Gelsenkirchen-Scholven. Der Gelsenkirchener Konzert BP plant den Bau einer Recycling-Anlage für Kunststoffe. Die Grünen üben Kritik und beklagen fehlende Transparenz.

Die BP-Raffinerie in Gelsenkirchen-Scholven plant eine Erweiterung nach Norden: Wie bereits berichtet, will der Konzern mit einem amerikanischen Partner zusammen eine Recycling-Anlage für Kunststoff bauen. Der Stadtrat hatte Anfang des Jahres einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst. Die Pläne sorgen jedoch weiterhin für Kritik. Jetzt haben sich die Gelsenkirchener und die Marler Grünen zu Wort gemeldet.

Anlass dafür ist ein „Experten-Hearing“, zu dem die Stadt Gelsenkirchen für Mittwoch dieser Woche ins Hasseler Stadtteilzentrum eingeladen hat, und an dem auch Vertreter von BP sowie des amerikanischen Investors Brightmark teilnehmen. Das Hearing ist allerdings nichtöffentlich, eingeladen sind unter anderem Angehörige der Stadtverwaltung sowie politische Mandatsträger, also Mitglieder des Stadtrates und der Bezirksvertretung sowie sachkundige Bürgerinnen und Bürger.

Das kritisieren die Gelsenkirchener Grünen

Schon daran regt sich Kritik. Ronald Wetklo, Vorsitzender der Wählergruppe „Bürgerstimme Nord“ etwa, beklagt sich, nicht eingeladen worden zu sein. Und auch die Grünen sind nicht einverstanden damit, dass die Bürger außen vor bleiben. „Wir hatten gehofft, dass BP vor dem Hintergrund seiner selbst gesetzten Ziele eines klimaneutralen Standortes in Gelsenkirchen mehr Mut zur Transparenz und einem öffentlichen Dialog haben würde“, so der Stadtverordnete Burkhard Wüllscheidt.

Ganz so einfach ist die Sache aber nicht: BP-Sprecher Marc Schulte wies darauf hin, dass die Einladung zu der Sitzung von der Stadt ausgegangen sei und BP lediglich darum geben hatte, auf Ton- und Filmaufnahmen zu verzichten: „Bei dem Hearing geht es vor allem darum, den Mandatsträgern und der Stadtverwaltung Fragen zu beantworten. Die Veranstaltung ist allerdings nicht Teil des Bebauungsplanverfahrens“, so Schulte. In „naher Zukunft“ planten BP und Brightmark zudem, „den Dialog mit den Bürgern zu intensivieren und über die weiteren Überlegungen zu informieren. Dazu gehören auch lokale Dialogtermine vor Ort.“

Wüllscheidt: „Keine Recycling-, sondern eine Verbrennungsanlage“

Das ist allerdings nicht der einzige Kritikpunkt, den die Grünen haben: Sie stellen das ganze Projekt infrage. Laut den Plänen von BP und Brightmark würde in der neuen Anlage aus gebrauchten, vorgereinigten Kunststoffen – wie beispielsweise aus industriellen Verpackungen – Pyrolyseöl hergestellt werden. Dieses Pyrolyseöl würde anstelle von fossilem Öl als Ausgangsmaterial zur Herstellung von Kunststoffen und Treibstoffen dienen. Damit würde das Projekt „wichtige Impulse geben, Emissionen zu reduzieren und die Prinzipien einer Kreislaufwirtschaft am Raffinerie-Standort einzuführen“, heißt es in einer Pressemitteilung von BP.

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Ob das tatsächlich so ist, das bezweifeln die Grünen. Sie verweisen auf eine kritische Bewertung des Bundesumweltamtes vom Juli 2020, wonach die Gewinnung von flüssigen Treibstoffen wie Diesel aus der Pyrolyse von Kunststoffabfällen keinen großen Sinn ergebe. „Ungefähr 80 Prozent des Kunststoffes, der in diese Anlagen kommt, wird verbrannt, lediglich 20 Prozent werden recycelt“, kritisierte Roland Gaschnitz von den Marler Grünen. Die Gelsenkirchener Grünen hatten die Parteikollegen aus der Nachbarstadt mit ins Boot geholt, weil die Raffinerie bekanntlich an den Stadtteil Polsum grenzt. „In diesem Fall ist es keine Recycling-, sondern eine Verbrennungsanlage“, so Burkard Wüllscheidt, „und die würde in einem Landschaftsschutzgebiet nie und nimmer genehmigt werden können – ganz unabhängig von einem Bebauungsplan.“

Dabei sei den Grünen durchaus daran gelegen, Arbeitsplätze bei BP zu erhalten – laut Angaben des Konzerns könnten 120 bis 150 Stellen geschaffen werden. Allerdings müsse das Projekt auch nachhaltig sein. „Wenn das ein totes Pferd ist, auf das wir hier setzen, dann hätten die Mitarbeiter da langfristig gar nichts von“, zeigte sich Gaschnitz überzeugt. „Wir sind nicht gegen alles – der Standort Scholven ist sehr wichtig“, bekräftigte er. „Es braucht aber eine grüne Perspektive.“