Gelsenkirchen. In der Hitzewelle erlebte das Gelsenkirchener Freibad Nienhausen einen Ansturm. Wie Badegäste die Sicherheit durch Security-Personal beurteilen.
- Randalierer in Freibädern vermiesen anderen Bade-Gästen nicht selten die Erholung
- Gelsenkirchener Freibäder sind alarmbereit, setzen auf zusätzliches Wachpersonal
- Badegäste loben die Security-Patrouillen, es erhöhe das Sicherheitsgefühl
Kindergeschrei und volle Parkplätze rund um den Revierpark sind ein untrügliches Zeichen dafür, dass es an diesem heißen Nachmittag voll ist im Wellenfreibad Nienhausen. Gut 2000 Badegäste tummeln sich unter schattigen Strandmuscheln oder Bäumen im Freibad, holen sich auf Liegen und Handtüchern Sommerbräune oder suchen in den Schwimmbecken Abkühlung. Gummitiere hüpfen auf den Wellen, es wird gespielt, gelacht und geplanscht. „Die Atmosphäre ist entspannt“, sagen Badleiterin Mona Kullmann (31) und ihr Stellvertreter Oliver Gergens (45).
Gelsenkirchener Badleiter kennen ihre „Pappenheimer“ – junge Männer um die 20
Dass sich das schnell ändern kann, wissen die beiden. Beide bringen es zusammen auf mehrere Dutzend Jahre Berufserfahrung. Wo viele Menschen aufeinandertreffen, da steigt das Konfliktpotenzial. Erst vor kurzem machten Freibad-Schläger im Gelsenkirchener Sport-Paradies Schlagzeilen, parallel dazu gingen in Bochum randalierende Jugendliche am Ende noch auf Badegäste los, so dass die Polizei anrückte. Die Gelsenkirchener Freibadbetreiber sind daher alarmiert, Wachpersonal ist seit längerer Zeit schon immer zur Stelle.
Zu acht sind sie heute rund um die Wiesen und Schwimmbecken in der Feldmark unterwegs – Rettungsschwimmerinnen und Rettungsschwimmer, um in Notfall zu helfen, dazu drei auffallend kräftige Security-Männer in leuchtend roten Shirts, die im Konfliktfall einschreiten und ständig patrouillieren. Immer dabei in den Händen: ein Walkie-Talkie. „Wir sind über die Funkgeräte im ständigen Austausch“, erklären Kullmann und Gergens beim Rundgang über das Freibadgelände. Beide kennen ihre „Pappenheimer“, meist seien „es junge Männer um die 20“, die über die Stränge schlügen. Oft aus übertriebenem Imponiergehabe gegenüber Frauen.
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Mutter aus Essen: Lage im Freibad Nienhausen ist entspannt, Wächter sind immer in der Nähe, das gibt Sicherheit
Solch einen Vorfall mit jungen Männern haben Nadine Schulz (45) und ihr Sohn Henry-Amadeus aus Essen vergangene Woche angeblich gerade erst erlebt. „Im Sport-Paradies“, wie sie berichten. Eine Schar Heranwachsender sei auf der dortigen Wildwasserbahn wild herumgeklettert, die jungen Männer hätten die Anweisungen des Badpersonals völlig ignoriert und sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit dem Personal geliefert.
Mit Blick auf ihren Sohn sagt die Essenerin, die schon seit mehreren Jahren ins Freizeitbad nach Nienhausen kommt: „Da habe ich mich als Mutter mit einem neunjährigen Jungen nicht mehr ganz so wohl gefühlt. Deshalb sind wir heute lieber hierhin nach Gelsenkirchen gekommen und werden es künftig auch wieder tun. Hier ist es schön ruhig und entspannt – ich fühle mich sicher, vor allem, weil das Wachpersonal immer in der Nähe ist.“
Security-Personal gibt es ebenso im Sport-Paradies. Die Stadtwerke als Betreiber lehnten eine Anfrage dieser Zeitung für eine Reportage zum Thema „Aggressive Badegäste und Sicherheit“ aber ab. Ein direktes Gespräch mit dem Wachpersonal in Nienhausen über ihre Arbeit war ebenso nicht möglich.
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Kullmann und Gergens versichern aber, dass bei aufkeimenden Konflikten sofort „deeskalierend eingeschritten wird“. Reichten Beschwichtigungen nicht aus, so würde ein Hausverbot erteilt oder letzten Endes die Polizei alarmiert. „Meist reicht aber eine ernsthafte Ansprache“, sagt Mona Kullmann. Weder die 31-jährige Meisterin für den Bäderbetrieb noch ihr Kollege Gergens oder Parkleiter Franz Dümenil konnten sich an einen aus dem Ruder laufenden Konflikt im Freibad Nienhausen in jüngerer Vergangenheit erinnern.
Ähnlich geht es den beiden Gelsenkirchenerinnen Iris Weiß (60) und Marita Heinen (61), die mit Enkelin und Großnichte Emily (6) nahe des Wellenbades entspannen. Mehr als zehn Jahre zieht es sie schon ins Freibad an der Grenze zu Essen, schlechte Erfahrungen mit Krawall-Gästen haben sie noch nicht gemacht. „Wir haben so etwas noch nicht erlebt. Hier läuft ständig Personal herum, man hat sofort einen Ansprechpartner im Falle eines Falles. Das beruhigt sehr“, sagen die beiden Frauen.
An Ganzkörper-Badekleidung und Burkinis müssen sich einige Gäste noch gewöhnen
Von mangelndem Respekt von Männern gegenüber Frauen berichtet dagegen Roman Krystek (38) aus Essen, der mit seiner Frau, den Großeltern und seinen vier Kindern ein schattiges Plätzchen nahe eines Baumes gefunden hat. Schon als Junge sei er Badegast in Nienhausen gewesen, damals sei den Frauen aber mehr Respekt entgegengebracht worden, heute würden sie „öfter von jungen Männern bedrängt“. Krystek führt das darauf zurück, dass Menschen verschiedenster Kulturen andere Wertvorstellungen haben.
Aus dem Gespräch mit dem 38-Jährigen geht auch hervor, dass der Anblick von Ganzkörperbekleidung im Bad, von Burkini und Co. noch ungewohnt ist. Krystek berichtet, er hätte vormittags jemanden gesehen, der mit einer Art Windjacke ins Wasser gegangen sei und einer Bermudahose im Jeans-Look.
Möglicherweise mehr Schein als Sein, sagen Mona Kullmann und Oliver Gergens. „Denn wir prüfen, ob es sich tatsächlich um Badekleidung handelt“, sagen die leitenden Angestellten. Tatsächlich sähe Badekleidung heutzutage Alltagskleidung wie sie etwa muslimische Frauen tragen sehr ähnlich. „Wer keine zugelassene Badebekleidung trägt, darf nicht ins Wasser und wird vom Personal aus dem Becken verwiesen“, erklären die beiden Badleiter das Prozedere bei Verstößen.
Nachtbaden im Gelsenkirchener Freibad: Wer friedlich ist und erwischt wird, den begleitet der Wachdienst bis zu Tür – freundlich aber bestimmt
Zwei in Ehren ergraute langjährige Freunde aus Essen und Bottrop, 66 und 67 Jahre alt, kommen teils schon seit Jahrzehnten hier ins Freibad, Frau und Kinder waren auch oft dabei. Nach der langen Corona-Pause sind sie zum ersten Mal wieder vereint unter der Sonne Nienhausens.
Krawall, Randale? „Nein, davon haben wir hier noch nie etwas mitbekommen“, sagen sie. Die Senioren haben nicht das Gefühl, dass hier etwas passieren könne. „Es ist doch so“, sagt J. Fabian. „Wenn man jung ist, dann macht man eben auch mal Quatsch. Haben wir doch alle. Und ich auch. Kann mich gut erinnern, wie ich früher nachts im Sommer hier heimlich über den Zaun geklettert und ins Wasser gesprungen bin.“
Öffnungszeiten und Preise im Freibad Nienhausen
Das Freibad im Revierpark beziehungsweise Gesundheitspark Nienhausen ist täglich von 11 bis 19 Uhr geöffnet. Ende der Badezeit ist um 18.30 Uhr. Letzter Einlass ist um 17.45 Uhr. Saunagäste erhalten an der Kasse ein Bändchen und können das Freibad mitbenutzen. Die Eintrittspreise für das Freibad liegen zwischen 4 und 6,50 Euro. Kleinkinder (bis zur Größe von einem Meter) zahlen einen Euro.
Die geänderten Öffnungszeiten sind den Badleitern zufolge eine Auswirkung der Corona-Krise und des Personalmangels. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Bäder händeringend Fachkräfte für das Bäderwesen suchen, früher Bademeisterinnen und Bademeister genannt.
„Kein Problem“, sagen Mona Kullmann und Oliver Gergens und lachen. „Ist längst verjährt“. Und bleibt wohl heute auch nicht mehr ganz so unbemerkt. Immerhin gibt es direkt am Bad Dienstwohnungen – und auch des Nachts einen Wachdienst, der nach dem Rechten schaut. „Und falls doch jemand mal im Dunkeln im Bad erwischt werden sollte – im Revierpark wird der- oder diejenige dann „freundlich aber bestimmt bis zu Tür geleitet. Solange alles friedlich bleibt – kein Problem.“