Gelsenkirchen-Schaffrath. Auf früherem Kirchengrund sollen in Gelsenkirchen-Schaffrath Eigenheime entstehen. Warum die Grünen das Verfahren im Rat noch bremsen wollten.

5900 Quadratmeter groß ist das Gelände der Heilig-Geist-Kirche in Schaffrath. Es gehörte der katholischen Kirche. Das Gotteshaus, seit 2019 geschlossen, soll abgerissen werden, die benachbarte Kita ebenso. Ein Kölner Investor hat das Grundstück erworben, er will „bezahlbares Wohnen in Stadtlage“ realisieren. Im Rat der Stadt Gelsenkirchen versuchten die Grünen jetzt, das angeschobene Bebauungsplanverfahren noch einmal auszusetzen – um der Verwaltung eine Denkpause zu ermöglichen und die „grundsätzlichen Planziele noch einmal zu bearbeiten“. Ihr Antrag scheiterte.

Deutsche Reihenhaus ASG plant in Gelsenkirchen den Bau von 24 Eigenheimen

In der Bezirksvertretung West und zuletzt im Stadtplanungsausschuss wurde dem Aufstellungsbeschluss, der ersten Stufe im Bebauungsplanverfahren, bereits jeweils mehrheitlich zugestimmt. Die Deutsche Reihenhaus AG (DRH) plant an der Giebelstraße den Bau von 24 Reihenhäusern mit jeweils 145 Quadratmetern Wohnfläche. Die zweigruppige Kita muss weichen, an der Braukämperstraße soll als Ersatz eine größere Kindertagesstätte mit fünf Gruppen für 100 Kinder entstehen.

Grüne: Stadtplanung muss nicht nur den Interessen eines Investors hinterherlaufen

Für die Grünen galt es, die Planziele noch einmal „ambitionierter“ zu überarbeiten, beispielsweise mit Blick auf die Ansiedlung eines Lebensmittelangebots für Schaffrath, die Sicherung des wohnortnahen Kita-Platzangebots im Ortsteil, ergänzt werden könnten sie um Geschosswohnungsbau über einem Lebensmittelmarkt und generell erweitert um die Festsetzung einer klimaneutralen Bebauung.

Die katholische Kirche trennt sich von der Kirche Heilig Geist und der zweizügigen Kita in Schaffrath. Das Gelände wurde verkauft, das Gotteshaus bereits 2018 geschlossen.
Die katholische Kirche trennt sich von der Kirche Heilig Geist und der zweizügigen Kita in Schaffrath. Das Gelände wurde verkauft, das Gotteshaus bereits 2018 geschlossen. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Die Stadtverordneten Burkhard Wüllscheidt und Mirko Kranefeld warben daher in der Sitzung massiv dafür, „den Aufstellungsbeschluss noch nicht zu verabschieden“, appellierten gar an Stadtdechant Markus Pottbäcker, „sich persönlich dafür einzusetzen, dass nicht nur reine Wohnungsbebauung umgesetzt wird,“ auch wenn dies für einen Investor am lukrativsten sei. „Wir sagen, Stadtplanung muss nicht nur den Interessen eines Investors hinterherlaufen, sondern muss auch Ziele eines Stadtteils berücksichtigen“, erklärte Wüllscheidt und kritisierte die Prioritäten der Verwaltung. Sie sähen „1. Reihenhäuser, 2. Reihenhäuser und 3. Reihenhäuser“ vor.

CDU: Ehrenwerte Ziele – aber auf der Fläche nicht realisierbar

Sich den Realitäten zu stellen, empfahlen CDU, SPD, aber auch FDP und WIN. „Das sind ehrenwerte Ziele, aber sie sind nicht umsetzungsfähig und auf der vorhandenen Fläche auch nicht realisierbar“, betonte Malte Stuckmann für die CDU. Die SPD-Stadtverordnete Silke Ossowski stellte fest: „Natürlich hätten wir auch gerne eine Kita vor Ort und für die Anwohner in Schaffrath einen Lebensmittelmarkt“, allein, kein Investor könne gezwungen werden, beides zu bauen. Die FDP ist zwar dagegen, die Kita zur Braukämperstraße zu verlegen, doch der Antrag der Grünen ging ihr zu weit. Ralf-Robert Hundt: „Es gibt keinen Discounter, der Interesse am Standort hätte.“ Manfred Rose, SPD-Stadtverordneter für Beckhausen und Schaffrath-West bestätigte das als Erkenntnis aus zahlreichen Gesprächen, die in der Sache geführt worden seien, ebenso die Verwaltung: Sie hält die Chance, dass sich ein Marktbetreiber für den Standort findet, für „extrem gering“.

In Schaffrath gibt es noch einen Lebensmittelmarkt

Dass überhaupt ein größerer Bedarf für einen Nahversorger bestehe, hinterfragte Ali-Riza Akyol. Vor Ort, so der WIN-Stadtverordnete, gäbe es ja durchaus Einzelhandel, auch einen Lebensmittelmarkt am früheren Rewe-Standort an der Giebelstraße 9. Der 2019 eröffnete Laden sei ausgerichtet auf russische, polnische und deutsche Spezialitäten, nutze aber einen Großteil seiner Handelsfläche nicht. Auch die alte Vorkassenbäckerei im Ladenlokal stehe leer.

Wir taggen GElsen: Videos und Bilder aus Gelsenkirchen finden Sie auch auf unserem Instagram-Kanal GEtaggt. Oder besuchen Sie die WAZ Gelsenkirchen auf Facebook.

Das „Wünsch-dir-was“ zu beenden, forderte Rose. CDU-Fraktionschef Sascha Kurt versuchte derweil, die Kritik der Grünen, aber auch der Linken einzufangen: In der Ratssitzung, stellte er fest, werde eine „Debatte geführt, die etwas Falsches suggeriert. Es ist ja mitnichten so, dass wir heute zwischen entweder oder entscheiden.“ Diese Sicht bekräftigte auch Oberbürgermeisterin Karin Welge, bekräftigt von der Verwaltung. „Wir vertun uns nichts mit dem Aufstellungsbeschluss. Noch ist alles offen.“ Geplant werde ein allgemeines Wohngebiet, so Stadtplaner Thomas Robbin. „In dem Rahmen wäre aber auch eine Kita zulässig.“