Gelsenkirchen-Hassel. Fahrrad XXL Meinhövel expandiert: Wo und warum sich das Gelsenkirchener Unternehmen erweitert. Darum ist die neue Fläche so geschichtsträchtig.
In Bewegung bleiben, um voran zu kommen: Dieses Prinzip des Fahrrad-Fahrens beherzigt auch das Unternehmen Fahrrad XXL Meinhövel aus Buer. 1945 auf kleinem Raum gegründet, zählt es mit rund 160 Beschäftigten in bald drei Städten zu den Big Playern der Branche im Revier. Nun schaltet der Mittelständler noch einen Gang höher – und investiert rund 13 Millionen Euro in den Standort Gelsenkirchen.
Die Erweiterung der Werkstatt am Firmensitz Mühlenstraße ist baulich noch nicht ganz abgeschlossen, da verkünden die zwei Geschäftsführer Markus und Alf Meinhövel bereits das nächste Projekt: Auf einem rund 13.000 Quadratmeter großen Grundstück an der Bergmannsglückstraße 30 in Hassel soll ein neues Zentrallager entstehen.
Gelsenkirchener Stadtrat freut sich über Meinhövels „Bekenntnis zur Heimatstadt“
Geplant sind eine elf Meter hohe und 5000 Quadratmeter große Logistikhalle sowie ein dreigeschossiger Anbau mit 2000 Quadratmetern für Fahrradteile und Zubehör und 1000 Quadratmetern Bürofläche. Für Entwurf und Planung der Arbeiten zeichnet das Bielefelder Unternehmen Goldbeck verantwortlich, laut Meinhövel ein Spezialist für den Bau derartiger Hallen.
Wie Stadtrat Simon Nowack jetzt bei einem Pressetermin ankündigte, sollen die Bauarbeiten „in Kürze“ starten. „Die Investition des seit 78 Jahren hier ansässigen Familienunternehmens ist ein ganz starkes Bekenntnis zur Heimatstadt“, freute sich der Vorstand Wirtschaftsförderung über das Vorhaben und die damit verbundene Schaffung von „20 neuen, sicheren Arbeitsplätzen.“
Fahrrad XXL Meinhövel optimiert in Gelsenkirchen-Hassel seine Lagerhaltung
Das Unternehmen vergrößert mit dem Projekt nicht nur seine räumlichen Kapazitäten, sondern optimiert auch die Lagerhaltung und Montage, so Geschäftsführer Markus Meinhövel. „Während wir bislang in der alten, 5000 Quadratmeter großen Halle im Gewerbegebiet Buschgrundstraße vieles noch von Hand und per Gabelstapler organisieren müssen, werden die Abläufe am neuen Standort digitalisiert. Die Lagertechnik wird per PC gesteuert, der Transport erfolgt über Magnetschleifen. So gibt’s weniger Fehler, und auch die Unfallgefahr ist deutlich geringer.“
Mit dem Grundstück an der Bergmannsglückstraße hat sich Meinhövel für einen Standort mit Industriegeschichte entschieden: Von 1905 bis 1961 wurde dort auf der Schachtanlage Bergmannsglück Kohle abgebaut. Die Förderanlagen sind längst Geschichte. Einzig das Fördermaschinenhaus von 1902/03 zeugt noch von der industriellen Vergangenheit.
Geschichtskreis Bergmannsglück sorgt sich um Gelsenkirchener Fördermaschinenhaus
Bei lokalhistorisch Interessierten ist nun die Sorge entstanden, das Denkmal könnte in Gefahr sein. Birgt es doch eine seltene, einst mit Dampf betriebene Fördermaschine, an deren Erhalt etwa dem Geschichtskreis Buer/Bergmannsglück sehr viel liegt. Auf Nachfrage der Redaktion gibt Meinhövel da jedoch Entwarnung: „Wir haben von Vivawest das brachliegende Nebengrundstück gekauft, die Fläche mit dem Fördermaschinenhaus war uns zu klein.“
Während die Stadt froh ist, dass Meinhövel sich vor Ort erweitert, sieht die unmittelbare Nachbarschaft das Projekt deutlich kritischer: Monika Schmidt, Witwe des 1997 verstorbenen Künstlers Alfred Schmidt, und Tochter Kira Schmidt fürchten um ihr Wohnhaus und die Galerie an der Bergmannsglückstraße 10.
Schon die vorbereitenden Erdarbeiten hätten für Erschütterungen gesorgt; überdies bemängeln sie das Fehlen eines Bauzauns und dass auf ihrem Grundstück ohne vorherige Erlaubnis an mehreren Stellen Erde abgetragen worden sei sowie Büsche und Bäume entfernt worden seien. Die Firma Goldbeck betont unterdessen auf Nachfrage, dass laut zwei Gutachtern „keine Einsturzgefahr des Hauses besteht.“ Mit Hilfe von Erschütterungsmessungen werde sichergestellt, „dass Vorgaben nicht überschritten werden und wir bei Bedarf rechtzeitig einschreiten können.“
Nachbarn fürchten, dass Bauarbeiten ihr Wohnhaus beschädigen könnte
In Sachen fehlenden Bauzaun räumt Goldbeck einen Irrtum ein, ebenso was die „versehentliche“ Abtragung eines Grünbereichs „mit einer Fläche von circa fünf Quadratmetern“ auf dem Grundstück von Familie Schmidt angeht. „Sobald mit der Anwohnerfamilie ein Termin für die Wiederherrichtung des Grünbereichs vereinbart ist, werden wir auch im letzten Teilbereich einen Bauzaun errichten“, zeigt man sich an einer „für alle Beteiligten zufriedenstellenden Lösung“ interessiert.
Für Meinhövel soll es derweil nicht bei dem Neubau bleiben. Die Stadt hat dem Unternehmen die Pflanzung von 60 Bäumen zur Auflage gemacht, so Meinhövel weiter. „Wir lassen überdies ein Regenrückhaltebecken für Kröten anlegen“, legt er Wert auf ökologische Aspekte.
Gelsenkirchener Unternehmen plant Eröffnung einer dritten Filiale im Ruhrgebiet
Wenn alles glatt geht, soll das Zentrallager an der Bergmannsglückstraße im Februar 2024 fertiggestellt sein. „Wir sind froh, eine Fläche so nah an unserem Firmensitz gefunden zu haben. So brauchen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine weiteren Anfahrtswege in Kauf zu nehmen.“
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Der Erweiterungsbau an der Mühlenstraße steht unterdessen kurz vor der Eröffnung. Es laufen letzte Arbeiten an Fassade und Innenausbau. In einem Monat, so die Hoffnung, werde man die 400 Quadratmeter große neue Fläche für Reparaturen und Inspektionen wohl in Betrieb nehmen können. Bislang ist die Werkstatt auf 100 Quadratmetern recht beengt untergebracht.
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Rad Meinhövel hat seine Absatzzahlen in den vergangenen Zahlen kontinuierlich gesteigert. Auch sonst ist das Traditionsunternehmen auf Expansionskurs: Im Ruhrgebiet ist gerade eine dritte Filiale nach der in Buer und Bochum in Planung.