Die Emschergenossenschaft hat sich zu den Ursachen der heftigen Überflutungen in Gelsenkirchen geäußert. Und erhebt schwere Vorwürfe.
„Unser technischer Hochwasserschutz ist an seine Grenzen gestoßen“, sagt Illias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft nach dem heftigen Unwetter in Gelsenkirchen. Abawi führt die schweren Überflutungen vor allem im Bereich Trinenkamp im Stadtteil Bismarck zurück auf eine „Kette von Überlastungen“, zugleich kritisierte der Sprecher den Deutschen Wetterdienst (DWD): „Wir haben die Warnung erst eine Stunde vorher erhalten.“ Beim DWD war man total überrascht.
Unwetter in Gelsenkirchen: Emschergenossenschaft spricht von Jahrhundertereignis
Gegen 1 Uhr hatten sich in der Nacht auf Donnerstag nach Darstellung der Emschergenossenschaft „mehrere Superzellen aus dem Bergischen Land mit regenstarken Zellen über Essen-Stoppenberg und Gelsenkirchen-Bismarck“ zusammengeschlossen. Als sich ihre Schleusen öffneten, ergossen sich „innerhalb von 90 Minuten 75 Liter Wasser pro Quadratmeter“ – ein Starkregenereignis, das Abawi zu Folge „nur alle 100 Jahre vorkommt“.
Zum Vergleich: An der Messstelle in Hassel, also im hohen Norden Gelsenkirchens, sind laut Emschergenossenschaft zur selben Zeit gerade einmal vier Liter pro Quadratmeter heruntergekommen.
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Die Folgen waren fatal: Der unterirdische Stauraumkanal (Mischwasserkanal mit Abwasser und Regenwasser), das Regenrückhaltebecken und auch der Sellmannsbach im Umfeld des Trinenkamp in Bismarck sind in Windeseile komplett vollgelaufen. Wasser aus dem Bach und dem Becken trat über und nährte zusätzlich noch einen See von mehreren Hundert Metern Ausdehnung in der Senke am Trinenkamp.
Der Sellmannsbach wird im Zuge des Emscherumbaus ökologisch aufgewertet. Seine Ausweitung an einigen Stellen, darunter im betroffenen Überschwemmungsgebiet, hat nach Angaben der Emschergenossenschaft sogar noch dafür gesorgt, dass ein Teil der Wassermassen verzögert über die Ufer traten. Das Becken dient Abawi nach dazu, Regenwasser langsam in den Bach zu leiten, im Prinzip ist es eine Art Staustufe, „damit nicht alles Wasser auf einmal in das Gewässer gelangt“.
In einem Stauraumkanal wird bei starken Niederschlägen das Mischwasser zunächst „angehalten“ und beruhigt. Dabei setzt sich schwererer Schmutz ab und kann gedrosselt zur Kläranlage transportiert werden. Das weitestgehend sauberere und leichtere Regenwasser schwappt über eine Entlastungsschwelle ins Gewässer.
Stadt: Pumpen an Schalker Meile und in der Nähe des Zoos haben funktioniert
Zudem kam es in einem Pumpwerk im Umfeld zu einem Kurzschluss, der laut Abawi innerhalb einer knappen Stunde behoben worden sei. Laut Emschergenossenschaft habe das die Unwetterfolgen aber nicht maßgeblich beeinflusst, weil, wie eingangs beschrieben, Rückhaltebecken und Kanal ohnehin schon randvoll waren. „Der Wasserdruck war so hoch, dass die Kanaldeckel hochflogen.“
„Durchgearbeitet und schnell Abhilfe geschafft“ haben nach Darstellung von Stadtsprecher Martin Schulmann aber die Pumpen an den zunächst stark überfluteten Unterführungen an der Kurt-Schumacher-Straße an der Schalker Meile sowie in der Nähe der „Zoom Erlebniswelt“ an der Bismarckstraße. Diese beiden Standorte sind unter städtischer Aufsicht, respektive ist Gelsenkanal dafür zuständig. Dort an der Schalker Meile befindet sich auch der tiefste Punkt Gelsenkirchens. Bereits am frühen Donnerstagvormittag konnten die Sperrungen aber wieder aufgehoben werden.
Die Unterführung an der Bismarckstraße ist vor ein paar Jahren noch aufwendig saniert worden. Das Grundwasser ist an der Stelle so hoch, dass die Straße baulich davon abgeschirmt werden musste.