Gelsenkirchen-Altstadt. Einmal in der Woche lädt der Gelsenkirchener Musiker und Café-Betreiber Norbert Labatzki zum Tanztee. Das Angebot hat schon viele Freunde.
„I’m driving home for Christmas, oh, I can’t wait to see those faces.” Schwungvoll ist das allemal. Noch jedoch zieht es keinen aufs Parkett. Erst mal ankommen, einen Kaffee trinken, vielleicht eine Waffel essen und sich stärken für die sportlichen Herausforderungen, die gleich auf der Tanzfläche im „Schloss Stolzenfelz” warten. Ambitioniert, diese gleich zu erobern, das sind die zahlreichen Gäste alle.
Das gilt auch für die 92-jährige „liebe Ilse”. So bezeichnet sie sich selbst lachend. „Das ist wunderbar”, schwärmt sie von dem wöchentlichen Schlosstanz, den sie immer besucht. „Man kommt unter Menschen. Und für mich ist das wie Gymnastik”, sagt sie. Getanzt habe sie schon immer gern. Zweimal sogar habe sie einen Preis gewonnen für ihr Können. Hier aber steht nicht der Ehrgeiz im Mittelpunkt, sondern der Spaß. „Wir alle fühlen uns hier sehr wohl. Es ist so familiär.” Welcher Tanz ihr der liebste ist? „Alle.” Allerdings, stellt sie klar, tanze sie alles allein.
Heidi ist sich sicher: „So was gehört nach Gelsenkirchen“
Ihr Tischnachbar und langjähriger Bekannter Hans, mit dem tanze sie zwar, nicht aber in Paarhaltung. Und schon tritt sie den Beweis an. Leichtfüßig und in polierten, schwarzen Lackschuhen. „Warum hast du nicht Nein gesagt? Es lag allein an dir”, singt Norbert Labatzki jetzt. Der Café-Betreiber und Musiker setzt ganz zurecht auf Schlager. Der wirkt ja bekanntlich Wunder, wenn es ums Tanzen geht. Ein, zwei Takte, und schon ist die Tanzfläche gefüllt.
Hans schaut noch zu. Lächelnd sagt er: „Wenn die Damen sich bewegen, das ist schon beachtlich. Dann sind sie auf einmal alle wieder jung.” Tatsächlich scheint bei vielen der Alltag vergessen. Ausgelassen tanzen sie alle miteinander, zuweilen fassen sie sich gar an den Händen, tanzen im Kreis. In ihrer Mitte macht eine Dame im Rollstuhl mit. Auch Heidi ist in ihrem Element, tanzt neben Ilse und genießt die Unbeschwertheit. „Ich finde, so was gehört nach Gelsenkirchen”, lobt sie das Angebot des Lokals. Regelmäßig komme sie her. „Dann sage ich immer zu meinem Mann, ich gehe jetzt ein bisschen lustig sein.”
Die Gäste kommen nicht nur aus Gelsenkirchen zum Tanzen
Seit Oktober lädt das „Schloss Stolzenfelz” einmal in der Woche, immer dienstags ab 14 Uhr, zum Tanz. „Deswegen heißt es auch im Untertitel: Tanzlokal”, erzählt Norbert Labatzki in seiner verdienten kurzen Pause. Das Konzept komme an. „Die Leute kommen bis aus Essen angereist. Sowas gibt es ja nicht mehr. Und das Schöne ist die musikalische Mischung. Da ist alles dabei, von alten bis aktuellen Schlagern bis zu Rock ’n’ Roll.” Man dürfe ja nicht vergessen, dass Elvis ein Held derer gewesen sei, die heute zur älteren Generation gehören. Demnächst wolle er das Tanzangebot sogar ausbauen, verrät Norbert Labatzki. „Ab Januar gibt es hier einmal im Monat eine Rollstuhldisco. Da freue ich mich schon sehr drauf.”
Jetzt aber werden die Gäste schon wieder unruhig. Die Party soll weitergehen, die Musik wieder spielen. Tut sie: „Well, it’s one for the money two for the show, three to get ready now go, cat, go, but don’t you step on my blue suede shoes.” Ein Tanzpaar fällt einmal mehr besonders ins Auge. Aus mehreren Gründen. Weil es so viel Spaß hat und den auch verbreitet, weil es so gut harmoniert und nicht zuletzt, weil es das einzige Paar auf der Tanzfläche ist.
Nach der Weihnachtspause geht es am 15. Januar weiter
„Wir lieben es, hier zu sein”, sagt Monika Hartmann. „Es ist eine so schöne Atmosphäre.” Ob die beiden schon lange miteinander tanzen, echte Profis sind? „Nein”, sagt sie. Fünfzehn Jahre lang habe sie gar nicht getanzt, bevor das Paar im Oktober auf den Tanztee aufmerksam wird. „Wir freuen uns jede Woche darauf, hier her zu kommen. Und eigentlich könnten wir auch öfter.”
Noch bis Dienstag, 13. Dezember, kann an der Ahstraße 10 wöchentlich ab 14 Uhr gestanzt werden. Dann macht das Format Weihnachtspause. Am Dienstag, 10. Januar, geht es wieder los.