Gelsenkirchen. Nach dem Überfall von Fans des BVB und von Rot-Weiss Essen auf Schalker Fans in Gelsenkirchen rückt die Polizei in NRW zu einer Großrazzia aus.
Zeitgleich rückten am frühen Donnerstagmorgen – zwei Tage vor dem Revierderby des FC Schalke 04 gegen den BVB (mehr dazu hier) – teils schwer bewaffnete Polizisten zu einer Razzia in mehreren NRW-Städten aus, bei der gewaltbereite und gewaltsuchende Fußballfans im Fokus der Ermittlungen stehen. Hintergrund ist der Überfall Dortmunder und Essener Hooligans auf die organisierte Fangemeinde des FC Schalke vor rund zwei Wochen.
Mit zahlreichen Einsatzkräften durchsuchen die Ermittler seit dem Morgen 27 Objekte, vor allem in Essen und Dortmund, aber auch in Schwelm, Bergheim, Gladbeck, Beelen, Bottrop und Gelsenkirchen. Dabei schlugen die Beamten teilweise Fenster und Türen ein, unter den durchsuchten Objekten ist auch ein Vereinsheim der Ultras Gelsenkirchen. Während sich die federführende Gelsenkirchener Polizei zu Details vorerst nicht weiter äußern will, ist aus Fankreisen zu hören, dass die Razzia im Vereinsheim der Schalker Ultras eine Verwüstung der Räume zufolge hatte.
Polizei hat 19 Tatverdächtige im Auge
Die Polizei berichtet, dass sie „umfangreiches Beweismaterial sichergestellt“ habe, ohne dabei konkreter zu werden. Zu Festnahmen oder „Personenschäden“, wie es die Polizei formuliert sei es bei der Razzia nicht gekommen, obwohl an den meisten Adressen die betroffenen Personen auch angetroffen wurden. Das sichergestellte Beweismaterial werde nun ausgewertet. „Diese Maßnahmen dienen der Aufklärung des Vorfalls am 19. Februar 2023, bei dem es unmittelbar vor einem Gelsenkirchener Vereinsheim zu einer Auseinandersetzung unter Fußballfans gekommen war“, heißt es vonseiten der Polizei lediglich zu den Hintergründen der konzertierten Aktion.
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) hingegen wurde am Mittag bei seiner Bewertung des Einsatzes etwas deutlicher: „Wir haben 19 Tatverdächtige im Auge. Wir haben in mühsamer Kleinarbeit ermittelt, wer das war, und haben bei denen jetzt mal einen Hausbesuch gemacht“, sagte Reul in Düsseldorf. Und weiter: „Ich finde es riesig, dass wir in diesem Bereich der Hooligan-Szene jetzt mal Tabula rasa gemacht haben“, lobte Reul den Einsatz der Polizei.
Angriff von Fans des BVB und RWE auf Schalke-Fans in Gelsenkirchen
Wie berichtet, hatten sich am frühen Sonntagmorgen Ende Februar Fans vor dem Vereinsheim der Ultras an der Daimlerstraße getroffen, um von dort mit Bussen zum Auswärtsspiel nach Berlin zu fahren. Gegen 6.20 Uhr wurden sie von mindestens 100 Personen, mutmaßlich aus dem Umfeld der Fanszenen von Borussia Dortmund und Rot-Weiss Essen, angegriffen. Dabei wurden mehrere Personen verletzt. Bei der Massenschlägerei seien unter anderem Baseballschläger und sonstige Schlagwerkzeuge genutzt worden.
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Schwer verletzt wurde auch ein Busfahrer. Gegenüber der Bild-Zeitung schilderte der Busunternehmer Johannes Gerd Overhoff den Angriff auf einen seiner Fahrer. Demnach wurde der Mann mit einer Waffe angegriffen und niedergestreckt. „Mein Mitarbeiter wurde mit einem Totschläger und einem Baseballschläger niedergeknüppelt. Er hatte eine blutende Kopfwunde.“ Der Mann sei vor Ort kollabiert und wurde umgehend in eine Klinik gebracht. Die Polizei nahm wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung die Ermittlungen auf.
Neben dem FC Schalke machte auch die Vereinsführung von Rot-Weiss Essen unmissverständlich klar, dass der Angriff in Gelsenkirchen in keiner Weise zu tolerieren sei. RWE-Vorstandsvorsitzender Marcus Uhlig erklärte: „Den Überfall verurteilen wir in aller Geschlossenheit als Verein aufs Schärfste! Gewalt und Brutalität sind nicht mit den Werten vereinbar, für die Rot-Weiss Essen steht. Wir stehen hierzu im engen Austausch mit den Ermittlungsbehörden und werden diese im Rahmen unserer Möglichkeiten bestmöglich unterstützen.“
Ob die Behörden tatsächlich auf die Hilfe des RWE und des BVB zurückgegriffen haben, ehe sie am Donnerstagmorgen die Verdächtigen des Fan-Überfalls von Gelsenkirchen aufsuchten, ist dieser Redaktion nicht bekannt. Fakt ist: Mit Blick auf das Revierderby zwischen Schalke und Dortmund am Samstagabend in der Veltins Arena hatten die Gelsenkirchener und die Dortmunder Polizeibehörden bereits vor einigen Tagen erklärt, dass sie sich intensiv auf die Begegnung vorbereiteten. „Es findet ein intensiver polizeilicher Informationsaustausch statt, um Sicherheitsrisiken frühzeitig zu identifizieren und geeignete Maßnahmen initiieren zu können“, hieß es in einem Schreiben des NRW-Innenministeriums. Zu den konkret genannten Maßnahmen, die geprüft würden, gehören unter anderem Gefährderansprachen, Bereichsbetretungsverbote und Meldeauflagen gegen „Störer beider Vereine“.
Die Vereinsführung des FC Schalke wurde im Vorfeld jedenfalls nicht in Kenntnis gesetzt, was bei den Knappen offenbar für Irritationen sorgte. „Auch wir haben in den Medien von den polizeilichen Maßnahmen erfahren. Mit Blick auf das, was wir lesen und sehen konnten, sind wir vom Ausmaß des Einsatzes durchaus überrascht. Ein grundsätzliches Gesprächsersuchen des Vereins wurde mit Hinweis auf die laufenden Maßnahmen vorerst abgelehnt, berichtet Schalke-Sprecher Marc Siekmann.