Gelsenkirchen. Statt 6500 sind bald 20.000 Gelsenkirchener berechtigt, Wohngeld zu empfangen. Die Stadt appelliert: Das Geld kommt, aber bitte seid geduldig!
Eine deutliche Entlastung für 20.000 Gelsenkirchener Haushalte wird kommen – aber jetzt ist erst einmal noch Geduld gefragt. Und bevor es zu Beschwerden kommen mag, erklärt sich Sozialdezernentin Andrea Henze lieber direkt im Voraus: Ja, das mit einer Gesetzesänderung am 25. November reformierte Wohngeld sei zwar „ein ganz wichtiges Instrument, um der finanziellen Belastung vieler Menschen mit geringem Einkommen entgegenzuwirken.“ Aber: Zur finalen Bearbeitung der vielen Wohngeld-Anträge wird es wohl frühestens erst ab April 2023 kommen.
Denn erst dann sollen die zur Bearbeitung notwendigen IT-Anwendungen des Landes bereitstehen, erst dann könne damit das Wohngeld sauber berechnet und ordnungsgemäß ausgezahlt werden. „Aber es geht kein Geld verloren“, betont Henze. „Alle Anträge werden natürlich bearbeitet und das Geld wird selbstverständlich rückwirkend gezahlt.“
Bearbeitung der Wohngeld-Anträge ist für die Stadt Gelsenkirchen eine „Riesen-Herausforderung“
Erwartet wird mit Beginn des kommenden Jahres freilich eine Antragsflut: Denn durch die Reform des Bundes erweitert sich der Kreis der Wohngeld-Empfänger ab 2023 deutlich. Von derzeit rund 6500 berechtigten Haushalten in Gelsenkirchen verdreifacht sich die Zahl auf dann rund 20.000, rechnet die Stadt vor – und korrigiert damit noch mal ihre Zahl von Mitte November nach oben, als sie von rund 18.000 Haushalten gesprochen hatte. Denn: Wie viele Menschen genau berechtigt sind, ist schwierig zu erfassen. Schließlich kennt die Stadt nicht die Einkommensverhältnisse jedes Gelsenkircheners.
Bekannt sind der Stadt nur jene Personen, die bislang bestimmte Leistung nach dem SGB II oder SGB XII erhalten, also beispielsweise Hilfe im Alter. Sie sollen künftig ins Wohngeld wechseln und dadurch voraussichtlich mehr Geld erhalten. Dabei geht es nach Angaben der Stadt um etwa 1800 Haushalte, die keinen neuen Antrag stellen müssen. „Das wird über die Behörden geregelt“, erläutert Florian Horstick, der für die Wohngeldstelle verantwortlich ist.
Zieht man zusätzlich die Personen ab, die bislang schon Wohngeld bekommen und ebenfalls keinen neuen Antrag stellen müssen, sind es aber immer noch deutlich über 10.000 Anträge, die die Stadt voraussichtlich zu bearbeiten hat. Eine „Riesen-Herausforderung“ nennt das Andrea Henze. Eine, die ohne neues Personal nicht zu bewerkstelligen sei.
Die wichtigsten Fragen zum Wohngeld: Stadt Gelsenkirchen hat Hotline geschaltet
Und das soll auch eingestellt oder aus anderen Abteilungen der Stadtverwaltung abgezogen werden. Für acht neue Mitarbeitende laufen derzeit Ausschreibungen. Obwohl es derzeit wohl kaum eine Stadtverwaltung geben dürfte, die keine neuen Sachbearbeiter einstellt, um der Antragswelle beim Wohngeld Herr zu werden, zeigt sich Florian Horstick entspannt: „Die Bewerberlage sieht gut aus.“
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Damit sich das Team der Wohngeldstelle aber auch wirklich auf die Bearbeitung der Anträge konzentrieren kann, hat die Stadt eine externe Firma für eine Hotline beauftragt, in der die einfachsten Fragen, etwa zum Bearbeitungsstand oder zur Berechnung des Wohngeldes, gestellt werden können. Erreichbar ist sie unter 0209/169 4208. Auch mit Blick auf die Hotline zeigt sich Horstick bislang zufrieden. „In der Hotline können tatsächlich 90 Prozent der Fragen geklärt werden.“ Das Aufkommen: Zirka 150 Anrufe täglich.
Vorsicht: Wohngeld erst einplanen, wenn der Antrag auch bewilligt ist
Wer wissen möchte, ob er oder sie berechtigt ist, Wohngeld zu empfangen und wissen möchte, wie hoch die monatliche Leistung am Ende ausfällt, kann das über den Wohngeldrechner des Bundes erfahren (zu finden auf: www.bmwsb.bund.de). Florian Horstick warnt allerdings davor, sich auf das Ergebnis des Rechners zu verlassen und das so berechnete Wohngeld bereits für die Ausgaben im ersten Quartal 2023 zu berücksichtigen. „Da wäre ich vorsichtig!“ Man solle das Geld erst einplanen, wenn man den Bescheid über die tatsächliche Höhe erhalten habe. „Da müssen wir um Geduld bitten.“ Im Durchschnitt wird das Wohngeld durchschnittlich um 190 Euro je Haushalt steigen, sich also etwas mehr als verdoppeln.
Wer dringend auf dieses Geld angewiesen ist und wirklich nicht bis April warten kann, erhält allerdings die Möglichkeit, schon vor der abschließenden Bearbeitung der Anträge Unterstützungsleistungen ausgezahlt zu bekommen. „Das neue Wohngeldrecht eröffnet die Möglichkeit, monatliche Vorschusszahlungen bis zur endgültigen Entscheidung über den eingereichten Antrag zu gewähren. Diese Möglichkeit werden wir natürlich nutzen“, verspricht Henze und macht darauf aufmerksam, dass dies für Kommunen eine freiwillige Leistung sei. Allerdings kann es auch hier passieren, dass eventuell doch etwas zurückgezahlt werden muss, falls der im April berechnete Anspruch geringer ausfällt als zunächst eingeschätzt.
Heizkosten berücksichtigt
Das neue Wohngeldgesetz tritt zum 1. Januar 2023 in Kraft. Dadurch werden insbesondere Menschen mit geringen Einkommen unterstützt – dazu zählen Familien, Alleinerziehende, sowie Rentnerinnen und Rentner, die knapp oberhalb der Grenze zum Erhalt sozialer Sicherung liegen.
Das neue Gesetz nimmt explizit die gestiegenen Heizkosten in den Fokus. Dafür wird zukünftig eine sogenannte Heizkostenkomponente auf das Wohngeld obendrauf gerechnet.
Zusätzlich zum erhöhten Wohngeld wird es für Menschen mit kleinem Einkommen einen weiteren einmaligen Heizkostenzuschuss geben: Wohngeldhaushalte, denen zwischen September und Dezember 2022 Leistungen gewährt wurden, erhalten 415 Euro für eine Person, 540 Euro für zwei und für jede weitere Person 100 Euro. Zuschussberechtigte Azubis, Schülerinnen und Schüler und Studierende bekommen 345 Euro.