Gelsenkirchen. Minus 47 Millionen Euro - so ein großes Defizit wird in Gelsenkirchen 2024 erwartet. Ausgeglichen werden kann das nur mit gewagten Manövern.

  • Ein Gesamtergebnis von minus 47 Millionen Euro - damit plant die Stadt im kommenden Jahr.
  • Ausgeglichen werden kann dieses Defizit nur, indem die Stadt auf ihre Rücklage zurückgreift.
  • Außerdem werden haushalterische Tricks wie der sogenannte „globale Minderaufwand“ angewandt.

Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge plant große Investitionen im Rahmen eines „Dekaden-Programms“ für die nächsten Jahre. Um diese Projekte umzusetzen, müssen die städtischen Finanzen allerdings noch mehr auf Kante genäht werden als in den vergangenen Jahren. Das wurde jetzt bei der Einbringung des Haushaltsplans 2024 im Gelsenkirchener Stadtrat deutlich.

Gesamtaufwendungen von insgesamt 1,434 Milliarden Euro stehen demnach Gesamterträgen von 1,387 Milliarden Euro entgegen. Unterm Strich macht das ein Gesamtergebnis von minus 47 Millionen Euro.

Ausgleichen kann die Stadt das Defizit nur, indem sie auf Polster zurückgreift, die sie sich in den vergangenen Jahren aufgebaut hat, die sogenannte Ausgleichsrücklage – in Gelsenkirchen 116 Millionen Euro schwer. Diese Rücklagen sollen bis 2027 (die Stadt muss der Bezirksregierung jährlich eine grobe Finanzplanung für die nächsten vier Jahre vorlegen) zum größten Teil aufgebraucht werden.

Ein weiteres Manöver, um das negative Gesamtergebnis positiver erscheinen zu lassen, ist der sogenannte „globale Minderaufwand“. Diese laut Kämmerer Luidger Wolterhoff „haushaltsrechtliche Fiktion“ ermöglicht es, im Plan geringere Aufwendungen von bis zu einem Prozent der Gesamtaufwendungen aufzuführen.

Stadt Gelsenkirchen muss tief in die Spardose greifen

Diese müssen dann aber erst in der Zukunft tatsächlich ausgeglichen werden – ganz so, als ob eine Familie einen Monat über ihre Verhältnisse leben würde, aber das Haushaltskonto doch als gedeckt ansieht, weil man sich fest vornimmt, im nächsten Monat häufiger Nudeln mit Tomatensauce statt Fleisch vom Metzger aufzutischen. Unter Anwendung des globalen Minderaufwands läge das geplante Gesamtergebnis der Stadt „nur“ noch bei minus 36,77 Millionen Euro.

Gelsenkirchens Kämmerer Luidger Wolterhoff: „Wir kommen knapp an einem Haushaltssicherungskonzept vorbei.“
Gelsenkirchens Kämmerer Luidger Wolterhoff: „Wir kommen knapp an einem Haushaltssicherungskonzept vorbei.“ © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Es geht also nicht ohne Haushaltstricks und auch nicht ohne den empfindlichen Griff in die Spardose. Schließlich gibt es zahlreiche Faktoren, die es für die ohnehin arme Stadt noch schwieriger machen, zu haushalten – von wieder deutlich steigenden Sozialausgaben bis bilanziellen Sonderregelungen, die jetzt wegfallen. (Lesen Sie mehr dazu hier: „Enorme Belastung“: Wofür GE die Hälfte des Geldes ausgibt)

„Mit diesem Entwurf kommen wir – zugegeben mit viel Mühe – an einem Haushaltssicherungskonzept vorbei“, sagte Luidger Wolterhoff. Ein solches Konzept wird fällig, wenn eine Stadt ihr Defizit nicht mehr selbst ausgleichen kann. Dann besteht die Gefahr, in ein „Nothaushaltsrecht“ zu fallen. Gelsenkirchen dürfte sich dann nur noch Aufgaben leisten, zu denen die Stadt rechtlich verpflichtet ist.

Für ihre „Dekaden-Projekte“ geht die Stadt also zweifelsohne ein gewisses Risiko ein. Laut Wolterhoff ein „fragiler“, aber genauso „notwendiger“ Plan.

Mehr über das „Dekaden-Programm“ lesen Sie hier: OB Welge: „Wir können Gelsenkirchens Wunden schließen“.