Gelsenkirchen-Buer. Welche Hürden Immobilieneigentümer aus Gelsenkirchen-Buer bei der Etablierung von Lokalen sehen. Und was das für die Altstadt bedeutet.

Bochum hat das Bermuda-Dreieck, Düsseldorf „die längste Theke der Welt“. Und Gelsenkirchen? Träumt vom „Urbanus-Kiez“ in Buer. Doch Wünschen ist das Eine – und Realisieren etwas völlig Anderes, wie heimische Immobilien-Eigentümer klagen. Denn selbst wenn Gastronomen sich in den Citys rund um Bahnhof- und Hochstraße ansiedeln wollen: Die Hürden der Behörden seien für viele schier unüberwindbar. Und das war’s dann mit der Belebung der Innenstädte, so die Kritik. [Lesen Sie zum Thema:„Urbanus-Kiez soll Buers Gastro-Szene beleben“]

Gunnar Marx ist einer, der weiß, wovon er spricht: Er ist Eigentümer eines Gebäude-Komplexes in der buerschen Fußgängerzone mit Mietern wie Depot und Woolworth. Auch die Immobilie mit dem kleinen Ladenlokal an der Ophofstraße 4 gehört ihm, für das er nach dem Auszug eines Wäscheladens über Monate nach dem richtigen Nachmieter suchte. „Ich hätte mir auch gut eine kleine Gastronomie dafür vorstellen können. Aber den Akteuren ist es ergangen wie vielen anderen, wenn es darum geht, eine Fläche für den Einzelhandel in eine Gastronomie umzuwandeln: Es ist kaum finanzierbar.“

Eigentümer von Gelsenkirchener Immobilien: Gastronomen sind abgesprungen

Knackpunkt bei der Nutzungsänderung sei der Stellplatznachweis für die Gäste, den das Land in der Bauordnung fordert. Und der schlage aktuell pro Pkw-Platz in der teuersten von drei Zonen mit 7160 Euro zu Buche. „Für vier Stellplätze muss der Gastronom also einmalig fast 30.000 Euro berappen, ohne wirklichen Gegenwert. Das ist angesichts der vielen anderen nötigen Investitionen etwa in Mobiliar, Küchentechnik und Brandschutz für sehr viele nicht zu stemmen.“ Daher seien die Interessenten – wie so oft – abgesprungen.

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Hintergrund: Weil in der dicht bebauten Innenstadt meist nicht genügend Pkw-Stellplätze zur Verfügung stehen, kann die Stadt gegen Zahlung einer Ablösesumme auf diese Forderung verzichten – so, wie es die NRW-Bauordnung vorsieht. Die Höhe der Ablöse richtet sich zum einen danach, ob der Platz in Zusammenhang mit einer Wohnung benötigt wird; dann werden nur 1790 Euro fällig, unabhängig vom Standort der Immobilie.

Stadt Gelsenkirchen liegt bei Höhe der Ablöse eher am unteren Rand

Im Falle einer Gastronomie oder von Einzelhandel ist die Ablöse jedoch abhängig von der Gebietszone, in der sich das Gebäude befindet. In den Citys der Altstadt und Buers (Zone I) sind es besagte 7160 Euro für einen Pkw-Platz, in den sie umgebenden Ringen mit zentraler Nebenfunktion (ebenso in Teilen von Erle und Horst) 3580 Euro (Zone II), im übrigen Stadtgebiet 1790 Euro. Gelsenkirchen liegt damit im Vergleich eher am unteren Rand: Mülheim verlangt in 8500 Euro pro abgelöstem Stellplatz (Zone I), Düsseldorf 12.270 Euro und Essen gar 15.000 Euro.

Dennoch: „Es stellt sich immer wieder als schwierig bis unmöglich heraus, Gastronomen in Gebäuden zu etablieren, die zuvor nur für den Einzelhandel genutzt wurden“, bestätigt ein Eigentümer mit vielen Immobilien in Buer, der namentlich nicht genannt werden möchte. Auch die Anforderungen in Sachen Brandschutz seien teils enorm. „In manchem Belangen müsste die Stadt kooperativer sein, sollten Wirtschaftsförderung und Baureferat solche Projekte positiver begleiten. Davon können doch am Ende die Innenstädte enorm profitieren.“

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Während Marx die Stadt eher lobt („ich habe die Verwaltung Gelsenkirchens beim Umbau als extrem engagiert erlebt“), ist er sich ansonsten mit dem Bueraner einig: Solange Nutzungsänderungen so (kosten-)aufwendig sind, werde es wohl bei dem Traum bleiben, mehr Gastronomen in die Citys zu locken, diese so attraktiver zu gestalten und damit zu beleben. Marx: „Da verpassen die Städte echte Chancen.“ – Für sein Ladenlokal an der Ophofstraße hat er übrigens eine nichtgastronomische Nachnutzung gefunden: einen Immobilienmakler.