Gelsenkirchen. Was würde ein Gas-Embargo gegen Russland für die Wirtschaft in Gelsenkirchen bedeuten? Ein Blick auf die Zahlen lässt fatale Folgen erahnen.

Stadtrat Simon Nowack hat im vergangenen Wirtschaftsausschuss verdeutlicht, wie stark ein möglicher Lieferstopp von russischem Gas die Gelsenkirchener Wirtschaft treffen würde. So wird nach Angaben des Wirtschaftsförderungsdezernenten zehn Prozent des Erdgases in ganz NRW von der Industrie in der Emscher-Lippe-Region abgenommen – obwohl hier nur fünf Prozent der nordrhein-westfälischen Einwohner leben und der Privatverbrauch der Haushalte dabei noch nicht mal mit einberechnet wurde.

60 Großabnehmer von Gas in Gelsenkirchen identifiziert

Mit Großverbrauchern wie Pilkington oder Zinq, aber auch Abnehmern aus der Ernährungsindustrie wie Müllers Mühle oder Malzers seien bereits Gespräche zu den Folgen eines Embargos geführt worden, das beim Arbeitnehmerempfang 2022 zuletzt als „schlimmstes Bedrohungsszenario“ für die Industrie bezeichnet wurde. Auch Nowack betonte, ein Betriebsstopp in den Gasbrennöfen hiesiger Firmen könne zu „irreparablen Schäden“ führen. „Dann stellt sich in der Tat die Frage, ob diese Öfen überhaupt wieder in Deutschland aufgebaut werden würden.“

60 Gas-Großabnehmer seien in Gelsenkirchen identifiziert worden – in Gesprächen mit ihnen will man nun nach und nach erörtern, welchen Schaden ein Embargo bei ihnen hinterlassen würde.

Spricht von „irreparablen Schäden“ durch ein mögliches Gas-Embargo in den Öfen der Gelsenkirchener Industrie: Wirtschaftsförderungsdezernent Simon Nowack.
Spricht von „irreparablen Schäden“ durch ein mögliches Gas-Embargo in den Öfen der Gelsenkirchener Industrie: Wirtschaftsförderungsdezernent Simon Nowack. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Abgesehen vom Lieferstopp-Szenario würden die abgebrochenen Handelsbeziehungen zu Russland jedoch gegenwärtig für „keine großen Verwerfungen“ im Import- und Exportgeschäft in der Region sorgen, wie man seitens der Wirtschaftsförderung im Ausschuss mitteilte.

Laut Nowack beträgt das Exportvolumen nach Russland in der Emscher-Lippe-Region lediglich zwei Prozent, nämlich 130 Millionen von insgesamt 6,6 Milliarden Euro. Die Exporte in die Ukraine machen 0,4 Prozent aus, belaufen sich also auf etwa 25 Millionen Euro. Die Importe aus Russland und der Ukraine betragen in der Region etwa 8,7 Milliarden Euro – fast 60 Prozent davon Importe von Öl und Gas.

Noch kein auffälliger Stellenabbau in Gelsenkirchen aufgrund der eingefrorenen Handelsbeziehungen zu Russland

Nicht nur das produzierende Gewerbe, auch Logistikunternehmen wie Loxx spürten die Auswirkungen des Angriffskrieges. Dort habe man der Wirtschaftsförderung von Umsatzeinbußen in Höhe von sieben bis acht Prozent berichtet, so Nowack. „Die Situation ist angespannt, auch wenn Arbeitsplätze dort noch nicht abgebaut wurden.“

Dies gelte auch für den Arbeitsmarkt in Gelsenkirchen insgesamt. Zitiert wurde im Ausschuss aus einer Stellungnahme der Agentur für Arbeit, der aktuell lediglich zwei Fälle bekannt seien, bei denen Unternehmen durch den Einbruch der Handelsbeziehungen mit Russland Konsequenzen für ihre Beschäftigten angaben.