Gelsenkirchen. Die Stadt Gelsenkirchen will die Richtwerte für viele Verstöße erhöhen. Wer bestimmte Regeln bricht, wird weitaus mehr zahlen müssen als bisher.
Ob fürs Schlafen auf öffentlichen Bänken oder Mitführen von Tieren auf Spielplätzen, ob fürs Füttern von Tauben, oder „belästigendes Spielen“ auf Verkehrsflächen: Die Stadt Gelsenkirchen will die Richtwerte, also die üblichen Geldstrafen, für zahlreiche Ordnungswidrigkeiten erhöhen.
Hintergrund ist ein Antrag von SPD und CDU im vergangenen Jahr, mit dem die Verwaltung beauftragt wurde, bei anderen Städten im Ruhrgebiet sowie in den Städten Berlin, Köln und München nachzufragen, wie dort Verstöße geahndet werden. Der Vergleich zeigt: Bei den zehn häufigsten Ordnungsverstößen – darunter fällt etwa Wildpinkeln oder die Missachtung der Anleinpflicht bei Hunden – kassiert die Stadt Gelsenkirchen bei sechs Verstößen mehr als der Durchschnitt, bei vier Verstößen weniger (siehe Tabelle).
Bei der Betrachtung der Tatbestände sei insgesamt auffällig, „dass die angesetzten Werte im Bereich ,Tierhaltung’ insgesamt unter denen der anderen Kommunen liegen“, fasst die Stadt als ein Ergebnis zusammen. Sie will daher hier die Strafen erhöhen – so wie auch in zig anderen Bereichen.
Niedrigere Verwarnungsgelder können für die Stadt Gelsenkirchen praktischer sein
Wichtig zu verstehen ist allerdings zunächst der der Unterschied zwischen Verwarnungsgeld und Bußgeld. Ein Verwarnungsgeld ist nicht höher als 55 Euro. Das hat laut Stadt den Vorteil, „dass das Fehlverhalten eine direkte, vor Ort spürbare Konsequenz nach sich zieht und somit zu einer besseren Einsicht führen kann.“ Die Strafe kann also sofort verhängt werden. Bei Geldstrafen über 55 Euro – also bei Bußgeldern – muss erst ein langwieriges Verfahren mit Anhörung und Einspruchsmöglichkeiten in Gang gesetzt werden.
Die Stadt hat somit durchaus ein Interesse daran, dass die Strafen für viele Vergehen 55 Euro nicht überschreiten. Allerdings wurden viele Ordnungswidrigkeiten bis jetzt oft mit einer noch geringeren Geldstrafe sanktioniert. Zwar können diese ohnehin je nach Einzelfall von den Dienstkräften des Ordnungsdienstes angepasst werden. Allerdings gibt es bei der Stadt auch interne Richtwerte für alle Ordnungswidrigkeiten. Und diese Richtwerte sollen jetzt für zahlreiche Vergehen angepasst werden.
Für diese Verstöße werden in Gelsenkirchen künftig 55 Euro statt 35 Euro fällig
So betrug der Richtwert für zahlreiche Vergehen bis jetzt 35 Euro. Darunter fallen: Das Betteln mit Tieren ohne Nachweise wie den Impfpass, das unbefugte Befahren von Grünanlagen, das Abstellen von Gegenständen auf Verkehrsflächen und öffentlichen Anlagen oder das „Lagern in Personengruppen“, also regelmäßige Treffen von Gruppen an den immergleichen Orten, von denen andere Leute gestört werden.
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Auch mit meist 35 Euro Strafe rechnen müssen Leute, die dort schwimmen gehen, wo es nicht erlaubt ist, die den Kot ihres Hundes nicht entfernen, ihre Haustiere mit auf Spielplätzen oder Schulhöfen bringen und Tauben, wilde Katzen, Enten oder Fische füttern. Für all diese Vergehen soll jetzt ein neuer Richtwert gelten: 55 Euro – also dem höchstmöglichen Verwarnungsgeld.
Und das sind nicht die einzigen geplanten Erhöhungen. Wer auf öffentlichen Bänken oder Stühlen nächtigt, muss künftig ebenfalls tiefer in die Tasche greifen und 35 statt 15 Euro bezahlen. Das dürfte vor allem für Obdachlose ein schwerer Schlag ins Kontor bedeuten. Die Stadt hält aber aus ihrer Sicht fest: Insgesamt würden die Verwarnungs- und Bußgelder „auf einem guten und den wirtschaftlichen Verhältnissen der Bevölkerungsstruktur angemessenen Niveau liegen.“
Weitere Erhöhungen der Strafen gibt es für das „belästigende oder behindernde Spielen“. Das betrifft zum Beispiel das Ballspiel-Verbot auf der Grünfläche an der Ebertstraße, nahe der Musiktheater-Haltestelle. Hier wird künftig eher mit einer Strafe von 30 Euro statt 15 Euro zu rechnen sein. Kein Verwarnungsgeld, sondern gleich ein potenziell viel höheres Bußgeld, erwartet künftig in der Regel diejenigen, die: Hydranten oder Schächten verdecken, Verkehrsflächen verunstalten (z.B. durch Graffiti) oder ihr Auto an Orten reparieren, die dafür nicht vorgesehen sind. Lesen Sie dazu: Ückendorf: Wo auf Lidl-Parkplätzen an Autos geschraubt wird
Das letzte Wort über die Änderungen hat jetzt die Politik. Nachdem die geplante Erhöhung der Geldstrafen bereits im Ordnungsausschuss vorgestellt wurde, beschäftigt sich noch der Hauptausschuss am 16. März mit dem Thema. Wer nachlesen möchte, was in Gelsenkirchen alles verboten ist, kann in der „Ordnungsbehördliche Verordnung über die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ nachsehen, die zuletzt 2022 angepasst wurde.
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