Gelsenkirchen-Buer. Seit 1899 eine Größe in Gelsenkirchen-Buers Gastronomie, will das Restaurant mehr bieten als Deftiges. Wir haben getestet, ob das funktioniert.
Willy Brandt tafelte einst hier, auch Schriftsteller Günther Grass ließ es sich schmecken, und Fußball-Idol Herbert Burdenski war gar Stammgast: Buers ältestes Lokal „Zum Hexenhäuschen“ war schon Kult, bevor es den Begriff überhaupt gab. Und heute? Ist es aus der heimischen Gastro-Szene nach wie vor nicht wegzudenken. 1899 als Kneipe eröffnet, sieht es die Betreiber-Familie Möller längst als Restaurant für die gehobene gutbürgerliche Küche. Wie das funktioniert, testen wir gerne.
Vom Dauerregen mit Pfützen-Slalom rein in die gute Stube des 1648 als Kornbrennerei errichteten Fachwerkhauses: Was für eine Wohltat! Warme Holztöne dominieren, nicht nur über der Theke baumeln Puppen in Hexen-Aufmachung, Besen inklusive. Klar, hier ist der Name Programm.
Ambiente des Gelsenkirchener „Hexenhäuschens“ strahlt Gemütlichkeit aus
Moderne puristische Designer-Möbel sind die Sache nicht von Barbara Möller, ihrem Bruder Johannes und dessen Frau Gabi, die das Haus seit 1992 in vierter Generation führen; das Ambiente strahlt Behaglichkeit aus mit dem aprikotfarbenen Innenanstrich, den Holzmöbeln und historischen Stadtansichten an den Wänden – vielleicht etwas in die Jahre gekommen, aber so gemütlich wie nach Hause zu kommen ins Elternhaus.
Das Personal ist ausgesprochen aufmerksam: Wir vier haben kaum Platz genommen, da fragt eine Mitarbeiterin bereits nach unseren Getränkewünschen. In Rekordzeit stehen Grauburgunder, Weißwein-Schorle, Rosé und Hefeweizen perfekt gekühlt auf unserem Tisch.
Speisenauswahl in Gelsenkirchener Lokal punktet mit großer Auswahl und Vielfalt
Die Auswahl auf der Speisenkarte ist groß: Vier Suppen, zwei Vorspeisenteller, diverse Salate finden sich da, Deftiges wie gebratene Blutwurst mit Panhas, auch eine Saison-Karte mit Pfifferlingen. Wer Fleisch liebt, hat die Wahl zwischen Geflügel-, Kaninchen-, Lamm-, Schweineschnitzel- und Rindfleisch-Spezialitäten zwischen 15,90 und 38,90 Euro (zumeist inklusive Beilagen). [Lesen Sie auch: Gelsenkirchen: So schmeckt das Essen im „Gasthaus Plettenberg“]
Fisch-Freunde können sich an Heilbutt-, Dorsch-, Zanderfilet oder einer „Trilogie vom Lachs“ (18,90 bis 24,90 Euro inklusive Beilagen) satt essen, für Vegetarier und Veganer gibt’s Gemüse-, Tofu- und Sojaplatten mit verschiedensten Saucen und Beilagen (16,90 bis 18,50 Euro); hinzu kommen zwei fleischlose Pasta-Gerichte (15,90 bis 17,90 Euro).
Testsuppen in Gelsenkirchen-Buer überzeugen mit Überraschungspotenzial
Ich entscheide mich fürs Kaninchen-Filet „Provence“ (24,90 Euro). Bis die Vorspeise serviert wird, dauert es etwas – das Küchenteam hat viel zu tun, beide Räume sind gut besucht. Charmant: Bevor das Magenknurren die Gespräche übertönt, erreicht uns ein Gruß aus der Küche mit Wassermelone, einer Scheibe deftigem Schinken und einer Scheibe Vollkornbrot.
Das Warten hat sich gelohnt: Die Tomatensuppe (6,90 Euro) überzeugt mit pikant-fruchtigem Aroma und Tomatenstücken; für Crunch sorgen Mandelblättchen und eine Sahnehaube mit einem Hauch von Gin. Klasse! Auch mein Mann schwärmt von seiner Geflügel-Kokos-Curryschaumsuppe, in der grüner Spargel, Tomatenwürfel und ein Hauch Ingwer perfekt harmonieren (7,50 Euro). „Gutbürgerlich“ ist hier alles andere als langweilig, es hat Überraschungspotenzial!
Zartes Kaninchenfilet und nuancenreiche Sauce mit Mango und Portwein
Hungrig verlassen wir das Hexenhäuschen nicht: Vier mit Ziegenkäse gratinierte Kaninchenfilets lachen mich an, dazu eine ordentliche Portion Kräuternudeln und bissfeste, gut gewürzte Zucchini, Zuckerschoten, Möhren und Paprika mit Kresse. Abgerundet wird alles mit einer dunklen Mango-Chutney-Portwein-Sauce, aus der jede Nuance gleichermaßen herauszuschmecken ist. Wie der herbe Ziegenkäse das zarte Filet umschmeichelt, das macht die Wartezeit mehr als wieder wett.
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Meine bessere Hälfte ist auch hochzufrieden mit dem Bierkutscherschnitzel mit Zwiebeln in Altbiersauce, mit frischen Champignons, goldgelb gebratenen Röstkartoffeln und dem Rührei-Topping (16,90 Euro). Der Freundin freilich mangelt es bei ihrem gegrillten Tofu auf mediterranem Gemüse mit Teriyaki-Sauce, Meerrettich, Jalapenos und frittierten Kartoffelscheiben (18,50 Euro) etwas an Würze. Das Heilbuttfilet „Mailänder Art“ findet der Freund solide mit der Käsepanierung, den Schinken-Tagliarini, der Kräuter-Tomatensauce und dem gemischten Salat (18,90 Euro).
Dessert-Karte vom „Hexenhäuschen“ bietet Eis, Crème brûlée und Schoko-Törtchen
Für die Crème brûlée (9,50 Euro), auf die ich mich zu Beginn gefreut habe, reichen die Magenkapazitäten am Ende nicht mehr aus. Zur Auswahl stehen ebenso Eis-Variationen und ein Schoko-Törtchen (12,90 Euro). (Auch) ein Grund, noch mal wiederzukommen! Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist klasse, der Service freundlich und aufmerksam, die liebevoll komponierten Gerichte durchaus einfallsreich mit ihren Anleihen auch in Frankreich und Italien. Kurz: Für uns funktioniert das Projekt gehobene gutbürgerliche Küche gut! [Lesen Sie auch: Trulli in Gelsenkirchen: Klassiker für italienische Moment]
Hinweis: Unsere Restaurantbeschreibungen basieren auf subjektiven Bewertungen und erheben keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit. Wir bezahlen unsere Rechnungen selbst und geben uns erst nach Begleichen der Rechnung als Tester zu erkennen.
Das Restaurant „Zum Hexenhäuschen“, Marienstraße 6, ist mittwochs bis sonntags von 10 bis 23 Uhr geöffnet (Telefon: 0209/31266).