Essen. Gil Ofarim war trotz Anklage wegen Verleumdungsverdachts Teil der RTL-„Passion“. Warum er am Mittwoch dennoch nicht in Essen auf der Bühne stand.

  • RTL hat am Mittwoch, 13. April 2022, „Die Passion“ in Essen als großes Live-TV-Event inszeniert
  • Einen der Jünger Jesu spielte Gil Ofarim
  • Trotz der Verleumdungsvorwürfen gegen Ofarim hielt RTL am Engagement fest
  • Live in Essen aufgetreten ist der Musiker aber nicht

Ist er dabei oder ist er es nicht? Schon Tage vorher wurde im Internet über die Frage diskutiert, ob Gil Ofarim aufgrund der Ereignisse der letzten Wochen und Monate noch an der RTL-Live-Show „Die Passion“ teilnehmen darf, in der am Mittwoch in der Essener Innenstadt das Leiden und Sterben Jesu Christi nachgespielt wird. Schließlich hat die Staatsanwaltschaft Leipzig Ende März Anklage gegen den Musiker und Schauspieler erhoben.

„Bis zu einer Verurteilung“, stellte RTL vorweg noch einmal klar, „gilt für Gil Ofarim die Unschuldsvermutung.“ Deshalb bleibe er auch Teil der Passions-Inszenierung und spiele wie geplant einen der zwölf Jünger.

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Gil Ofarim trat nicht live bei „Die Passion“ in Essen auf

Letztes Abendmahl in Essen: Jesus (Alexander Klaws, 2.v.r.) und seine Jünger, Gil Ofarim ist hinten rechts zu sehen.
Letztes Abendmahl in Essen: Jesus (Alexander Klaws, 2.v.r.) und seine Jünger, Gil Ofarim ist hinten rechts zu sehen. © Foto: RTL / Frank W. Hempel | Das Abendmahl

Auf der Live-Bühne stand er am Mittwoch dennoch nicht. Wie der Sender auf Anfrage mitteilte, waren fast alle Jünger nur in Einspielfilmen zu sehen, die bereits vor über zwei Jahren gedreht wurden.

Eigentlich nämlich sollte die „Die Passion“ bereits zu Ostern 2020 über die Bildschirme flimmern, musste – bedingt durch Corona – zwei Mal verschoben werden. Selbst wenn RTL gewollt hätte: Ohne die Filme kurzfristig neu zu drehen, hätte Ofarim aus der Passion gar nicht verbannt werden können.

Anklage gegen Gil Ofarim nach Antisemitismus-Vorwürfen

Die Staatsanwaltschaft Leipzig wirft dem 39-Jährigen falsche Verdächtigung und Verleumdung vor. Er hatte im Oktober 2021 behauptet, ein Angestellter im Hotel „Westin“ in Leipzig habe ihn antisemitisch beleidigt. In einem auf Instagram verbreiteten Video sagte Ofarim damals, ein Hotelangestellter habe ihn aufgefordert, seine Davidstern-Kette abzunehmen – nur dann lasse er ihn einchecken. Der Beschuldigte wies diese Darstellung zurück, das Hotel entband ihn dennoch zeitweilig von seinen Aufgaben.

Sechs Monate nach dem Vorfall am 4. Oktober teilte die Leipziger Staatsanwaltschaft mit, dass sich der Vorwurf des Antisemitismus nicht erhärten lasse und die Ermittlungen gegen den Hotelmitarbeiter eingestellt werden. Es seien zuvor zahlreiche Zeugen vernommen und die Aufnahmen mehrerer Überwachungskameras im Hotelbereich geprüft worden.

Erklärungsfrist für Gil Ofarim läuft

Das von Gil Ofarim veröffentlichte Video, in dem er einem Hotelmitarbeiter Antisemitismus vorwarf, hatte im Oktober 2021 für Proteste vor dem Hotel in Leipzig ausgelöst.
Das von Gil Ofarim veröffentlichte Video, in dem er einem Hotelmitarbeiter Antisemitismus vorwarf, hatte im Oktober 2021 für Proteste vor dem Hotel in Leipzig ausgelöst. © dpa | Dirk Knofe

Das Geschehen, wie es von Ofarim in seinem veröffentlichten Video geschildert worden ist, habe sich „tatsächlich so nicht ereignet“. Auf den Aufnahmen sei offenkundig keine Kette um den Hals des Sängers zu erkennen. Das Video hatte eine Debatte über Antisemitismus in Deutschland ausgelöst.

Das Landgericht Leipzig wird allerdings erst in einigen Wochen entscheiden, ob es die Anklage gegen den Musiker zulässt. Zunächst läuft für Gil Ofarim eine Erklärungsfrist, in der sich der Künstler und seine Anwälte äußern können.

Dann gibt es mehrere Möglichkeiten. Die zuständige Kammer des Landgerichts kann die Anklage komplett, mit Änderungen oder gar nicht zulassen. Sie kann aber auch entscheiden, dass das Verfahren vor dem Amtsgericht eröffnet wird.