Ultras gipfelte am Ende in Spott – über der Stadion-Leitstelle prangte ein Banner mit der Aufschrift „Problemfenster“. Die Gelsenkirchener Polizei erklärt die Vorwürfe für nicht nachvollziehbar, signalisiert wiederholt Gesprächsbereitschaft, kritisiert zugleich aber, dass die Ultras jeglicher Kontaktaufnahme strikt einen Riegel vorschöben. „Forderungen zu stellen und anschließend weder gesprächs- noch kompromissbereit zu sein, ist häufig kein guter Berater in Konfliktsituationen“, heißt es von der Polizei.

„Es gibt kein Choreo-Verbot, so etwas wird es auch nie geben“, sagt Peter Both, Leitender Polizeidirektor in Gelsenkirchen. Dass die versagte Genehmigung des geplanten Verhängens der Fenster durch ein Fan-Banner an der Arena-Leitstelle vor den Blöcken G und H als vollständiges Choreo-Verbot dargestellt wird, ist für Both „unhaltbar“.

Dem Leitenden Polizeidirektor zu Folge haben die Sicherheitsbehörden den Ultras bereits über den Verein den Vorschlag unterbreitet, farbige, aber trotzdem durchsichtige Stoffe als Banner auszuprobieren. So sollte getestet werden, ob Sicherheitskräfte und Rettungsdienste in der Leitstelle weiterhin gute Sicht auf das Geschehen haben und die Fans ihre Unterstützung klar erkennbar für alle ins Stadionrund senden können. „Das aber wurde ohne Angabe von Gründen abgelehnt“, so Both.

„Wir brauchen freie Sicht auf das Geschehen im Stadion“

Verärgert ist der stellvertretende Behördenleiter auch darüber, dass ebenso die Feuerwehr ins Visier der Ultras geraten ist. „Diese Fans haben sich keinen Gefallen damit getan, ausgerechnet diejenigen Menschen mit Spott und Kritik zu überziehen, die im Notfall für sie ihr Leben riskieren. Insbesondere beim Spiel gegen St. Pauli im letzten Jahr haben genau diese Feuerwehr und diese Rettungskräfte Unglaubliches für die Menschen in der Nordkurve geleistet.“

Seine Enttäuschung und sein Unverständnis für die Blockadehaltung der Ultras ist Both, selbst glühender Fußball-Fan, anzumerken. Insbesondere, was das angebliche Problemfenster anbelangt. „Wir brauchen freie Sicht auf das Geschehen im Stadion“, so Both weiter. Das heißt aber nicht, dass ein Stück Stoff generell stört. „Hätten die Fans zugestimmt, das Banner „Problemfenster“ minimal höher zu hängen, wäre es für uns zukünftig kein Problem gewesen. So könnte ein Kompromiss aussehen.“ Aber auch da sei kein Entgegenkommen festzustellen gewesen.

Ultra-Gesetz: Mit der Polizei spreche man nicht.

Dem Einwand, die Polizei könne für die Dauer der Choreographien den Arena-Innenraum durch Kameras beobachten, widerspricht Both klar. Denn über Monitore alleine können die Einsatzkräfte nie alles zeitgleich im Blick haben und „die Aufnahmen ersetzen niemals einen Rundumblick“. Gerade der Zeitraum unmittelbar vor, während und kurz nach dem Anpfiff ist aus Sicht der Polizei und der Feuerwehr einer der einsatzkritischsten. „Ich kann verstehen, dass es keine Freude auslöst, wenn etwas über einen langen Zeitraum irgendwie ging, jetzt aber nicht mehr. Aber auch hierfür gibt es ja Gründe, die die Beteiligten allesamt kennen. Das hat mit Willkür überhaupt gar nichts zu tun“, so der Leitende Polizeidirektor weiter.

Both berichtet, dass die Polizei an Spieltagen mehrfach schon den Versuch unternommen hat, direkt auf die Ultras zuzugehen und das Gespräch zu suchen. „Das Angebot gilt nach wie vor noch“, betont der Polizist. Aber leider würde der Polizei sprichwörtlich der Rücken zugedreht. Ultra-Gesetz: Mit der Polizei spreche man nicht. So bleibt der Behörde nur der Umweg, „immer wieder über den Verein FC Schalke 04, Kontakt aufzunehmen“. Bislang ohne Erfolg. Seit Jahren.

„Kreuzunglücklich“, dass die Leistestelle der Polizei in der Nordkurve ist

Generell bezeichnet es Peter Both als „kreuzunglücklich“, die Leitstelle der Polizei nach der Fertigstellung des Stadions in die Ecke der Nordkurve zu legen. „Das gibt es meines Wissens so in keinem anderen Bundesliga-Stadion und ich würde jede andere vergleichbare Lösung akzeptieren.“ Optimal sind aus Behördensicht die Geraden in Höhe des Anstoßkreises, da gibt es die beste Rundumsicht. Ob Schalke den Umzug der Leitstelle noch vor der EM 2024 möglich machen wird – offen.

Was Both ebenso anfasst, ist, dass der Polizei von den Ultras auch nach Jahren noch der umstrittene Einsatz im Champions-League-Spiel zwischen dem FC Schalke 04 und Paok Saloniki (August 2013) vorgehalten wird. „Ich kann mich nicht für etwas entschuldigen, wofür ich nicht verantwortlich gewesen bin, weil ich zu dieser Zeit nicht in Gelsenkirchen meinen Dienst versehen habe. Aber ich verstehe, dass dieser Einsatz Spuren in der Kurve hinterlassen hat. Was ich für die Zukunft aber sagen kann, ist das: In den Block würden wir nur bei Gefahr für Leib und Leben gehen.“