Gelsenkirchen. Das Bildungsprojekt „!Stage“ zählt zur DNA des Gelsenkirchener Consol-Theaters. Der neue Jahrgang hat begonnen. Noch sind einige Plätze frei.
Yogamatten liegen im Bühnenraum des Gelsenkirchener Consol-Theaters. Die jungen Leute, die nun auf den Rängen sitzen und sich unterhalten, haben kurz zuvor noch ein paar Bewegungs-Improvisationen und Entspannungsübungen gemacht. Noch läuft so etwas wie eine erweiterte Kennenlernphase am Theater. Anfang Oktober hat dort „!Stage“ begonnen. Zum 22. Mal werden junge Erwachsene gemeinsam eine Theaterproduktion erarbeiten. Und fürs Leben lernen.
„!Stage“ ist für Teilnehmer aus Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop
„!Stage“, das ist klar, kann, muss aber nicht allein auf die Bühne führen. Das Consol-Angebot ist nicht von ungefähr über zehn Monate Laufzeit als „berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme“ angelegt, die seit gut 16 Jahren für Teilnehmende aus dem Städtedreieck Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop von der Arbeitsagentur finanziert wird. Die Arbeitsfelder sind entsprechend groß. Schauspiel gehört selbstverständlich dazu, aber eben auch Bühnenbild, Licht- und Tontechnik, Sprachunterricht, Tischlerei, Masken- und Kostümbild. „Ich will was Kreatives machen“, steht für Adriana fest. „Mit Theater, aber eher im Hintergrund.“ Eine Perspektive wäre für sie die „Ausbildung zur Maskenbildnerin“.
Adriana ist mit 17 Jahren die jüngste Jahrgangs-Teilnehmerin. Maximal 25 Jahre dürfen die Stage-Akteure sein. Ein paar haben schon etwas Schauspielerfahrung, manche kennen das Consol-Theater, andere hatten noch keine Berührungspunkte mit der Kulturszene. Für Ulrike Brockerhoff, die den 22., aktuellen Stage-Jahrgang wie schon so viele zuvor seit 2006 leitet, ist das Consol-Projekt ein Stück weit Schule fürs Leben. „Wir haben Kapazitäten für 16 Teilnehmende, die im Prinzip in Vollzeit bei uns sind.“ Gefordert und geformt würden sie künstlerisch, aber ebenso in ihrer Persönlichkeit. Ziel von „!Stage“ ist zunächst die gemeinsame, abschließende Theaterproduktion, aber letztlich die berufliche Orientierung und die Vermittlung in eine den individuellen Neigungen entsprechende Ausbildung oder ein Studium.
Verschiedene Bildungsabschlüsse und Persönlichkeiten kommen zusammen
Wie auch in der Vergangenheit ist der aktuelle Jahrgang „eine sehr heterogene Gruppe. Sehr viele verschiedene Bildungsabschlüsse und Persönlichkeiten kommen zusammen“, sagt Consol-Leiter Georg Kentrup. Zunächst, so Kentrup, gehe es darum, den jungen Leuten ein Stück weit „Struktur zu geben“, Verlässlichkeit für den Berufsalltag zu üben. „Der Unterstützungsbedarf ist da“, findet Brockerhoff. Gerade die Corona-Jahre hätten Spuren hinterlassen, sind sich Brockerhoff und Kentrup einig: „Die Zeit hat das Sozialverhalten bei vielen Jugendlichen beeinflusst. Das merken wir auch an anderer Stelle bei unserer Arbeit. Viele haben allein zu Hause gesessen, manche sind in die soziale Isolation gegangen. Die müssen erst einmal wieder Kontakte aushalten, auch in der Gruppe. Immerhin: Kentrup spürt „einen großen Nachholbedarf, etwas gemeinsam auszuprobieren, sich auszuprobieren. Das merken wir auch an unseren anderen Gruppen im Haus.“
Noch Nachrückerplätze zu besetzen
Seit 2001 haben rund 250 junge Erwachsene an „!Stage“ teilgenommen.
Die zunehmend gute Situation auf dem Ausbildungsmarkt hat Folgen für das Projekt: „Wir hatten sehr viele Bewerber auf der Liste der Agentur für Arbeit“, sagt Ulrike Brockerhoff. „Aber viele haben noch einen Ausbildungsplatz bekommen.“ Einen Monat nach dem Start gibt es noch Vakanzen. Zwei, drei Teilnehmer könnten noch einsteigen.
Kontakt zum Consol-Theater: 0209 800 8990. Die Bewerbung läuft über die Agentur für Arbeit. Ansprechpartner dort ist Harald Riße, 0209 164 264
Die ersten gemeinsamen Wochen im Haus, da sind sich alle im Theatersaal einig, „waren gut“. Im Vergleich zur Schule sei es „es hier viel entspannter, offener. Man kann über alles reden. Es ist toll, dass man nicht benotet wird. Hier steckt kein Zwang hinter allem. Wir können uns in einem sicheren Raum ausprobieren“, sagt Adriana. Und „hinter die Kulissen zu sehen, ist einfach interessant“.
„!Stage“ bietet die Chance, „Sicherheit für die Zukunft zu bekommen“
Ben, 20, hat sein Freiwilliges Soziales Jahr abgebrochen, ist via Arbeitsagentur auf Consol gelandet und zählt nun zu den vier jungen Männern im aktuellen Stage-Projekt. Andere haben Schule oder Berufskolleg gerade hinter sich und sind in einer Orientierungsphase. „!Stage“, glaubt Eva, biete ihr die Chance, „Sicherheit für die Zukunft zu bekommen“. Wobei die Berufsvorstellungen der 20-Jährigen aktuell noch eine deutliche Spannweite haben: „Entweder Sozialarbeiterin oder Regisseurin.“
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„Theater klingt erstmal toll. Aber dahinter steckt so viel Arbeit“, sagt eine Teilnehmerin. Vor allem Arbeit jenseits der Bühne. Wer gehört zum Betrieb, was machen die einzelnen Personen, was passiert im Rahmen einer Produktion, wie arbeitet so ein Haus generell? All das können die Stage-Teilnehmer in den kommenden Monaten kennenlernen. Und sie werden dabei auch viel über sich erfahren. Über ihre Talente, Fähigkeiten, mögliche Berufsziele. „Wir haben in den ersten Wochen schon so viel Neues ausprobiert, gerade in Richtung Tanz“,sagt Larissa (18). „Die Zeit geht unfassbar schnell um.“