Gelsenkirchen. Ein Video ist fix gepostet, ein Foto flugs gelikt – und nicht selten mit viel Ärger verbunden. Was ein Gelsenkirchener Anwalt Berufstätigen rät.
Viral gingen die jüngst geleakten Videos der finnischen Premierministerin Sanna Marin, die mit Freundinnen und Freunden ausgelassen tanzte und feierte. Prompt wurde hitzig darüber diskutiert, was man oder frau als Person des öffentlichen Lebens darf und was nicht. Die Politikerin geriet derart in Bedrängnis, dass sie sogar einen Drogentest machen ließ, um ihr Image wieder aufzupolieren. Fotos und Videos in sozialen Netzwerken haben Sprengkraft. „Unbedachte private Postings können bis zur fristlosen Kündigung und Schadensersatzklagen führen“, warnt der Gelsenkirchener Anwalt Arndt Kempgens. Drei Fragen an ihn.
Was würden solche Partyfotos und -filme für Otto Normalverbraucher bedeuten?
Arndt Kempgens: Arbeitsrechtlich muss zunächst unterschieden werden zwischen „dienstlichem“ und „außerdienstlichem“ Verhalten. Denn Vorgesetzte haben grundsätzlich nur Einfluss auf die geschuldete Arbeitsleistung, also die eigentliche, bezahlte Arbeitszeit. Wer sich im Dienst mit privaten Dingen wie Videos und Fotos befasst, riskiert – unabhängig von deren Inhalt und Form – eine Abmahnung und Kündigung. Arbeitende sind in ihrer Pause oder Freizeit im Grunde genommen vollkommen frei. Es gibt aber Einschränkungen.
Wann drohen einem auch außerhalb des Jobs unangenehme Folgen bei privaten Postings?
Arbeitsrechtliche Konsequenzen drohen dann, wenn sich aus außerdienstlichen privaten Fotos oder Filmen dienstlich relevante und vor allem negative Bezüge herstellen lassen. Das ist der Fall, wenn sich dadurch entweder direktes arbeitsrechtliches Fehlverhalten ergibt oder sich Arbeitende durch ihre Posts als offensichtlich ungeeignet zeigen. Beispielsweise wenn durch das verbotene Tragen von Dienstkleidung das Unternehmen, die Behörde oder die Vorgesetzten verächtlich gemacht werden.
Können Sie Beispiele dafür nennen?
Ich konstruiere mal den Fall eines strippenden Pfarrers. Aber es gibt auch ganz konkrete. So kann etwa auch ein Polizeibewerber, der in privaten Postings homophobe Beiträge lediglich likt, beispielsweise bei einer Karikatur „Mann wischt mit Regenbogenfahne Gesäß ab“ den Gefällt-mir-Button drückt oder ein gegen ihn selbst verhängtes Fahrverbot mir einem Mittelfinger-Emoji kommentiert, als ungeeignet für den Polizeidienst gelten (Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 27. August 2021, 1L 480/21).
Die Begründung dafür ist: Arbeitgebende dürfen öffentlich private Beiträge in den sozialen Netzwerken prüfen und gegebenenfalls arbeitsrechtliche Konsequenzen ziehen, das verstößt nicht gegen das Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Grundgesetz) der Arbeitnehmenden oder gegen Datenschutzrechte.
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Wie lautet daher Ihr Rat bei privaten Postings?
Aufpassen bei Postings, arbeitsrechtliche Konsequenzen sind nicht nur vor dem Einstellungsgespräch möglich, sondern auch danach. Wer trotz Krankenschein Bilder und Videos postet, die ihn oder sie fidel und vergnügt beim Feiern oder Anstoßen zeigen, riskiert eine Abmahnung als Vorstufe zur Kündigung. Zwar bedeutet nicht jede Krankheit den vollkommenen Ausschluss vom Leben drumherum, etwa ein gebrochener Arm, eine vorgegaukelte Erkrankung stellt aber grundsätzlich einen Betrug dar. Und der kann eine fristlose Kündigung, womöglich sogar noch Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Ich denke da an den Fall Gil Ofarim. Der Sänger hatte einen Hotelmitarbeiter beschuldigt, ihn antisemitisch beleidigt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat dafür keine Beweise gefunden – und wirft Ofarim nun Verleumdung vor.