Gelsenkirchen/Herne. Fast zwei Jahre ist der Radweg am Kanal zwischen Gelsenkirchen und Herne dicht. Warum das so ist, weiß keiner – und es wird noch lange andauern.

Rüdiger Meller ist verärgert: Der 62-Jährige steht an diesem Morgen zwischen Gelsenkirchen und Herne, schaut auf den Kanal, kaum ein Mensch ist zu sehen. „Da findet doch gar keine Bautätigkeit statt“, sagt er und deutet auf den eigentlich sehr beliebten Rad- und Spazierweg in Höhe der Künstlerzeche „Unser Fritz“. Stimmt: Auf einer Länge von 150 Metern ist der Weg, der selbst frei ist, dicht, abgesperrt durch Bauzäune und Baken – und das bereits seit Sommer 2021. Das Wasser- und Schifffahrtsamt Duisburg will dort Arbeiten durchführen lassen. Doch passiert ist noch immer nichts.

Beliebter Radweg zwischen Gelsenkirchen und Herne ist seit fast zwei Jahren gesperrt

Was Meller als Gelsenkirchener anklagt, hat sich in Herne derweil zur Posse entwickelt. Warum der Weg dicht ist, weiß keiner. Spundwände müssten erneuert werden, hieß es anfangs. Ein paar Monate müsse der Weg deshalb gesperrt werden. Dann wurde die Baustelle, die noch gar keine war, stillgelegt. Nur für ein paar Monate, es müsse weiter geplant werden, teilte die Stadt Herne mit. Zuständig ist sie nicht, sie bittet aber immer dann beim Wasser- und Schifffahrtsamt um Antworten, wenn die Politik nachfragt. Und das macht sie oft.

Sitzung der Bezirksvertretung Wanne am vergangenen Dienstag, 28. März – hier ist die Sperrung übrigens Dauerbrenner. Endlich einmal gab es richtige Antwort aus Duisburg, die zur Hiobsbotschaft wurde. Turnusgemäß hatte die SPD-Fraktion nach dem Stand der Dinge gefragt. Wann die Arbeiten aufgenommen werden, sei nicht bekannt. Dafür aber das Ende: fertiggestellt werden sollen sie im vierten Quartal 2025 – „nach einem Grobentwurf der ausführenden Firma“.

Mindestens zweieinhalb weitere Jahre Sperrung? Die Herner Lokalpolitik zeigte sich schockiert und sprachlos. Der Gelsenkirchener Rüdiger Meller reagiert ähnlich, als ihn die Nachricht aus Herne erreicht: „Da fehlen mir echt die Worte, das ist unfassbar“, sagt der Resser. Wie oft er den Weg vor der Sperrung genutzt hat? „Das ist meine Hausstrecke“, mehrmals die Woche, berichtet Meller, sei er dort lang gefahren, etwa nach Feierabend.

Radweg am Rhein-Herne-Kanal seit langem dicht – keine Ausnahme zur Cranger Kirmes

Die geplanten Arbeiten an den Spundwänden sind nicht so einfach, zusätzliche Verankerungen und damit weitere Planungen nötig, heißt es. Könnten dann nicht die Absperrungen zur Seite gestellt werden, bis die Maschinen anrücken? Nein, so die Nachricht aus Duisburg. Im vergangenen Sommer scheiterte auch ein Versuch, den Weg zumindest während der Cranger Kirmes zu öffnen, wenn Heerscharen mit dem Rad aus Richtung Gelsenkirchen zum Rummel anrücken. Sogar die Herner Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering (SPD) wurde dazu ins Boot geholt. Vergeblich.

Wer nicht umkehren will, kann der offiziellen Ausweichroute folgen, die es in sich hat: Sie führt weiträumig durch den Stadtteil, über die Wiedehopfstraße, vorbei an Gut Steinhausen, über den Weg zwischen Emscher und Resser Wäldchen, vorbei an der Zentraldeponie Emscherbruch, und dann, endlich, zurück zum Kanal. Viele Menschen nutzen diesen Weg erst gar nicht.

Gesperrter Radweg zwischen Gelsenkirchen und Herne: Umleitungen viel zu gefährlich

Die Ausweichstrecke gilt als viel zu lang und gefährlich. Hernes SPD-Ratsherr Michael Zyweck, Verkehrsexperte seiner Fraktion und Anwohner, fordert nun, dass die Umleitungsstrecke auf den Prüfstand gestellt wird. Die Wiedehopfstraße sei Zubringer für die Deponie, entsprechend viele Lastwagen kämen den Menschen auf der Route in die Quere. Viele nutzten die Umleitung sowieso nicht. Sie schlängelten sich verbotenerweise an der Absperrung vorbei und nutzten den Kanalweg wie eh und je oder, schlimmer, sie führen über die nahe Dorstener Straße, die B 226. Dort aber gelte Tempo 70, Fußgänger sowie Radfahrer dürften das Teilstück nicht benutzen – und machten es trotzdem. Weitere zweieinhalb Jahre, warnt er, gehe das womöglich nicht gut. Unfälle seien programmiert.

Rüdiger Meller fährt die Umleitungen ebenfalls ungern, blickt sauer auf die kommenden zweieinhalb Jahre: „Ich kann das nicht ansatzweise nachvollziehen“, sagt er. Geduld hat er eigentlich nicht mehr.