Gelsenkirchen-Buer. Stadträume neu denken, neu gestalten, das ist der Ansatz eines Experimentes, das die „Insane Urban Cowboys” in Gelsenkirchen-Buer durchführen
Neues braucht Räume. Neue Räume. Oder altbekannte, die man ganz neu erleben kann. Um die Möglichkeiten zu sehen, die sie bieten. Um einfach mal die Perspektive zu wechseln. Das macht der „Urbanusherbst” möglich: Ein Teil der Hagenstraße, die Sackgasse vis-a-vis zur alten Post, ist für drei Wochen keine Parkstraße. Sie ist ein Raum für Leben, für Kultur – und für gute Ideen.
„Es ist ganz ausdrücklich kein Festival”, erklärt Roman Milenski, Vorstandsmitglied der „Insane Urban Cowboys”. Auch wenn es ein Begleitprogramm gibt. Das jedoch ist mehr als Beispiel zu verstehen und als Einladung. Als Beispiel für das, was möglich ist. Und als Einladung an Menschen, sich einzubringen. Zahlreiche Zeitfenster nämlich sind noch frei und offen für kreative Köpfe und engagierte Bürgerinnen und Bürger die Lust haben, ihre Stadt zu gestalten, sie neu zu denken. Möglich ist fast alles, vom gemeinsamen Stadtteilfrühstück bis hin zum kleinen Konzert oder einem Schauspiel. „Man kann auch einfach kommen, sich hinsetzen, ohne dass etwas passiert”, so Milenski. Die aufgebauten mobilen Möbel, kleine Inseln für mehr Miteinander, laden zum Verweilen ein.
Impuls kam vom Referat Verkehr der Stadt Gelsenkirchen
Der Impuls zu diesem gelebten Experiment geht auf das Referat Verkehr der Stadt Gelsenkirchen zurück. Es mietete vor einiger Zeit die „Stadt-Terrassen” beim Land an, beauftragte zugleich die „Insane Urban Cowboys” damit, den neuen Raum zu bespielen. Auch die Wirtschaftsförderung ist involviert. „Denn eines ist doch klar, egal, was wir machen, die Innenstädte werden langfristig keine Einkaufsräume mehr sein können”, so Milenski. Dafür sei der Handel zu sehr im Wandel. Innenstädte müssten somit mehr zu Lebensräumen werden.
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Dass das alles für manch einen ungewohnt ist, wissen die Akteure gut. Dass heute, am ersten Tag, an dem es zudem noch regelmäßig regnet, noch lange nicht zu beurteilen ist, ob das Experiment erfolgreich ist, wissen sie auch. Daher bleiben sie auch ruhig in Anbetracht der Situation: Kaum jemand kommt, um zu bleiben. Immerhin, einige schlendern neugierig die Straße entlang. Jene aber, die sich einlassen, sind gleich begeistert. Zumal der Wein, den hier die „Weinzeche” aus Essen-Kray ausschenkt, sie von innen wärmt.
Besucher kommen auch aus den Nachbarstädten
„Das ist ein cooler Ansatz”, ist Jasmin Lemke begeistert, die sogar aus Herne gekommen ist. So sieht es auch Meike Plazanic. „Eine gute Idee. Auch wenn es im Sommer sicherlich repräsentativer gewesen wäre. Aber man sieht ja donnerstags, was hier los ist. Die Leute wollen solche Angebote.” Ob sie sich vorstellen kann, sich auch selbst einzubringen in solch einen Ort? „Wenn das Engagement dann auch Früchte trägt, es nicht immer wieder Widerstände gibt, kann ich mir das vorstellen.”
Auch Claus Buddeberg ist angetan. Er ist gezielt aus Westerholt gekommen. „Ich finde das gut, frage mich aber, was die Anwohner dazu sagen. Aber als erweiterte Fußgängerzone kann ich mir diesen Raum gut vorstellen.” Eine solche Umwandlung von Parkraum sei zeitgemäß. „Ich würde wiederkommen.”
Palmen in Kübeln: Wunsch nach mehr Grün
Mitmachen ist erwünscht
Wer sich ins Programm einbringen möchte, kann sich melden unter info@insaneurbancowboys.de. Das bislang geplante Begleitprogramm findet sich online unter www.urbanus-herbst.de.
Die „Insane Urban Cowboys” begleiten und dokumentieren die drei Wochen, schreiben danach einen Abschlussbericht, der an die Stadt geht. Wie es dann weitergeht, ist noch ungeklärt. Denkbar wäre ein Austausch mit Akteuren und Bürgerinnen und Bürgern um die Chancen und Möglichkeiten auszuloten. Diese Entscheidung jedoch liege bei der Stadt.
Neugierig kommt auch der nächste Gast zum Spielort. Willi Weßels, Bueraner und einer der Köpfe der Stadtmarketinggesellschaft. „Der Ansatz ist super, über den Zeitpunkt kann man sicher diskutieren.” Er hat schon Ideen, sollte das Konzept an dieser Stelle Schule machen. „Wenn man hier mehr Grün hätte, vielleicht ein paar Palmen in Kübeln, könnte man eine großartige Atmosphäre schaffen, die für das Quartier ein echter Gewinn ist. Und eine gute Möglichkeit für die Menschen, die hier leben, einander besser kennenzulernen.”
Der Start ist nun geschafft. Jetzt kommt es auf die Bueranerinnen und Bueraner an. „Wer sich inspiriert fühlt, soll sich gern melden”, sagt Ole-Kristian Heyer von den „Insane Urban Cowboys”. Er unterstreicht die Einladung: „Wir wollen diesen Raum kollektiv neu entdecken.”