Gelsenkirchen-Buer. Nach drei Jahren verlassen die beiden Inhaber von „Gelsenfruits“ Gelsenkirchen-Buer und ziehen nach Herne. Ihre Bilanz fällt ernüchternd aus.

Ihren letzten Smoothie haben Laura und Andre Kulla am 15. Juli verkauft. „Zu unserer großen Abschiedsparty sind über den ganzen Tag verteilt noch einmal mehr als 500 Gäste gekommen“, sagt Andre Kulla, der gemeinsam mit seiner Frau das Café „Gelsenfruits“ betrieben hat. Vergangenheit, wohlgemerkt, denn der Betrieb ist geschlossen. Am 9. August eröffnen die beiden ein neues Café in Herne, vor dem Umzug in die Nachbarschaft ziehen sie noch einmal Bilanz. Und die fällt ernüchternd aus – sowohl für die Stadt Gelsenkirchen als auch für den Stadtteil Buer.

„Wir können die Entwicklung von Buer nicht gutheißen“, sagt Laura Kulla zunächst noch ein bisschen vorsichtig. „Bei uns hat sich der Eindruck verfestigt, dass man hier auf der Stelle tritt.“

Beide sind mit Gelsenkirchen-Buer eng verbunden

Am 9. August eröffnen Laura und Andre Kulla ihr neues Café in Herne: Dann unter dem Namen „Frutaria“.
Am 9. August eröffnen Laura und Andre Kulla ihr neues Café in Herne: Dann unter dem Namen „Frutaria“. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Im Mai 2019 hatten die beiden, damals noch nicht verheiratet, ihr Café an der Ecke Rottmannsiepe/Ophofstraße eröffnet. Ihr Konzept: Angeboten werden unter anderem Bowls, Bagels und Smoothies. Zielgruppe waren vor allem junge Menschen, Schüler der benachbarten Schulen, aber auch Studenten der Westfälischen Hochschule. Neben dem Café bauten die beiden auch ein Catering-Geschäft auf. Der Standort Buer erschien den beiden logisch. „Ich habe auf dem Leibniz-Gymnasium Abitur gemacht“, sagt Andre Kulla. „Und wir wollten unsere Heimat etwas aufhübschen“, ergänzt Laura Kulla. „Wir haben hier genau die passende Nische gefunden.“

Auch durch die Corona-Lockdowns der vergangenen beiden Jahre sei „Gelsenfruits“ einigermaßen unbeschadet gekommen. „Sehr geholfen hat uns die Aktion der Schalke-Ultras unter dem Motto #helpgelsen“, erinnert sich Andre Kulla. „Da bekomme ich immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“

Laura Kulla klagt über fehlende Empathie seitens der Stadt

Hilfe von der Stadt Gelsenkirchen haben die beiden dagegen oft vermisst. Oft ging es dabei um vermeintliche Kleinigkeiten. „Vor dem Café ist ein Parkverbot – die Belieferung war also schwierig“, sagt Laura Kulla. „Wenn ich trotzdem kurz gehalten habe, um etwa Getränkekisten auszuladen, waren Polizisten immer verständnisvoll und haben mich machen lassen“, erzählt sie. Beim Kommunalen Ordnungsdienst der Stadt sei sie dagegen auf taube Ohren gestoßen.

Mit der Bitte um Hilfe hätten sich die beiden auch an die Wirtschaftsförderung gewandt. „Dort hatte ich aber oft den Eindruck, als fühle sich niemand so recht zuständig“, sagt Andre Kulla. „Bei der Stadt wurde uns viel zu oft null Empathie entgegengebracht“, ergänzt Laura Kulla.

Herner Bürgermeister kümmert sich persönlich – kein Kontakt zu Karin Welge

Ganz anders dagegen sei der erste Eindruck von Herne. Ein Freund hatte die beiden gefragt, ob sie sich vorstellen könnten, in die Nachbarstadt zu ziehen, und nach längerem Überlegen entschieden sie sich zu dem Schritt. „Das war von Anfang an eine ganz andere Wertschätzung, die uns entgegengebracht wurde“, sagt Andre Kulla. „Der Bürgermeister selbst hat schon oft bei uns angerufen und gefragt, ob wir zurecht kämen.“ Mit Gelsenkirchens Oberbürgermeisterin Karin Welge dagegen hätten die beiden noch nicht gesprochen – „nicht einmal im Wahlkampf, als Vertreter fast aller anderen Parteien bei uns im Laden waren.“

Ohnehin sei Buer nicht mehr das, was es einmal war. „Saturn ist weg“, zählt Laura Kulla auf, „H&M ist weg, die Markthalle liegt brach. Viele Menschen kommen einfach nicht mehr nach Buer.“ Dazu, so ihr Eindruck, seien immer noch viel zu viele Bueraner der Meinung, Buer sei etwas Besseres. „Viele Vermieter verlangen immer noch Mieten, als seien sie an der Düsseldorfer Kö und nicht an der Hochstraße in Gelsenkirchen-Buer.“ Die Werbegemeinschaft gibt es nicht mehr, und auch beim Thema Citymanagement sei seit dem Abschied von Aylin Gimmerthal nicht mehr viel passiert.

„Wir sind und bleiben Gelsenkirchener“, sagen die beiden, „wir bleiben auch hier wohnen.“ Auch geschäftlich sei es kein Abschied für immer – „uns kann man ja nach wie vor fürs Catering buchen“, sagt Laura Kulla. Bevor die beiden aber wieder ein Café in Buer eröffnen würden, müsse sich eine Menge ändern.