Gelsenkirchen. „Unbefriedigende Lage“: Immer wieder gibt’s Ärger, Unmut über den Zustand der öffentlichen WCs in Gelsenkirchen. Das große Problem: Vandalismus.

„Die Lage ist nach wie vor unbefriedigend“ – mit diesen Worten bewertet Wilfried Reckert die Situation rund um die öffentlichen Toiletten und das WC-Angebot im Allgemeinen. Und damit ist der Seniorenvertreter im Generationennetz Gelsenkirchen nicht allein. Immer wieder gibt es Ärger und Unmut über die Zustände der WCs, eines der größten Probleme, vor dem die Stadt und auch Gelsendienste stehen: Vandalismus. Eine Lösung dafür gibt es – nicht wirklich.

Öffentliche Toiletten in Gelsenkirchen: immer wieder Probleme mit Vandalismus

Zuletzt hatte es die Anlage am Heinrich-König-Platz getroffen. Wieder einmal, denn gefühlt regelmäßigen Abständen ist diese schlicht nicht nutzbar. Einige Wochen war sie zuletzt außer Betrieb, wurde wieder in Stand gesetzt, musste dann aber erneut geschlossen werden. Das Schloss war defekt, die Toilette wurde daraufhin von Hand aufgeschlossen, wie Stadtsprecher Martin Schulmann berichtet. Und das zum eigentlich ungünstigsten Zeitpunkt, als Pop-up-Biergarten und Open-Air-Kino den Sommer in die Stadt brachten. Mit Stand Freitagvormittag sei die Toilette in der City einwandfrei in Betrieb, so Schulmann.

Gelsenkirchens Last mit den stillen Örtchen: Die öffentliche Toilette auf dem Heinrich-König-Platz ist immer wieder defekt, weil Geldautomat und/oder Interieur beschädigt werden.
Gelsenkirchens Last mit den stillen Örtchen: Die öffentliche Toilette auf dem Heinrich-König-Platz ist immer wieder defekt, weil Geldautomat und/oder Interieur beschädigt werden. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Im März 2020 hatte die Stadt einen Flyer aufgelegt: Dort sind alle öffentlichen Toiletten in der City, den einzelnen Stadtteilen und den Friedhöfen mit genauer Adresse und den Öffnungszeiten aufgelistet. Insgesamt 32 dieser Anlagen gibt es, elf von ihnen befinden sich auf Friedhöfen. Von den 21 WCs im Stadtgebiet sei eine einzige, die Anlage Springemarkt in Buer – „aus bekannten Problemen mit dem Investor der Markthalle Buer“, so die Stadt – nicht in Betrieb.

Am Beispiel der Anlage am HKP werde sehr deutlich, dass „Vandalismus aber auch Missbrauch durch Obdachlose und Drogenkonsumenten ein sehr großes Problem darstellt“, heißt es aus der Stadtverwaltung. Dabei sei Vandalismus leider auch auf den meisten Friedhöfen ein großes Thema. „Das reicht von mutwillig mit Papier verstopften Toiletten über massive Verunreinigungen bis hin zum Zerschlagen von ganzen Einrichtungen wie Waschbecken und Toilettentöpfen.“

Das kann Tobias Heyne, Sprecher der Gelsendienste, bestätigen: Dass es auch auf den Friedhöfen zu bewussten Zerstörungen kommt, sei nichts Neues. Bis vor Kurzem waren die Toiletten auf dem Friedhof an der Harpenstraße in Beckhausen-Sutum geschlossen. „Dort wurden alle Kabinentüren eingetreten“, berichtet Tobias Heyne, mit „roher Gewalt“. Nach Heynes Schätzungen ist dadurch ein Schaden in vierstelliger Höhe entstanden. Mittlerweile können die Toiletten wieder genutzt werden.

Keine Chance also auf Erleichterung: Blinde Zerstörungswut ist ein Grund, warum immer wieder Menschen mit dringendem Bedürfnis vor verschlossenen Türen stehen. In Zeiten der Lockdowns war die Situation noch komplizierter: Durch die angeordnete Schließung der Gastronomie zum Beispiel fehlten Alternativen, unangenehm, nicht nur für Menschen mit Blasen- oder Darmerkrankungen.

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Das hat sich bekanntlich gelegt, doch der Seniorenvertreter aus dem Quartiersnetz Buer-Ost, Wilfried Reckert, sieht die Toiletten-Umstände in der Stadt nach wie vor als nicht bewältigtes Problem. „Das ist nichts, was einfach zu lösen ist“, sagt er und verweist auf den wachsenden Anteil älterer Menschen. Viele, so seine Erfahrung, sagen sich aufgrund der Umstände: „Ich traue mir einen Gang in die Stadt nicht zu“. Und er macht deutlich: „Wir fragen uns, wie unsere Innenstädte gerettet werden“ – da gehöre eine so fundamentale Sache wie ein breites Toiletten-Angebot doch mit hinein.

Reckert und weitere Akteure aus der Stadt hatten in der Vergangenheit einen Vorstoß gewagt und die Idee der „Netten Toilette“ ins Spiel gebracht. Das Konzept: Händler oder Gastronomen in der City und in Buer bieten ihre Sanitäranlagen zur öffentlichen Nutzung an. Die Stadt wirkt dabei unterstützend bei der Finanzierung mit, mit einer Art Aufwandsentschädigung. So würde ein flächendeckenderes Angebot an Toiletten entstehen.

Der Idee erteilte die Verwaltung jedoch jüngst eine Absage: „Recherchen bei bereits teilnehmenden Städten haben ergeben, dass das Projekt nur als Ergänzung zu den bestehen öffentlichen Anlagen funktioniert“, heißt es. Der damit verbundene Aufwand sei nicht unerheblich. „Daher wird die Idee zurzeit nicht weiterverfolgt.“

Reckert widerspricht: „Die Idee der ,netten Toilette’ ist immer noch eine gute Sache.“ Schließlich sei hier die soziale Kontrolle viel größer, die Hemmschwelle weitaus niedriger, etwas mutwillig zu zerstören.