Gelsenkirchen. „Come Back“ in Buer würde gerne mehr Schwimmkurse anbieten, aber kann nicht – und ergreift deshalb jetzt drastische Gegenmaßnahmen.

Es klingt wie ein äußerst drastischer Gedankengang. Aber Tony Friedrich, Prokurist des Rehazentrums und Sportkursanbieters „Come Back“ am Nordring, meint es vollkommen ernst: Weil die Wartelisten für die Schwimmkurse immer länger würden, sei man bei „Come Back“ nun dazu übergangen, 2023 regelmäßig Kindernotfallseminare anzubieten – damit Familien für Notsituationen und Unfälle, Verbrennungen über Vergiftung bis eben Badeunfälle, besser gerüstet seien. „Der Ertrinkungstod ist für kleine Kinder weiterhin häufigste tödliche Unfallursache“, sagt Friedrich, der Sohn des Geschäftsführers ist. „Aber wenn wir nicht mehr Kindern das Schwimmen beibringen können, dann dachten wir, starten wir eben Erste-Hilfe-Kurse.“

Schwimmkurse in Gelsenkirchen: Kinder werden angemeldet, bevor sie geboren wurden

Als Friedrich die digitale Warteliste für die derzeitigen Kleinkinder-Schwimmkurse bei „Come Back“ zeigt, hört er mit dem Scrollen gar nicht mehr auf. Es sind über 500 Kinder, manche noch ohne Namen. „Die Eltern melden ihr Kind an, bevor es geboren wurde“, sagt er. Von 8 bis 20 Uhr werden die 45-Minuten-Kurse von Montag bis Samstag für jeweils sechs bis acht Kinder am Urban-von-Vorst-Weg angeboten – für 75 Euro monatlich, also für wesentlich mehr Geld als bei den meist etwas abgespeckteren Schwimmkursen von DLRG und den Schwimmvereinen.

„Geld verdient man damit aber nicht“, behauptet Friedrich – was auch Kostenkalkulationen zeigen, die der WAZ vorliegen. Angesichts der dauerhaft höheren Energiepreise sei die kürzliche Preiserhöhung zudem sicher nicht das Ende der Fahnenstange. Und es ist nicht die einzige Konsequenz, die sich aus der Preisexplosion ergibt.

Warum Gelsensport die Förderung eines neuen Schwimmbads in Buer ablehnte

Dass die Corona-Pandemie bei der Entwicklung einer ganzen Generation von Kindern große Narben hinterlassen hat, gilt selbstredend auch für das sichere Schwimmen. Doch statt den enormen Bedarf nach der Zeit der geschlossenen Bäder mit einem entsprechenden Tempo auffangen zu können, sieht man sich bei „Come Back“ aufgrund der nächsten Krise, der Energiekrise, eher gezwungen, auf die Bremse zu treten.

Keine Aufstockung der Schwimmkurse? Stattdessen will man bei „Come Back“ am Nordringhaus jetzt Notfallseminare für Familien anbieten.
Keine Aufstockung der Schwimmkurse? Stattdessen will man bei „Come Back“ am Nordringhaus jetzt Notfallseminare für Familien anbieten. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Vor drei Jahren ging „Come Back“ an die Öffentlichkeit, um seine Ideen von einem neuen Schwimmbad auf dem Hinterhof des Nordring-Hauses zu präsentieren. Für das Projekt stellte der Sportanbieter als Verein „Mein persönliches Come Back e.V.“ einen Förderantrag bei Gelsensport – der nach langer Zeit der Prüfung jedoch abgelehnt wurde. Gelsensports Argumentation: Die Förderung sei nicht möglich, weil es sich bei „Come Back“ um ein privates Wirtschaftsunternehmen und keinen klassischen Schwimmverein handele. Dass der Antragsteller sein Sportangebot als Verein durchführt, ändere daran nichts.

Sorge um in die Jahre gekommenes Schwimmbad in Gelsenkirchen-Buer

Bei einer möglichen neuen Förderung mit veränderten Bedingungen für den Schwimmsport werde man „Come Back“ aber gerne unterstützen, hieß es damals seitens Gelsensport. Und auch die CDU versicherte, „alternative Möglichkeiten auszuloten“, um das Projekt doch noch verwirklichen zu können. Nun, drei Jahre nach dem Antrag und großen Turbulenzen auf dem Energiemarkt später, sieht es für das Projekt aber alles andere als gut aus. Und das nicht nur, weil Friedrich von der versprochenen Unterstützung seitens Politik oder Gelsensport nichts mehr gehört habe. „Denn bei den jetzigen Energiepreisen ist es nicht machbar, ein neues Schwimmbad zu bauen und zu unterhalten“, sagt er. Erst recht nicht in Schwimmbädern, wo man die Wassertemperatur für kleine Kinder um die 30 Grad halten müsse.

Während die Vision vom neuen Schwimmbad in Buer damit immer weiter in die Ferne rückt, geradezu gestorben scheint, wird das Bad am Urban-von-Vorst-Weg, wo sich „Come Back“ derzeit für die Schwimmkurse anmietet, mit jedem Tag älter und sanierungsbedürftiger. „Länger als zehn Jahre wird das Bad nicht mehr mitmachen“, prognostiziert Friedrich. Im schlimmsten Fall stehe Buer also in Zukunft nicht mit einem weiteren, sondern einem Schwimmbad weniger da. „Dabei“, sagt er, „müsste es doch eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, möglichst vielen Kindern das Schwimmen beizubringen.“

Für „Come Back“ aber sind ohne neues Schwimmbad die Grenzen längst erreicht. Deswegen also nun zumindest die Notfallseminare. Das nächste vierstündige Seminar findet am 12. März, von 14 bis 18 Uhr, am Nordring 51 mit Feuerwehrmann Ralf Tenkotten statt. Es sind noch letzte Plätze frei. Die Teilnahmegebühr beträgt 30 Euro. Weitere Termine: 4. Juni, 17. September.