Gelsenkirchen/Essen/Duisburg. Eine vermeintliche Schlägerei zwischen Schalke-Fans und RWE-Anhängern soll in Wirklichkeit eine brutale Jagd in Duisburg und Essen gewesen sein.

„Schlägerei zwischen zwei Fanlagern am Hauptbahnhof Essen“ - so war die Pressemitteilung der Essener Polizei überschrieben, die über einen Vorfall am Sonntagabend im dortigen Hauptbahnhof berichtete. Nach Angaben der Behörde seien in der Spitze etwa 50 Personen an einer gewaltsamen Auseinandersetzung beteiligt gewesen.

Weiter heißt es: „Bei den mutmaßlichen Schlägern soll es sich nach ersten Erkenntnissen um Personen aus den Fanlagern von Rot-Weiss Essen und Schalke 04 handeln. Als Bundespolizisten in die Auseinandersetzung eingriffen, wurden sie ebenfalls attackiert. Zwei Beamte wurden hierbei leicht verletzt.“ Was sich zunächst wie eine Schlägerei verfeindeter Fanlager liest, sei in Wirklichkeit aber eine Hetzjagd von bis zu 100 RWE-Hooligans gewesen, wie ein Polizist berichtet, der Kenntnis über den „tatsächlichen Verlauf“ hat, wie er sagt.

RWE-Hooligans verprügeln Schalke-Fan im Duisburger Hauptbahnhof

Demnach hätten schon am Duisburger Hauptbahnhof Essener Fans, die auf der Rückreise vom verlorenen Auswärtsspiel in Wiesbaden waren, einen 18-jährigen Schalke-Fan brutal verprügelt. Die RWE-Fans seien in einer Gruppe von rund 50 Personen gewesen, die teilweise vermummt waren. Drei unbekannte Täter aus dieser Fangruppe schubsten, traten und schlugen dem 18-Jährigen gemeinschaftlich gegen Kopf, Oberkörper und Beine. Anschließend entwendeten sie dem jungen Mann seinen Fanschal sowie eine Mütze und setzten ihren Weg fort.

Der Überfall wurde von den Überwachungskameras im Hauptbahnhof gefilmt, die Aufnahmen werden ausgewertet, die Ermittlungen laufen, bestätigt eine Sprecherin der Polizei Duisburg auf Nachfrage.

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Die gewalttätigen RWE-Fans hätten dann ihre Fahrt nach Essen fortgesetzt und im dortigen Hauptbahnhof mit noch mehr gewaltsuchenden Personen als schon zuvor in Duisburg „Jagd nach allem gemacht, was blau-weiß trägt. Von einer Schlägerei zwischen zwei Fanlagern kann also überhaupt nicht die Rede sein“, so ein Polizist. An zwei Stellen seien jeweils zwei junge Schalke-Fans dem Mob zum Opfer gefallen.

Tatsächlich wurden dabei aber auch – wie zuvor von der Essener Polizei berichtet – Bundespolizisten leicht verletzt, die den überfallenen Schalkern zur Hilfe eilten.

Als ein Großteil der Essener Gewalttäter in die Innenstadt floh, nahm die Landespolizei die Verfolgung auf und konnte nach eigenen Angaben 16 Personen in Gewahrsam nehmen.

Die Polizei Essen korrigierte dann am Dienstagnachmittag auf WAZ-Nachfrage ihre ursprüngliche Darstellung. Es habe sich inzwischen herausgestellt, dass RWE-Anhänger der Kategorie Problemfans im Essener Hauptbahnhof auf „normale“ Schalker losgegangen seien. Es habe sich nicht um eine klassische Schlägerei zweier großer Fan-Gruppen gehandelt. Dies legten inzwischen Videoaufnahme nahe, die nun akribisch ausgewertet werden sollen, um die gewalttätigen Angreifer identifizieren zu können. Zu diesem Zweck bündeln szenekundige Beamte aus Gelsenkirchen, Duisburg und Essen ihre Ermittlungskompetenzen.

Rot-Weiss Essen schätzt rund 130 seiner Fans als problematisch ein

Immer wieder fallen Anhänger von Rot-Weiss Essen negativ auf. Beim Topspiel zwischen Rot-Weiss Essen und Preußen Münster im Februar diesen Jahres sind zwei Spieler der Gäste vor der Stehplatz-Kurve der Essener von einem Feuerwerkskörper verletzt worden. Die beiden Ersatzspieler der Preußen, die sich vor dem RWE-Block aufwärmten, hatten Schmerzen an den Ohren und mussten behandelt werden. Auch der Athletiktrainer der Preußen wurde verletzt. Der Täter wurde später verurteilt, doch der Vorfall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Rot-Weiss Essen schätzt rund 130 seiner Fans als problematisch ein, darunter Alt-Hooligans, Rocker und Kampfsportler.

Der Vorstandsvorsitzende von Rot-Weiss Essen, Marcus Uhlig räumte später ein, dass sie da seien, die „Alt-Hooligans“ mit mehrheitlich rechter Gesinnung. Drei Gruppen, etwa 60 Personen zählend, versammeln sich regelmäßig bei Heimspielen in Block W1 der Westtribüne, wo sie das Recht des Stärkeren für sich in Anspruch nehmen. Es gebe Verbindungen zu den „Steeler Jungs“, zum Rockermilieu, zur Kampfsportszene und zur organisierten Kriminalität.