Gelsenkirchen. Ärger gibt es gerade um die Kultkneipe „Fuck“ in Gelsenkirchen-Buer. Es geht um Dauerbeschwerden wegen Lärm und den Vorwurf des „Rufmordes“.
- Um das Lokal ohne Namen (besser als „Fuck“ bekannt) ist ein Streit entbrannt
- Ein Nachbar beschwert sich über Lärm
- Wirt Christoph Klug hat einen Hilferuf über Facebook abgesetzt
Das Lokal ohne Namen (L.ON) an der Hagenstraße, es ist eine Institution in Buer: Szene-Treffpunkt für Generationen von Jugendlichen, beliebte Konzert-Location, durchaus auch Partnervermittlung. Und immer mal wieder: Anlass für Anwohner-Beschwerden über Lärm. Gerade ist die Situation so eskaliert, dass Gastronom Christoph Klug einen Hilferuf über Facebook gepostet hat – weshalb ein Nachbar von „Rufmord“ spricht.
Es waren zwei Einsätze von Kommunalem Ordnungsdienst (KOD) und Polizei am vergangenen Wochenende, die das Fass zum Überlaufen brachten, für einen Mieter des Gebäudekomplexes an der Hagenstraße genauso wie für Christoph „Kiki“ Klug. Im Ergebnis liegen die Nerven auf beiden Seiten blank.
Gelsenkirchener Wirt Klug klagt: Nachbarn riefen um 21 Uhr den Ordnungsdienst
Das war passiert: Am Freitag, 27. Januar, hatte der Anlieger die Polizei alarmiert, weil sich vor dem L.ON eine Gruppe von Leuten seiner Auffassung nach zu laut unterhielt. Die Beamten räumten daraufhin die Bar gegen 2.20 Uhr, so der Gastronom. Am Samstag, 28. Januar, erschien dann um 21 Uhr der KOD vor dem Domgold, wo eine geschlossene Gesellschaft eine Geburtstagsparty feierte. Benachrichtigt hatte sie dieselbe Mietpartei.
„Die KOD-Mitarbeiter konnten aber keinen Lärm feststellen und sind wieder abgerückt“, berichtet Klug im Gespräch mit der Redaktion. Die Familie habe den Ordnungsdienst prophylaktisch alarmiert aus Sorge, es könne zu laut zugehen.
Wirt aus Gelsenkirchener Buer fragt sich, ob er seine Gastronomien aufgeben soll
Einige Stunden später ging dann Klugs Beitrag online: „Ich liebe Buer und meinen Kiez. Aber ein Nachbar sorgt dafür, dass es nicht mehr mein Kiez ist. Aber ich habe vier Festangestellte und über 30 Aushilfen. Soll ich sie alle entlassen, mein Glück woanders suchen?“, fragt er, ob „einige wenige darüber entscheiden sollen“, ob „alles ruhig sein“ oder „Buer leben soll“ oder ob „es ein Interesse der Allgemeinheit geben sollte“.
„Ich war einfach zu angenervt und hatte keinen Bock mehr auf das Theater“, begründet Klug auf Nachfrage den Schritt in die Öffentlichkeit sozialer Medien. Dass Anlieger den KOD vorbeugend riefen, kann er nicht verstehen. Ebenso irritiert zeigt er sich, dass die Polizei das L.ON um 2.20 Uhr räumte, „obwohl es keine Sperrstunde mehr gibt. Lokale können 23 Stunden am Stück öffnen.“
Gelsenkirchener Gastronom reagiert hilflos und frustriert
Wenn L.ON-Besucher ihre Getränke trotz entsprechenden Verbots („darauf weisen wir auch immer wieder hin“) zum Rauchen mit nach draußen nähmen und sich dabei nach 22 Uhr lauter unterhielten, sei der Einfluss seiner Angestellten nur gering. „Vielfach sind es auch gar nicht unsere Gäste, die vor unserer Bar stehen. Freunde und Bekannte von ihnen stellen sich einfach zu ihnen, nachdem sie sich Alkohol vom Kiosk oder aus dem Kofferraum ihres Autos geholt haben“, zeigt sich der Gastronom hilflos und frustriert.
Ähnlicher Stimmung ist auch der Nachbar, der über Lärmbelästigung klagt und Polizei bzw. Ordnungsdienst alarmiert. „Es ist die Hölle“, klagt der Mann, der aus Sorge vor Repressalien anonym bleiben möchte. Er wolle nicht wie ein Spaßverderber wirken oder Klugs Geschäft behindern, fühle sich aber in seiner Ruhe mehrfach in der Woche massiv gestört. Deshalb habe seine Familie tatsächlich um 21 Uhr den KOD gerufen, „damit dieser den Wirt ermahnt, später die Musik leiser zu drehen.“
Mieter in Gelsenkirchen-Buer klagt: „Können nachts nicht schlafen“
„Wir können weder Fernsehen gucken noch schlafen, weil die Bässe von der Musikanlage bis nach oben dröhnen“, erzählt er. Selbst im heißesten Sommer könne die Familie abends keine Fenster öffnen, weil unten junge alkoholisierte Leute sich lautstark unterhalten, schreien und streiten würden. „Das geht viermal die Woche so, besonders gegen 2 Uhr nachts, manchmal sogar bis 4 Uhr.“
Als Gastronom sei Klug für die Gäste seiner Bar verantwortlich, er müsse auch draußen auf sie einwirken, dass Nachbarn nachts ruhig schlafen können. „So wie es jetzt ist, geht es zu weit.“
Gelsenkirchener Verwaltung mahnt: „Wirt ist in der Pflicht“
Warum er überhaupt vor vielen Jahren in einen Gebäudekomplex gezogen ist, in dem sich Gaststätten befinden? „Damals wurde im ,Fuck’ nur einmal im Jahr Musik gemacht. Damit konnten wir umgehen. So richtig eskaliert ist die Situation erst, nachdem Christoph Klug die Bar übernommen hat. Jetzt haben wir mit L.ON, L.ON deli und Domgold sogar drei Lokale, die sich immer wieder nicht daran halten, dass das Gesetz ab 22 Uhr nur Zimmerlautstärke vorschreibt.“
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Darauf verweist auch die Stadtverwaltung auf Nachfrage der Redaktion: „Musik darf nach 22 Uhr nicht nach draußen dringen. Und was Gäste angeht, die vor der Tür stehen, so ist der Wirt in der Pflicht, sie zu ermahnen und Lärmbelästigung zu unterbinden“, teilt Stadtsprecher Martin Schulmann mit. „Auch Anwohner haben Rechte.“ Das sei gerichtlich auch immer wieder so bestätigt worden.
Bezirksbürgermeister Dominic Schneider hat sich eingeschaltet und will vermitteln
Mittlerweile hat sich auch Bezirksbürgermeister Dominic Schneider eingeschaltet. „Ich möchte in den nächsten zwei, drei Wochen eine Bürgerversammlung einberufen. Wenn Anwohner und Gastronom bereit sind, miteinander zu reden, können wir hoffentlich zu einer Lösung kommen“, erklärt er – auch vor einem besonderen Hintergrund: Wenn sich das Problem nicht klären lässt, stehen die Chancen für das Projekt „Urbanus-Kiez“ schlecht, das die untere Hagenstraße samt Domplatte mit attraktiver Außengastronomie beleben soll. Ganz praktisch schlägt er vor, bei Modernisierungsmaßnahmen in der City Schallschutzfenster zur Auflage zu machen. „Damit wäre doch allen geholfen.“
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Unterdessen zeigen sich sowohl Klug als auch der Anlieger ausdrücklich gesprächsbereit. Ohnehin stehen sie per Messenger-Dienst in Kontakt. „Ich will keinen Streit, sondern im Einvernehmen mit den Nachbarn meine Arbeit machen“, betont Klug, während der Anwohner klarstellt: „Wenn es mal bis 24 Uhr lauter ist, will ich mich nicht querstellen. Ich habe keine Lust, jeden Tag die Polizei zu rufen.“