Gelsenkirchen. Wahrscheinlich einzigartig: In Gelsenkirchen soll der Einsatz eines Talentscouts gegen den Fachkräftemangel wirken. So sieht die Arbeit aus.

Erzieherinnen und Erzieher, pädagogisches Fachpersonal händeringend gesucht: Nicht nur in Gelsenkirchen klafft die Schere zwischen Bedarf und tatsächlichen Zahlen. Kitas müssen (aus-)gebaut, dringend mehr Kita-Plätze geschaffen werden. Und dabei geht es ja nicht allein nur um das Schaffen von mehr Kita-Raum, sondern eben auch um das Finden von Personal.

Die Stadttochter Gekita, größter Kita-Träger im Stadtgebiet, geht einen neuen Weg: Seit dem Sommer arbeitet dort ein Talentscout, hat die jungen Kräfte im Blick. Mit dem Ziel: Junge Menschen zu fördern, ihre Stärken zu erkennen, sie zu begleiten – und zu binden. Laut den Beteiligten sei das Projekt einzigartig, über die Stadtgrenzen hinaus.

Gegen Erziehermangel in Gelsenkirchen: Diese Ideen sollen helfen

An diesem Morgen ist Stefanie Rast in die Kita Talentzwerge an der Bochumer Straße in Ückendorf gekommen. Der Ort ist wohlgewählt, nicht nur wegen des Konzepts, sondern auch weil Stefanie Rast mit Leiterin Anja van der Mee eng zusammenarbeitet. Beide haben sich über das Talentzentrum NRW weitergebildet: Anja van der Mee hat sich zur Koordinatorin für Talentförderung schulen lassen, Stefanie Rast eben zum Talentscout.

Anja van der Mee, Leiterin der Kita Talentzwerge, links, und Talentscout Stefanie Rast kümmern sich um den Erzieher-Nachwuchs in den Einrichtungen von Gekita. So soll dem Erziehermangel entgegengewirkt werden.
Anja van der Mee, Leiterin der Kita Talentzwerge, links, und Talentscout Stefanie Rast kümmern sich um den Erzieher-Nachwuchs in den Einrichtungen von Gekita. So soll dem Erziehermangel entgegengewirkt werden. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Der Gedanke, der hinter dieser Idee, hinter diesem Ansatz steckt, ist ein universeller, den das NRW-Talentzentrum ausgegeben hat: Ziel ist die Entfaltung von Talenten bei Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrem Elternhaus. Und auch Stefanie Rast will Talenten Wege aufzeigen, Netzwerke schaffen und ihnen Mut machen – ganz speziell beim pädagogischen Fachpersonal. Es ist so etwas wie eine soziale Patenschaft, die helfend und unterstützend schlicht da sein soll für die zukünftigen Kräfte.

Parallel zu dem Bedarf an Betreuungsplätzen hat sich auch der Bedarf an pädagogischen Fachkräften entwickelt. „Die Ausbildungsformen werden vielfältiger und flexibler, es werden neue moderne Ausbildungsformen entwickelt, um neue Auszubildende gewinnen zu können. Im Zuge dieses Fachkräftemangels ist es erforderlich, Nachwuchskräfte zu gewinnen“, ist Stefanie Rast überzeugt.

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Das funktioniert vor allem mit Netzwerken. Nur wenn alle zuständigen Stellen, alle Rädchen auch ineinander greifen, kann ein guter Weg gelingen. Stefanie Rast koordiniert die zahlreichen Angebote und (Praktikums-) Plätze, geht ins Gespräch mit den einzelnen Akteuren, sowohl mit Schülerinnen und Schülern, Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern, Lehrerinnen und Lehrern.

Zu Stefanie Rasts Aufgabe gehört auch, nicht nur Nachwuchskräfte zu gewinnen, sondern diese auch während der Ausbildung so zu begleiten, dass möglichst viele von ihnen nach absolvierter Ausbildung „als kompetente Fachkräfte bei GeKita eingestellt werden und dem Fachkräftemangel so entgegengewirkt werden kann“, erklärt die 40-Jährige.

Sie sieht ihre Aufgabe, ihren Job als wichtiges Instrument gegen eben jenen Fachkräftemangel, denn nur durch eine gewisse Bindung, ein gezieltes Suchen und Finden kann ein Wandel gelingen – davon ist sie überzeugt. Das alles hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun: „Ich vermittele den Talenten: Ich bin an dir als Person interessiert, nicht als Arbeitskraft“, so Stefanie Rast.

„Wir finden die Talente bei uns, in unseren Einrichtungen, viel geht eben über den Austausch“, berichtet auch Anja van der Mee. Und erzählt von jungen Kräften, die als Praktikanten kamen und vielleicht als Erzieher gehen, die sich einbringen – deren Interesse und Fähigkeiten aber gleichermaßen auch gesehen und gefördert werden. Denn häufig, da sind sich Stefanie Rast und Anja van der Mee einig, bekomme der Nachwuchs gar nicht gespiegelt, wie gut er ist, was er am besten kann und was eben nicht. „Zu oft liegt der Fokus auf den Schulnoten“, weiß Stefanie Rast.

Bildungsdezernentin Anne Heselhaus sieht eine Bildungskette, „die funktioniert“. Dadurch, dass man „die Bereiche miteinander verbindet, dass die Übergaben fließend sind“ – der direkte Kontakt da ist, zusätzlich eben jene Bindung, die möglich macht, die Begabungen zu entdecken, sie zu begleiten, zu sehen und Antworten zu finden auf die Frage: „Wo liegen die Talente tatsächlich?“

Das Projekt Talentscout ist mit Beginn des Kindergartenjahres in diesem Sommer an den Start gegangen. Mit dabei sind neben dem Familienzentrum Talentzwerge an der Bochumer Straße zwei weitere Einrichtungen: Die Kita Schulstraße in Erle und die Kita Schweizer Dorf in der Altstadt. Hier sollen vor allem Praktikanten, aber auch weitere Nachwuchskräfte eng begleitet werden. Läuft das Projekt gut an, soll, so ist der Plan, das Thema Talentscouting auf weitere Gekita-Einrichtungen ausgeweitet werden.