Gelsenkirchen. Sie wollten ein Theater für Kinder und Jugendliche in Gelsenkirchen etablieren. Das ist den Machern des Consol-Theaters nachhaltig geglückt.
Die Feierlichkeiten zum runden Geburtstag im vergangenen September hielten sich aufgrund der Corona-Pandemie noch in engen Grenzen. Deshalb hat die Führungsriege des Consol-Theaters entschieden, das 20-jährige Bestehen des Hauses im Verlauf der gesamten Spielzeit 2021/22 zu würdigen. „Denn es ist wirklich nicht selbstverständlich“, stellt Theater-Leiterin Andrea Kramer fest, „dass so ein Haus eine solch lange Zeit durchhält“.
Ohne planbare Förderungen stets finanziell über die Runden gekommen
Gemeinsam mit Kramer und Georg Kentrup, der zweite von insgesamt drei Theater-Leitern, wollen wir nun mit etwas Abstand zurückblicken auf diese bewegenden 20 Jahre, die vor allem durch zwei Dinge geprägt waren: 1.) der Hingabe des gesamten Consol-Teams, immer wieder nach neuen Zugängen zu suchen, damit das Theater für ein vornehmlich junges Publikum spannend und abwechslungsreich bleibt. Und 2.) die Kunst, auch ohne planbare Förderungen in jedem Jahr finanziell über die Runden zu kommen.
Ein kurzer Blick zurück: Die Keimzelle des Consol-Theaters an der Bismarckstraße ist das „Forum Kunstvereint“, gegründet im Jahr 1989 durch den Musiker Michael Gees. Bis heute ist das der Trägerverein, der das Haus finanziell und personell am Laufen hält. Gees zählte gemeinsam mit Wolfgang Wehlau, Christiane Freudig, André Wülfing und Andrea Kramer auch zum Gründungs- und ersten Führungsteam des Consol-Theaters, das am 1. September 2001 feierlich eröffnet wurde. „Und wir fünf engagieren uns hier bis heute“, so Kramer.
Umbau der früheren Zechen-Maschinenhalle zum Theater dauerte über zwei Jahre
Seine Heimat hat das Theater in jenem früheren Zechen-Gebäude in Bismarck gefunden, in dem einst die Maschinenhalle samt Lüfter auf Consol untergebracht waren. „Die Umbauarbeiten haben rund zwei Jahre gedauert. Und bei der Eröffnung waren sie auch noch nicht vollständig abgeschlossen“, erzählt Kentrup, der 2007 zum Team dazustieß und seit 2012 eine Leitungsfunktion innehat. Beim Umbau wurde darauf geachtet, die Bergbau-Historie des Hauses nicht zu verbergen. „Das wollten wir aus Respekt vor der Arbeit, die hier zuvor von den Menschen geleistet wurde“, so Kentrup.
Doch auch anderweitig ist die Stadtgeschichte in diesem Hause sehr präsent, ohne sie nostalgisch zu verklären. So wurde auf dem Boden der „Kellerbar“ im Untergeschoss jenes alte Parkett verlegt, das vorher das Hans-Sachs-Haus schmückte. Als dort die umfassenden Umbauarbeiten begannen, landete das alte Parkett eben nicht auf dem Müll – sondern im Consol-Theater. „Dieses Prinzip von Erhalt und Nachhaltigkeit spielt bei uns auch im heutigen Alltag eine große Rolle“, betont Kentrup.
Zu Rückblicken gehören immer auch Zahlen: Rund 50 Produktionen hat das Consol-Team in den zurückliegenden 20 Jahren in Eigenregie gestemmt. Hinzu kamen laut Andrea Kramer rund 140 Stücke der „Volxbühne“, in der sich Hobby- und Laienschauspieler jeglichen Alters ausprobieren können. In besagter „Kellerbar“ haben laut Kentrup zudem rund 500 Veranstaltungen stattgefunden. Die Palette reicht von Jazzkonzerten über Erzählabende bis hin zu Diskussionsrunden.
Enge Bindungen zu den Schulen in ganz Gelsenkirchen
Besonders stolz ist das Leitungsteam des Consol-Theaters, zu dem neben Kramer und Kentrup auch Christiane Freudig als Geschäftsführerin zählt, auf die enge Bindung zu den Schulen der Stadt. Allein in Bismarck gibt es rund ein Dutzend. Und die Klassen aus dem Heimatstadtteil des Theaters zählen natürlich zu den treuesten Stammgästen. Es kämen mehr Schülerinnen und Schüler aus dem Stadtsüden, weiß Kentrup. „Wir haben aber auch viele Verbindungen in den Norden – etwa zu Schulen in Erle, Buer oder Beckhausen“, so Kentrup.
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Das Theater sei aber heute nicht nur eine bei Jung und Alt beliebte Kultur-Spielstätte, betont Kramer, sondern es sei auch ein beliebter Treffpunkt für die Menschen im Stadtteil. „Auf diesem riesigen Gelände sind wir heute die einzige hauptamtliche Einrichtung. Für manche Menschen sind wir auch Ansprechpartner für unterschiedlichste Belange des Lebens geworden, eine Art Kummerkasten“, so Kentrup. Das zähle zwar nicht zu den originären Aufgaben des Hauses, gemacht werde es trotzdem.
Die große Beliebtheit ist auch an den Besucherzahlen ablesbar. Vor Pandemie-Ausbruch kamen in der Spitze bis zu 15.000 pro Spielzeit. „Wir werden schon bald Gast Nummer 260.000 bei uns begrüßen dürfen“, sagt Kentrup, der mit einem Augenzwinkern hinzufügt: „Dann war quasi jeder Bürger dieser Stadt einmal im Consol-Theater.“ Was denn das Geheimnis dieses Erfolges sei? Da antwortet Andrea Kramer: „Wir wollten damals bei der Gründung einfach nur machen – und das voller Leidenschaft. Und das ist bis heute so geblieben.“
Zahlen, Daten und Fakten zum 20-jährigen Bestehen
Der runde Geburtstag des Consol-Theaters wurde in diesem Jahr bereits im Rahmen eines kleinen Festaktes gefeiert. Am 21. Mai trafen sich über 100 langjährige Wegbegleiter des Hauses mit treuen Stammkunden, Nachbarn, Theaterpädagogen, Schauspielern und vielen Teilnehmenden aus früheren „Volxbühnen“-Projekten. OB Karin Welge und die Theater-Leitung dankten damals auch den vielen Unterstützern des Hauses, die sich teils seit der ersten Stunde vorbildlich engagieren.
Zu den erfolgreichsten Produktionen der vergangenen 20 Jahre zählt zweifelsohne „Die zweite Prinzessin“. Das Stück wurde weit über 100 Mal gespielt und war die erste Produktion des Consol-Theaters, die sich gezielt an ein Publikum im Kindergarten-Alter richtete. Ein Dauerbrenner war auch „Nathan“, von 2007 bis 2018 dauerhaft auf dem Spielplan. Und seit 2021 wird es nun wieder gezeigt.
Erwähnenswert ist auch das Stück „Blutrote Schuhe“ (2006): Als deutschsprachige Erstaufführung wurde die Produktion mit zahlreichen Auszeichnungen wie dem „Grand Prix für die beste Inszenierung“ geehrt und auf internationale Theaterfestivals eingeladen. Das Produktionsteam um Regisseurin Andrea Kramer reiste etwa nach Okinawa, Dänemark, Warschau und Belgrad. Das Consol-Theater durfte sich über zahlreiche weitere Auszeichnungen freuen – zuletzt 2021 für das Stück „Löwenherzen“.