Gelsenkirchen. Welche Kommunen in NRW mit Schrottimmobilien zu kämpfen haben und und welche Stadt dabei noch ganz weit vor Duisburg und Gelsenkirchen liegt.
Wer entlang der Kurt-Schumacher-Straße in Gelsenkirchen-Schalke unterwegs ist, der kann das Schild gar nicht übersehen: „Beseitigung von Problemimmobilien“ steht in Versalien in der Baulücke, in der einst eines von vielen Problemhäusern in der Stadt stand. Und auch an anderen Stellen ist die Stadtverwaltung aktiv, um möglichst viele der heruntergekommenen Häuser aus dem Stadtbild zu entfernen. Zuletzt etwa die Häuser Ferdinandstraße 14, Robergstraße 10 und 12. Die Gebäude waren verwahrlost und das Umfeld vermüllt. Auch im Inneren wiesen sie erhebliche bauliche Mängel wie Feuchtschäden und unbrauchbare Installationen auf.
Möglich geworden ist der Abriss solcher Problemimmobilien durch das Wohnungsaufsichtsgesetz, das im Frühling 2014 in Kraft getreten ist. Mit dem Gesetz soll Menschen in prekären Wohnsituationen geholfen und Problemimmobilien bekämpft werden. Die Städte an Rhein und Ruhr sind allerdings sehr unterschiedlich stark mit dieser Problematik konfrontiert, weshalb Kommunen wie Duisburg oder Gelsenkirchen beispielsweise eigens Arbeitsgruppen (in Duisburg „Task Force“ und in Gelsenkirchen „Interventionsteam EU-Ost“) ins Leben gerufen haben.
So viele Fälle von Problemimmobilien wurden in Gelsenkirchen geprüft
Das NRW-Kommunalministerium hat nun auf Anfrage der AfD-Fraktion, unter anderem durch die Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete, Enxhi Seli-Zacharias, beantwortet, wie oft Immobilien aufgrund des Wohnungsaufsichtsgesetzes in den Jahren 2018 bis 2022 geräumt wurden.
Demnach wurden im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis 30. Juni 2021 landesweit in 2461 Fällen eine „Unbewohnbarkeitserklärung“ geprüft. In Gelsenkirchen seien es demnach im Jahre 2018 326 Fälle gewesen, 2019 waren es 276 und bis Juli 2021 waren es 212 Fälle.
Zu der Anzahl der Gebäude, die letztlich für unbewohnbar erklärt wurden oder die geräumt wurden, lägen der Landesregierung allerdings keine Angaben vor. Ebenso wenig wie zur Anzahl der Personen, die aufgrund der Anordnungen ihre Wohnung verlassen mussten, oder zur Höhe der verhängten Bußgelder.
Zuletzt erklärte die Stadt Gelsenkirchen Ende März, dass sie insgesamt bereits 50 Häuser erworben hat. Viele davon an der Bochumer Straße in Ückendorf, aber auch in anderen Stadtteilen wie Bismarck, Rotthausen und Schalke-Nord. Der Umgang mit diesen Immobilien sei indes schwierig und langwierig, denn die Häuser befänden sich in privatem Besitz. Sofern es möglich ist, Problemhäuser zu kaufen, würden diese je nach Zustand und Lage entweder wieder modernisiert oder abgerissen.
Spitzenreiter in NRW ist Rheda-Wiedenbrück, weit vor Duisburg und Gelsenkirchen
Auffällig ist, dass Städte wie Ahaus, Iserlohn oder Kleve beispielsweise gar keine Prüffälle zu vermelden hatten, während Duisburg und Gelsenkirchen die Tabelle weit vor allen anderen Städten anführen – mit einer Ausnahme: Rheda-Wiedenbrück.
Die in Ostwestfalen-Lippe gelegene Stadt ist Sitz von Europas größtem Fleischverarbeitungsunternehmen, dem von Ex-Schalke-Boss Clemens Tönnies. Tausende Werkvertragsarbeiter aus Rumänien, Bulgarien und Polen leben dort in Problemimmobilien. Die zunehmende Nachfrage nach Wohnraum sei vor Ort vielfach von Investoren ausgenutzt worden, indem Immobilien erworben und ohne Investitionen möglichst gewinnbringend an viele Werkvertragsarbeiter vermietet wurden. „Die Entwicklungen wirkten sich auf unterschiedliche Weise verstärkt negativ auf die Stadt und das Zusammenleben aus, sodass die Stadt zum Handeln gezwungen war“, beschreibt das Ministerium die besondere Problemlage in Rheda-Wiedenbrück in seinem Leitfaden zum Umgang mit Problemimmobilien.