Gelsenkirchen. Funkenmariechen marschieren in die Propsteikirche ein: Die Gelsenkirchener Karnevalisten feierten gemeinsam Gottesdienst. Nur der Propst fehlte.
Einen solchen Einmarsch der Gesellschaften hat der Gelsenkirchener Karneval noch nie erlebt: Würdevoll, ganz ohne Helau, dafür mit ernsten Gesichter beschreiten sie den Mittelgang der Propsteikirche St. Urbanus, die Vertreter des Festkomitees, die Standartenträger, die Prinzengarden, die Prinzen – alle in Couleur. Dazu passen die Messdiener und Kaplan Peter Schlippe in Rot und Weiß. Eigentlich hatte es ein starkes Symbol werden sollen für die Hoffnung, man möge die Coronazeit bald überwunden haben. [Zum Thema: 170 Jahre Buer in Wonne: Geschichte einer Karnevalshochburg]
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Auch ein Bekenntnis für den Frieden
Natürlich ist es an diesem Freitag auch ein deutliches Bekenntnis für den Frieden. Aber es darf auch ein bisschen gelacht werden, das macht der Geistliche sogleich deutlich, als er zur Begrüßung sagt: „Was für ein Einmarsch! Daran könnte man sich gewöhnen.“ Dann „outet“ sich Schlippe, der den in Quarantäne befindlichen und bekanntermaßen jecken Propst Markus Pottbäcker vertritt. „Ich komme aus dem Sauerland.“ Schon zuvor hatte er gesagt: „Ich freue mich. Es ist toll, wenn solche Leute einen Gottesdienst feiern wollen.“ Eine gewisse Fremdheit ist da durchaus noch spürbar.
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Stadtprinz Thorsten I. Pasucha stimmt an zum ersten Lied. Das hat es so auch noch nicht gegeben. Dass er das noch ganz alleine singen muss, liegt daran, dass er „Im Schatten des Doms“ aus dem Mainzer Karneval gewählt hat. Das scheint hier gänzlich unbekannt. Die Bibellesung, gehalten von Harald Kauffmann aus dem Festkomitee, schildert die „Hochzeit zu Kana“, eine Geschichte, in der Jesus Wasser zu Wein verwandelt.
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Szenenapplaus für Kaplan Schlippe für sein Karnevalisten-Lob
Das, so hatte man im Vorfeld überlegt, passe ganz gut zum Karneval. Hierauf fußt auch die Predigt Peter Schlippes, die sich mit dem Überfluss beschäftigt – an weltlichen Gütern aber auch, viel wichtiger, an Lebensfreude. Dazu liefert er ein Bibelzitat in dem es heißt, der Frohsinn verlängere dem Menschen die Tage. „Karnevalisten schenken Hoffnung und den Menschen ein Lächeln.“ Dafür erntet der Kaplan Szenenapplaus. Wohl auch ein Novum.
Kölsch in Veltins verwandeln
Zum Abschied scherzt der Sauerländer noch einmal: Jesus einzuladen, das könne sich lohnen. Vielleicht auch schon heute Abend. „Ich weiß ja nicht, was es heute noch an Bier gibt. Aber wenn es das Spülwasser aus Köln ist, dann hoffe wir, er verwandelt es in gutes Veltins.“ Als Gemeindegesang folgt nun „Drink noch eene mit“ von den Bläck Fööss. Ein besonders bewegender Moment zum Abschied ist der laute Gemeindegesang, ein Lied der Klüngelköpp. Das scheint fast für diesen Ort geschrieben: „Wenn am Himmel die Stääne danze, und dr Dom sing Jlocke spillt, ja dann weiß ich, dat ich doheim bin.“