Gelsenkirchen. Bei der großen Bombenentschärfung am Freitag in Gelsenkirchen gab es wieder einige Unbelehrbare. Dieses Fazit zieht die Polizei.

Da war sie endlich vollends lahmgelegt: Die Entschärfung der US-amerikanischen Zehn-Zentner-Fliegerbombe, wegen der am Freitag (17. Februar) rund 6500 Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener ihre Wohnung verlassen und noch weitaus mehr Menschen Einschränkungen im Verkehr in Kauf nehmen mussten, glückte um 16.16 Uhr.

Die „eher seltene Bombe“, wie sie ein Mitarbeiter des Ordnungsdienstes nannte, wurde am Donnerstag in einer Kleingartenanlage in Bulmke-Hüllen gefunden. Erwartet wurde vor der Freilegung ein halb so großes Exemplar. Das erforderte einen deutlichen höheren Aufwand für die Evakuierungsmaßnahmen. Die Entschärfung wurde deshalb auf Freitag verlegt. 60 Kräfte des Ordnungsamtes und rund 50 Polizisten waren gestern im Einsatz.

Gefunden wurde die Weltkriegsbombe in einer Kleingartenanlage am Rande der Florastraße. Insgesamt mussten 26 Straßen evakuiert oder gesperrt werden
Gefunden wurde die Weltkriegsbombe in einer Kleingartenanlage am Rande der Florastraße. Insgesamt mussten 26 Straßen evakuiert oder gesperrt werden © WAZ | Thomas Richter

Bombenentschärfung in Gelsenkirchen: Was Betroffene erlebt haben

Gegen 12 Uhr, als die Evakuierung in vollem Gange ist, versammeln sich bereits über 90 Menschen in der Sammelstelle, die in der Sporthalle des Schalker Gymnasiums angelegt wurde – darunter vor allem ältere Damen und Herren. Und manche sogar mit tierischer Begleitung. So wie Heike Goertz, die gemeinsam mit ihrer Windhündin Lilly (13) und ihrem Jack Russel Terrier Vino (4) draußen warten muss. Die milden Temperaturen kommen ihr gelegen. „Und zum Glück ist es trocken“, sagt sie.

Informiert wurde sie von der Stadt per Handzettel. „Das hat gut geklappt“, findet sie – und ergänzt mit einem Augenzwinkern: „Man macht sich ja schon Gedanken, ob noch alles steht, wenn man wieder nach Hause kommt.“

Große Bombenentschärfung in Gelsenkirchen: So groß war der Evakuierungsradius, 6500 Menschen müssen den gesperrten Bereich verlassen.
Große Bombenentschärfung in Gelsenkirchen: So groß war der Evakuierungsradius, 6500 Menschen müssen den gesperrten Bereich verlassen. © Stadt Gelsenkirchen

Meliha Kula ist mit ihrem Vater Fehmi vor Ort, für beide ist es die erste Bombenentschärfung. Auch sie fühlt sich gut informiert. „Ich bin ganz entspannt und habe keine Sorgen“, sagt sie gelassen. Wenige Meter daneben steht Gregor Schüren. Er wartet hier an der Turnhalle auf seinen Onkel und seine Tante, die beide über 90 Jahre alt sind. „Wenn sie hier eingetroffen sind, möchte ich sie zu mir in meine Wohnung mitnehmen“, sagt der Mann aus der Altstadt. „Dann kann ich sie zu Hause ein bisschen betüddeln.“

Ein weiterer betroffener Anwohner ist Harry Gill. Der Senior im Rollstuhl wurde von seiner Tochter Petra Müller hierhin gebracht. Sie lebt in Hattingen und ist extra nach Gelsenkirchen gekommen, um ihren Vater zu unterstützen. Für die beiden ist es nicht die erste gemeinsame Bombenentschärfung. „Ich hoffe, es geht schneller als beim letzten Mal“, sagt Müller. Damals habe sie fünf bis sechs Stunden warten müssen – weil einige wenige in der Gefahrenzone nicht ihre Wohnung verlassen wollten.

Widerstand bei Evakuierung: Bis zu 1000 Euro Bußgeld drohen in Gelsenkirchen

Doch es gibt sie dann auch diesmal wieder, einige Unbelehrbare. Gegen 14.30 Uhr, bereits eine Stunde nach geplantem Entschärfungsstart, meldete die Stadt: „Noch immer gibt es im Evakuierungsgebiet leider Personen, die sich weigern, ihre Wohnungen zu verlassen.“ Sie droht den Uneinsichtigen sogar mit Bußgeldern.

Zahlreiche Rettungswagen standen auf dem Pausenhof des Schalker Gymnasiums. Hier wurde die Sammelstelle eingerichtet. Rund 70 Krankentransporte hat es nach Angaben des Ordnungsdienstes bis kurz vor 13 Uhr gegeben.
Zahlreiche Rettungswagen standen auf dem Pausenhof des Schalker Gymnasiums. Hier wurde die Sammelstelle eingerichtet. Rund 70 Krankentransporte hat es nach Angaben des Ordnungsdienstes bis kurz vor 13 Uhr gegeben. © WAZ | Thomas Richter

Ärger dieser Art ist für die Einsatzteams nichts Neues. Vor einem Jahr hatten Stadtverwaltung und Politik deshalb die „Ordnungsbehördliche Verordnung“ angepasst, um Bußgelder bis zu 1000 Euro verhängen zu können, falls sich Personen bei Evakuierungsmaßnahmen vehement widersetzen. Dieses Mal, so hieß es seitens der Stadt, seien manche sogar besonders widerspenstig gewesen. Lesen Sie hierzu: Bomben-Ärger: Gelsenkirchen zeigt mehr Härte bei Evakuierung

„Letztlich hat aber doch alles noch gut und reibungslos geklappt“, lautete das versöhnliche Fazit, das Sprecher Stephan Knipp aus Sicht der hiesigen Polizei zog.