Gelsenkirchen. Rund um die Zentraldeponie Emscherbruch in Gelsenkirchen werden die Menschen nicht auf Belastungen hin untersucht. Die Reaktionen auf die Absage.

Im Kampf gegen die Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch haben die Deponie-Gegner einen Rückschlag hinnehmen müssen. Das Umweltministerium NRW lehnt die von den Städten Gelsenkirchen und Herne beschlossene und beantragte gesundheitliche Untersuchung der Anwohner ab. Bürger, Politik und Verwaltung äußerten sich enttäuscht und verärgert.

Vorwurf: Land windet sich aus der Verantwortung beim Thema Gelsenkirchener Deponie

Manfred Leichtweis (SPD), Vorsitzender des Umweltausschusses in Gelsenkirchen, reagierte darauf „fassungslos“, Parteikollege und Bezirksbürgermeister Wilfried Heidl nannte es „zynisch“, dass das Land „monatelang nach Möglichkeiten gesucht hat, sich nicht mit den berechtigten Sorgen der Anwohner befassen zu müssen“. Die Deponie-Gegner hatten unter anderem behauptet, dass es im Umfeld der Lagerstätte zu einer hohen Zahl an Krebsfällen gekommen sei.

Die Deponie-Gegner hatten mit den Städten Gelsenkirchen und Herne darauf gedrängt, ein sogenanntes Human-Biomonitoring durchzuführen. Im Unterschied zum bis dato vorliegenden humantoxikologischen Gutachten, das lediglich Aufschluss darüber gibt, wie stark Luft und Wasser durch Schadstoffe überhaupt belastet sind, werden beim Human-Biomonitoring die Menschen vor Ort selbst beziehungsweise ihre Körperflüssigkeiten und -gewebe medizinisch unter die Lupe genommen.

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Es wird zum Beispiel analysiert, wie viel giftiges Quecksilber bei Einzelpersonen oder Bevölkerungsgruppen in Blut oder Urin vorhanden ist. So kann relativ genau untersucht werden, ob und wie sehr die Menschen durch die Schadstoffe belastet werden und welche Wirkungen diese Belastungen auf den Köper haben.

Auf der 60 Jahre alten Deponie sollen zusätzlich 4,6 Millionen Tonnen Abfall gelagert werden.
Auf der 60 Jahre alten Deponie sollen zusätzlich 4,6 Millionen Tonnen Abfall gelagert werden. © FUNKE Foto Services | Olaf Ziegler

Ministerium: Zuständigkeit für Biomonitoring liegt bei Gelsenkirchener Verwaltung

Das Umweltministerium NRW hatte Anwohnern die Ablehnung des Biomonitorings als Replik einer Bürgeranfrage schriftlich mitgeteilt. Das Schreiben liegt dieser Redaktion vor. Demnach hält das Ministerium das humantoxikologische Gutachten für ausreichend.

„Damit kann überwacht werden, ob die Anwohnerschaft überhaupt über das zulässige Maß hinaus gegenüber schädlichen Stoffen exponiert ist“, heißt es im Antwortschreiben. Die Deponie werde nach den Vorgaben der Deponieverordnung regelmäßig überwacht. Insofern sei „auch ein Human-Biomonitoring nicht erforderlich“. Das Ministerium verweist zudem darauf, „dass für eine solche Untersuchung zunächst die Gesundheitsbehörde vor Ort zuständig wäre“. Lesen Sie dazu auch:[Gelsenkirchen: Mehr Todesfälle durch Atemwegserkrankungen]

Kläger-Anwalt Daniel Kuhlmann, der vier Gelsenkirchener vertritt, die gegen die Erweiterung der Deponie Rechtsmittel eingelegt haben, sagte: „Die Gefahren der Deponie werden völlig unterschätzt. Das Biomonitoring wäre absolut notwendig. Einen juristischen Weg, es zu erzwingen, sehe ich im Moment aber nicht. Der Bürger hat nur eine Waffe und die heißt, sich zu überlegen, bei welcher Partei er künftig sein Kreuz machen will.“