Gelsenkirchen. Fast 50 Jahre hat Klaus Rostek für die Stadt Gelsenkirchen gearbeitet. Im Interview verrät er, was ihn beim Abschied vom Bildungsbereich sorgt.

Ein Abschied nach 49 Jahren und 11 Monaten im Dienst der Stadt Gelsenkirchen: Das hat Seltenheitswert. Klaus Rostek, seit 2019 Leiter des damals neu gegründeten Referates Bildung, hat viele Stationen in der Verwaltung durchlaufen – bewusst als Angestellter und nicht als Beamter. Solidarität und Miteinander sind für den Bergmannssohn mehr als Schlagworte. Wir haben ihn zum Ende seiner Amtszeit Ende Juni nach Erfolgen, Versäumnissen und Hoffnungen für sein Bildungsressort gefragt.

WAZ: Herr Rostek, wie froh sind Sie auf einer Skala von eins bis zehn – wobei zehn SEHR froh ist – dass Sie jetzt in den Ruhestand wechseln?

Klaus Rostek: (überlegt länger) Ich würde sagen drei. Es fällt mir extrem schwer, jetzt zu sagen: Ich bin raus. Vor dem Hintergrund der ganzen Herausforderungen im Moment. Ich hätte gern noch einiges eingestielt. Ich war ja nur vier Jahre an dieser Stelle, hatte auch noch einen Break von vier Monaten krankheitsbedingt, dann war da die Pandemie...

WAZ: Was ist in Ihren Augen der größte Erfolg in Ihrer Amtszeit?

Dass wir eine neue Schule – die Ebersteinschule – gebaut haben und weitere im Bau oder in Planung sind. Aber auch, dass wir die Neuausrichtung der Stadtbibliothek eingeleitet und die „junge vhs“ auf den Weg gebracht haben, ist mir wichtig. Aber das sind ja nicht meine, sondern unsere Erfolge. Ich habe viele Top-Mitarbeiter, die das mit mir geschafft haben. Auch die Schulaufsicht hat geholfen. Sehr froh bin ich, dass wir allen Kindern einen Schulplatz zur Verfügung stellen konnten, ohne Wartelisten wie in anderen Städten. Trotz unserer extrem gestiegenen Schülerzahl. Und dass wir es geschafft haben, die Schulen so gut mit IT auszustatten: Das war schon eine große Gemeinschaftsleistung, auch dank Herrn Sowa und seinem Schul-IT-Team.

WAZ: Und was ist ihnen nicht oder nicht so gut gelungen?

Ich hätte gern noch eine weiterführende Schule eröffnet. Die Gesamtschule an der Europastraße sollte ja ursprünglich zum Schuljahr 2024/25 in Betrieb gehen: Leider konnte noch nicht mit dem Bau begonnen werden. Das macht mir große Sorgen. Da ist es extrem hilfreich, dass es in einem gemeinsamen Kraftakt gelungen ist, den Neubau des Oberstufengebäudes vorzuziehen; nach Fertigstellung kann in diesem Gebäude der Betrieb der neuen Gesamtschule begonnen werden. Problematisch ist die Abhängigkeit von der Fertigstellung des Hauptgebäudes; dieses muss zwei Jahre später fertig sein, damit die Schule aufwachsen kann, der erste Jahrgang wechseln kann. Positiv ist aber, dass auch der Baubereich dabei jetzt wirklich Druck macht.

Datenschutz bremst gute Datenbasis für Planungen aus

WAZ: Zu Beginn Ihrer Amtszeit wollten Sie eine solide Datenbasis schaffen, um Entscheidungen gezielter vorbereiten zu können. Hat das funktioniert?

Leider nur teilweise. Ich wollte auf einen Knopf drücken und alle Daten zusammen haben. So weit sind wir nicht. Der Datenschutz verbietet, alle Daten übereinander zu legen. Ein Beispiel: Gekita hat alle Zahlen von Kindern in Kitas, das Einwohnermeldeamt alle Daten von Kindern im Kita-Alter. Könnte ich die Daten übereinander legen, wüsste ich, wer vor der Schule nicht in der Kita war. Das darf ich aber nicht. Wir zapfen alle Quellen an, die wir kriegen. Wir sind besser geworden, die Prognosen passen zunehmend, aber es gibt auch immer noch Ausreißer.

WAZ: Wie zufrieden sind Sie mit dem Stand der Dinge bei den Abschulungen von Gymnasien und Realschulen? Es hat sich in den vier Jahren nicht allzu viel getan dabei.

Das sind schulinterne Dinge, auf die wir keinen Einfluss haben. Immerhin ist es Anne Heselhaus gelungen, die Schulaufsicht davon zu überzeugen, ein Gutachten zu den Ursachen erstellen zu lassen. Der Auftrag dafür wird jetzt auch sehr schnell vergeben werden. In anderen Bundesländern gibt es Grundschulempfehlungen, die stärker bindend sind als bei uns. Das halte ich nicht für verkehrt.

WAZ: Sie haben 2019 schon darauf gedrängt, jungen Menschen handwerkliche Berufe wieder näher zu bringen. Was braucht es dafür?

Wir müssen das früher ins Bewusstsein bringen, schon ab Klasse sieben muss das ein Thema sein. Da sind auch Handwerk und Industrie gefragt, in Klassen zu gehen, Berufe vorzustellen. Wir müssen den Kindern und den Eltern die Handwerksberufe wieder näher bringen, auch Eltern überzeugen. Mein Vater hat immer gesagt: Es gibt nicht nur die Talente hier (tippt sich an den Kopf), sondern auch hier (tippt auf den Bizeps). Das muss man aber auch erkennen und fördern.

49 Jahre und elf Monate hat Klaus Rostek für die Stadt Gelsenkirchen Klaus Rostek gearbeitet. Jetzt sucht er erstmal Abstand. Und hofft auf eine schnelle, gute Nachfolgeregelung: im Sinne guter Bildung für den Gelsenkirchener Nachwuchs.
49 Jahre und elf Monate hat Klaus Rostek für die Stadt Gelsenkirchen Klaus Rostek gearbeitet. Jetzt sucht er erstmal Abstand. Und hofft auf eine schnelle, gute Nachfolgeregelung: im Sinne guter Bildung für den Gelsenkirchener Nachwuchs. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

WAZ: Wie sollte es mit den Berufskollegs weitergehen Ihrer Meinung nach?

Es muss eine Lösung für alle drei geben – wobei das Hans-Schwier-Berufskolleg nicht vergessen werden darf. Ob zentral benachbart in der Innenstadt oder dezentral oder gemeinsam an einem anderen Ort. Eins darf aber nicht passieren: Man baut jetzt neu für das Berufskolleg Technik und Gestaltung und lässt die anderen dann hängen. Wichtig ist: Es muss jetzt klare Startpunkte und klare Zielpunkte für alle geben. Und das dürfen nicht 20 Jahre sein. Auch Professor Buschfeld (der Gutachter, Anm. der Red.) hat gesagt: Ihr müsst jetzt sofort starten.

WAZ: Was muss jetzt im Referat Bildung unbedingt gelingen?

Meine Nachfolge und auch die von weiteren wichtigen Kollegen, die bis zum Ende nächsten Jahres in den Ruhestand gehen, muss schnell und gut geregelt werden. Damit die Arbeit weitergehen kann. Meines Wissens gibt es noch keinen Nachfolger für mich.

WAZ: Was ist Ihr persönlicher Plan ab Juli?

Ich habe noch keine festen Pläne, suche jetzt aber erstmal Abstand. Diesen hole ich mir am Ijsselmeer; viel Lesen werde ich wieder (besonders empfehlen kann ich John Strelecky) und mit dem Rad die Landschaft erkunden. Ich werde nach 25 Jahren Ehrenamtsarbeit bei Viktoria Resse in der Fußballabteilung nicht sofort in ein neues Ehrenamt wechseln. Die Funktion des Sportbeauftragten, der ich ja nebenbei auch war, entfällt mit meinem Weggang. Ich war eine Art Vermittler zwischen Gelsensport als Sportverwaltung und den Ehrenamtlern. Später ist etwa Vorlesen in Schulen durchaus eine Option für mich. Aber jetzt freue ich mich erstmal auf mein Enkelkind, das jeden Tag kommen kann.