Gelsenkirchen-Resser Mark. Damit die Feuerwehr Gelsenkirchen im Einsatz nicht auf dem Schlauch steht, gibt es eine eigene Werkstatt für mehr als 150 Einsatzfahrzeuge.

Ein Schattendasein hat bislang das Technikzentrum der Gelsenkirchener Feuerwehr geführt. Dabei ist die Werkstatt im Emscherbruch so immanent wichtig, damit der Fuhrpark der Retter ständig einsatzbereit ist. Vor allem in Zeiten der Krise, die zu langen Staus auf den Nachschubwegen führt. Beispiel gefällig? Kein Problem: „Für 2023 sind die Fahrgestelle für die Rettungswagen bereits ausverkauft“, sagt Teamleiter Peter Meyer. Wohl dem, der in der Lage ist, die sündhaft teure Technik funktionstüchtig zu erhalten.

Damit es läuft, stecken eine Handvoll Männer im Technikzentrum die Köpfe zusammen über Motorblöcke und Maschinen. Oder gehen in die Grube, um an Achsen, Stoßdämpfer und Co. zu gelangen. „Kein Spaß in diesen Tagen“, sagt Kfz-Meister Michael Olbrisch und verzieht schmunzelnd das Gesicht. Denn auch für den Fuhrpark der Retter gilt: höher, breiter und vor allem länger. Heißt: Schrauben bei offenem Werkstatt-Tor. Denn wenn die Fahrerkabine eines Löschfahrzeuges nach vorne geklappt werden muss, um an die Technik der Feuerwehrautos zu gelangen, stoßen die drei Reparaturspuren – Baujahr 1965 – sprichwörtlich an ihre Grenzen. Und das bei klirrendem Frost.

Gelsenkirchener Technikzentrum der Feuerwehr: 154 Fahrzeuge auf dem Prüfstand

Die Werkstatt der Gelsenkirchener Feuerwehr befindet sich in der Resser Mark im Emscherbruch. Das Technikzentrum wurde 1965 erbaut. Weil Einsatzfahrzeuge immer größer und vor allem länger werden, bleiben die Tore der Werkstatt auch jetzt im Winter des Öfteren offen. Sonst lässt sich die Fahrerkabine eines Löschfahrzeuges nicht nach vorne klappen, um an den Motor zu kommen.
Die Werkstatt der Gelsenkirchener Feuerwehr befindet sich in der Resser Mark im Emscherbruch. Das Technikzentrum wurde 1965 erbaut. Weil Einsatzfahrzeuge immer größer und vor allem länger werden, bleiben die Tore der Werkstatt auch jetzt im Winter des Öfteren offen. Sonst lässt sich die Fahrerkabine eines Löschfahrzeuges nicht nach vorne klappen, um an den Motor zu kommen. © FFS | Foto: Ingo Otto

Der 51-jährige Olbrisch ist zusammen mit zwei Altgesellen und zwei Auszubildenden – alle keine Feuerwehrmänner, sondern Angestellte – dafür verantwortlich, die roten und orange-weißen Fahrzeuge der Gelsenkirchener Feuerwehr in Schuss zu halten. Und das sind viele, genauer gesagt 154 insgesamt, inklusive Reserve für Totalausfälle: Als da wären 102 Fahrzeuge für den Brandschutz, also Löschfahrzeuge, Drehleitern und Ähnliches, 32 Autos für den Rettungsdienst, vom Krankentransport- über den Rettungs- bis hin zum Notarztwagen, zwei Boote sowie 20 Technik- und Materialcontainer.

Im Prinzip funktioniert der Betrieb wie eine normale Werkstatt, nur werden den Kunden keine Rechnungen ausgestellt. Was an Ersatzteilen und Lohnkosten anfällt, ist im städtischen Haushalt unter den konsumptiven Ausgaben verbucht. Für das Jahr 2023 hat die Stadt Gelsenkirchen etwa 18,8 Millionen Euro im Haushalt eingeplant.

Repariert, inspiziert, gewartet wird so ziemlich alles dort im Emscherbruch: der marode Federbalg für die Luftfederung ebenso wie defekte elektrisch ein- und ausfahrende Tritthilfen, die Hauptuntersuchung oder die stotternde Treibstoffpumpe. Anders sieht es aus, wenn das Getriebe der mächtigen Drehleiter streikt, der stählerne Arm nicht mehr dreh- oder ausfahrbar ist. „Dann müssen speziell geschulte Techniker des Herstellers den Fehler auslesen und reparieren“, sagt Michael Olbrisch.

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Weil die Fahrzeuge der Feuerwehr pickepackevoll sind mit komplexen Zusatzsystemen, „ist allerdings vertieftes Wissen notwendig“, sagt Olbrisch mit Blick auf seine beiden Azubis. Die dürfen sich nach drei intensiven Lehrjahren Kfz-Mechatroniker für Nutzfahrzeuge nennen. Und sind auf dem freien Markt aufgrund größerer Kompetenz heiß begehrt. Zum Leidwesen von Ausbilder Olbrisch und Teamleiter Meyer: „Denn sie bleiben meist nicht lange.“

Weitere Unterschiede zu einer normalen Werkstatt sind: „Dauert die Reparatur länger als 30 Minuten“, so wird das Fahrzeug gegen ein anderes aus der ständig vorgehaltenen Reserve der Feuerwehr getauscht. Gerade mit Blick auf die ständig steigenden Einsatzzahlen und einer sich weiter ausbreitenden „Vollkasko-Mentalität“, die sich durch Bagatell-Notrufe negativ auszeichnet, ist es oberstes Ziel, dass die Rettungs- und Krankentransportwagen auf der Straße sind und nicht in der Werkstatt.

Abgebrochene Außenspiegel, übrigens der Klassiker und Spitzenreiter unter den Schäden in der Hektik des Einsatzalltages, und kleinere Lackschäden gehören von sieben bis 16 Uhr an fünf Tagen die Woche ebenso zum Standard im Technikzentrum, „größere Kaltverformungen“, wie es Olbrisch nennt, sprich massive Blechschäden, landen auf den Bühnen beauftragter Werkstätten. Denn auch das passiert: Wenn jede Sekunde zählt, kracht es schon mal im dichten Stadtverkehr – trotz Blaulicht und Martinshorn.

Modernisierung des Feuerwehr-Fuhrparks kostete 27 Millionen Euro in zehn Jahren

Yakup Aladag schaut in den Motorraum eines Rettungswagens der Gelsenkirchener Feuerwehr. Ein neuer Rettungswagen schlägt in der Anschaffung mit 220.000 Euro zu Buche, ein Löschfahrzeug mit einer halben Million Euro und ein Drehleiterwagen sogar mit 750.000 Euro.
Yakup Aladag schaut in den Motorraum eines Rettungswagens der Gelsenkirchener Feuerwehr. Ein neuer Rettungswagen schlägt in der Anschaffung mit 220.000 Euro zu Buche, ein Löschfahrzeug mit einer halben Million Euro und ein Drehleiterwagen sogar mit 750.000 Euro. © FFS | Foto: Ingo Otto

Viel Geld wird in Sicherheit und Notfallversorgung gesteckt. Allein für die Anschaffung von neuen Fahrzeugen sind in den vergangenen zehn Jahren „27 Millionen Euro“ vom Rat bewilligt und von der Stadt investiert worden. Das macht im Schnitt 2,2 Millionen Euro pro Jahr, Schwankungen inbegriffen, denn es gibt große Unterschiede. Ein neuer Rettungswagen schlägt in der Anschaffung mit 220.000 Euro zu Buche, ein Löschfahrzeug mit einer halben Million Euro und ein Drehleiterwagen sogar mit 750.000 Euro.

Die hohen Beträge auf dem Preisschild haben auch mit einem sprunghaften Anstieg von Material- und Fertigungskosten, gestörten Lieferketten und letztlich auch mit Corona-Krise und Ukraine-Krieg zu tun, wie Teamleiter Peter Meyer erklärt. „Kostete das Fahrgestell eines Mercedes-Sprinters für einen Rettungswagen, also Motor, Fahrerhaus und Gestell ohne Kofferaufbau, vor fünf Jahren noch 57.000 Euro, so wurden dafür 2022 schon 83.000 Euro aufgerufen“, sagt der 50-jährige Brandamtsrat. Das ist ein Anstieg von immerhin satten 45 Prozent. Tendenz: vorerst steigend. Die Brandherde dieser Welt sind ja längst noch nicht gelöscht.

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Das Technikzentrum der Feuerwehr Gelsenkirchen befindet sich im Stadtteil Resse, im Emscherbruch 30. Hier werden die Einsatzfahrzeuge repariert, gewartet und inspiziert.
Das Technikzentrum der Feuerwehr Gelsenkirchen befindet sich im Stadtteil Resse, im Emscherbruch 30. Hier werden die Einsatzfahrzeuge repariert, gewartet und inspiziert. © Foto: Nikos Kimerlis

Und wer jetzt so einem Rumpf bestellt, steht sprichwörtlich auf dem Schlauch. „Denn für 2023 sind bei Mercedes alle Sprinter-Fahrgestelle ausverkauft.“ Sparen und Weitsicht seien daher oberstes Gebot. „Die Planung heute betrifft Fahrzeuge, die man in zwei Jahren braucht“, so Meyer weiter. Denn auch bis so ein Aufbau hergestellt ist, in dem Notfallsanitäter Patienten versorgen, vergehen weitere zwei Jahre.

Im Schnitt ist ein Rettungswagen sieben Jahre im Dienst, danach wird das Fahrzeug runderneuert, denn bei der Hatz vom Unfallort bis zum Krankenhaus interessieren Schlaglöcher und dergleichen nicht, da zählt nur der Patient. Das Fahrgestell hat dann seine maximale Lebenszeit erreicht und wird erneuert. Nur der Kofferaufbau, der bleibt. Allerdings wird die Kabine dann neben der Ausbesserung von Schäden auch technisch auf den neuesten Stand gebracht. Das macht dann zusammen immer noch stattliche 150.000 Euro, ist aber immerhin 70.000 Euro billiger als bei einem Neukauf eines kompletten Rettungswagens.