Gelsenkirchen. Das einstige Rittergut in Gelsenkirchen verkommt zusehends. Seit Jahren ist kein Fortschritt zu erkennen. Das ist der aktuelle Stand.
Die SPD in der Bezirksvertretung Gelsenkirchen-Süd wollte am Dienstag (10. Januar) abermals wissen, wie es denn nun um das altehrwürdige Haus Leithe in Neustadt steht, was so schmuck und schön daherkommen könnte, tatsächlich aber nur vor sich hin rottet.
„Es ist weiterhin keine Bewegung in irgendeiner Art und Weise zu erkennen. Wir halten diesen Status quo für außerordentlich beschämend“, heißt es folglich in einem Antrag der Sozialdemokraten an die Stadt, die Verwaltung möge doch einen Sachstandsbericht zu ihren juristischen Möglichkeiten vorbringen, wie die Eigentümer des Hauses Leithe zum Handeln gezwungen werden könnten.
Jörg Zahn aus Dortmund und der Projektentwickler Olaf Elker sind die Eigentümer des Rittergutes.
Haus Leithe – das Thema beschäftigt Gelsenkirchen schon lange
Das wollte die SPD übrigens auch schon am 15. Februar 2022, als dem damals noch zuständigem Dezernenten, Luidger Wolterhoff, die Frage nach dem noch möglichen Instrumentarium der Stadt gestellt wurde. Die Antworten sollten in einer der nächsten Sitzungen erfolgen, so das Protokoll. Obgleich in einer der letzten Bezirksvertretungssitzungen die Verwaltung im nichtöffentlichen Teil einen kurzen Bericht abgegeben habe, „fehlt dem Gremium bis zum heutigen Tag eine Auskunft des Rechtsamts zum Umgang mit den Investoren vom Haus Leithe“, so die SPD.
Enteignung ist keine erfolgversprechende Möglichkeit
In der Sitzung sollte die Verwaltung daher abermals Auskunft erteilen, ob und welche rechtlichen Möglichkeiten sie hat und gegebenenfalls anwenden will, damit das einstige Rittergut nicht weiter ein Schandfleck auf der Stadtkarte bleibt.
Dabei wurde deutlich, dass die Hoffnung, eine Enteignung der Immobilie zu erwirken – wie es mitunter gefordert wird –, keine erfolgversprechende Möglichkeit ist. Das städtische Rechtsamt ist nach Prüfung dieses Vorschlages zur Einschätzung gekommen, dass „eine Enteignung nicht möglich“ ist. Herr in einem solchen Verfahren sei das Ministerium, das allerdings für ein solches Vorgehen zwingend den Nachweis verlange, dass kein Kontakt mehr mit dem Eigentümer und Investor möglich sei.
Wie die Stadt mitteilt, ist der Gesprächsfaden mit dem Eigentümer und dem Projektentwickler aber noch nicht abgerissen. Was bei der CDU den Einwand provozierte, dass der „Gesetzgeber sicherlich den Fortschritt des Verfahrens gemeint“ habe und nicht jährliche Treffen bei einer Tasse Kaffee, nach denen nichts passiere.
Im Zuge des Denkmalschutzes und der Gefahrenabwehr Druck auszuüben, scheint ebenso kein zielführender Weg zu sein. Denn laut Stadt ist das Gelände durch Zäune gesichert, Türen versperren den Zutritt, selbst Fenster sind durch Drahtverhaue geschützt, um Schadnager außen vor zu halten. Auch das alte Dach ist gesichert. „Der Eigentümer hat aus unserer Sicht alles Zumutbare getan, um seinen Instandhaltungs- und Sicherungspflichten nachzukommen“, lautet daher das Fazit der Stadt.
Besonders ärgerlich an der Causa Haus Leithe ist, dass das Gebäude-Ensemble lange Zeit der Stadt und später ihrer Tochter selbst gehört hat. Vor mehr als 100 Jahren, 1914 nämlich, kam das Haus Leithe in den Besitz der Stadt. 1986 wurde es in die Denkmalliste eingetragen. Seit 1997 gehörte es zum Eigentum der GGW. Die Gelsenkirchener gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft trennte sich aber im Jahr 2012 von dem Baudenkmal – und das für gerade einmal 200.000 Euro.
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Bezirksbürgermeister Michael Fath (SPD) beschrieb die Stimmung unter allen BV-Mitgliedern nach der nicht-öffentlichen Diskussion über Haus Leithe im Anschluss an den öffentlichen Teil als „sehr resigniert – kurze oder mittelfristige Lösungen sind nicht in Sicht“.
Nach WAZ-Informationen sind mittlerweile die vorgeblichen Käufer von ihren Verträgen zurückgetreten. Heißt: Es ist zu wenig Geld da, um die Bagger für die geplanten acht Eigentumswohnungen und 14 Reihenhäuser anrollen zu lassen. Das Projektes hatte nach früheren Angaben von Zahn und Elker einen Umfang von 3,5 Millionen Euro.
Dem Vernehmen nach hat es zwischen Stadt und den beiden Eigentümern Sondierungsgespräche gegeben. Ob es zu einem Rückkauf kommt – auch das ein Thema im nichtöffentlichen Teil der Sitzung –, ist unklar. Mit Blick auf den Markt dürfte heute das Vielfache der ursprünglichen Kaufsumme auf dem Preisschild stehen.
Zwei Brände in den Jahren 2019 und 2021 haben zudem sichtbar Spuren am zunehmend maroden Bestand hinterlassen. Zahn selbst will sich auf Nachfrage der WAZ gegenüber der Redaktion nicht zum Thema Haus Leithe äußern.
Der Investor hatte sich mit dem Moerser Projektentwickler Olaf Elker (Vip-Home) zusätzliche Hilfe für das Bauprojekt gesichert. Auf dessen Immobilienfirma-Homepage heißt es vielversprechend: „Profitieren Sie von unserer Erfahrung und unserem Rundumservice, in enger Zusammenarbeit mit unseren Architekten, Ingenieuren, Bauträgern und lokalen Experten.“
Elker war für ein Gespräch mit der WAZ-Redaktion nicht zu erreichen.