Gelsenkirchen-Altstadt. Musiker Norbert Labatzki plant sein „Schloß Stolzenfelz“ und will das Gelsenkirchener City-Sofortprogramm nutzen. Nun fühlt er sich ausgebremst.

Das „Schloß Stolzenfelz“ hat Norbert Labatzki in Gedanken und auf dem Papier längst errichtet: Ziersäulen flankieren die Schaufenster, güldene Putten schweben über dem Eingang. Zugegeben, der Gelsenkirchener Musiker und umtriebige Ideen-Geber hat dick aufgetragen. An der Ahstraße 10 soll sein Schloss als „Generationen-Haus“ ein besonderer Treffpunkt werden – für Ausstellungen, Live-Musik, für barrierefreien Tanz, für gelebte Debattenkultur. Soweit die Theorie. Die Praxis ist nicht ganz so einfach.

Gelsenkirchen will Leerstände in der Innenstadt beseitigen

Der Kampf gegen Leerstände in der Innenstadt treibt auch Norbert Labatzki, mittlerweile 58 Jahre alt, um. Das Sofortprogramm Innenstadt, mit dem die Stadt Gelsenkirchen Ladenlokale auf Zeit mit Start-ups, frischen Konzepten und neuen Angeboten füllen will (und dafür rund 60.000 Euro Landesmittel nutzt), war da für ihn wie eine Steilvorlage.

Der Deal: Im Rahmen des Innenstadtprogramms zahlt die Stadt aus Fördermitteln maximal 90 Prozent der Altmiete an den Hauseigentümer, der Ladenbetreiber zahlt wiederum 20 Prozent der Altmiete an die Stadt. Es wäre ein System, von dem alle profitieren. Für Labatzki, der als Musiker („Mr. Mamboo“) sein Geld verdient und ansonsten viel ehrenamtliches Engagement einbringt, bedeutet das: Er muss mindestens 350 Euro erwirtschaften, um nicht draufzuzahlen. Die Summe, hofft er, könne er über Kaffee, Kuchen- und Waffelverkauf einspielen

Raum für Jazz- und Folk-Konzerte, für Ausstellungen und Debatten

Norbert Labatzki vor dem Ladenlokal an der Ahstraße 10. Stuhl, Tischchen, Pflanze und Säulen signalisieren: Hier tut sich was.
Norbert Labatzki vor dem Ladenlokal an der Ahstraße 10. Stuhl, Tischchen, Pflanze und Säulen signalisieren: Hier tut sich was. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Bereits vor dem Jahreswechsel stand für Labatzki fest: Er wird Ladenbetreiber und Herr von „Schloß Stolzenfelz“. Der Name steht für eine trashige Musikzeit in den 1990ern, in der Labatzki als Künstler zumindest „weltberühmt in Gelsenkirchen“ und ein Stück darüber hinaus war. Nun bietet er Raum für Jazz- und Folk-Konzerte, für Ausstellungen, für Diskussionen und – für den 58-Jährigen besonders wichtig – Veranstaltungen für Demenzkranke.

Laden benötigen Abnahme durch die Bauordnung

In fünf Fällen haben sich bislang Mieter für leerstehende Ladenlokale gefunden. Alle warten noch auf die Abnahme durch die Bauordnung. Dass er im Auswahlverfahren zum Zuge käme, hatte Labatzki nicht erwartet. Doch nun wartet das Ladenlokal an der Ahstraße, zuletzt ein Foto-Geschäft und lange zuvor der Hutladen Hirnstein, auf die Verwandlung durch den Künstler. Und der wartet auf die Behörden. Kein Traum-Schloss ohne Genehmigung. Konkret beispielsweise für die Außennutzung oder eben die Bau- und Nutzungsänderung. Auch einen Mietvertrag hat Labatzki noch nicht. „Auf den warte ich seit Anfang April.“

Labatzki, der in Gelsenkirchen schon so manches Projekt gestemmt hat, stößt so langsam an seine Grenzen. „Ich bin Musiker. Ich will loslegen. Momentan fühle ich mich völlig überfordert“, sagt er. Was ihn wurmt: Seit Monaten sei sein Projekt in der Pipeline und bei der Wirtschaftsförderung bekannt. Gewerbeschein und Gesundheitszeugnis habe er beantragt. „Aber letzte Woche habe ich beispielsweise erst erfahren, was ich noch alles an Genehmigungen brauchte. Da hätte man mich viel früher drauf aufmerksam machen können. Dort sitzen doch die Profis.“

Gelsenkirchener Musiker „Sonst werden Fördermittel verschenkt“

Profi-Kaffeemaschine und Kühlschrank, ein paar Tische und Stühle und eine üppig grünende Bananenstaude hat Norbert Labartzki schon ins Ladenlokal geräumt, die Theke ist bald eingerichtet. Ein Bistrotisch steht einladend vor der Ladentür. Im Eingangsbereich will Labatzki eine Fläche schaffen, auf der sich künftig Kreative mit ihren Arbeiten präsentieren und sie auch verkaufen können. Als Gelsenkirchener mit guten kontakten hat er viele Unterstützer gefunden. Vom Bahnhofcenter konnte er sich Stühle und Tische für die Inneneinrichtung abholen, das Restaurant Trulli unterstützt Labatzki mit Mobiliar für den Außenbereich. „GE Bräu“ will mit ihm zusammenarbeiten.

„Meinen Kram habe ich erledigt“, sagt Labatzki. Für den Musiker ist es ein Engagement auf Zeit. Das Projekt läuft bis Ende 2023. „Jede Woche, in der die Läden später öffnen, werden Fördermittel verschenkt“, glaubt Labatzki. „Wenn ich nicht bald den Laden aufmachen kann, gibt es nur eine Abschlussfeier. Und einen Abfuhrtermin für den Sperrmüll.“