Gelsenkirchen. Die WAZ Gelsenkirchen hat ihre Leser gefragt: Was fehlt Ihnen in Bahnhof- und Hochstraße? Fühlen Sie sich dort wohl? Das sind die Ergebnisse.
Die Innenstädte sind im Wandel, erst recht während und absehbar vor allem nach der Corona-Pandemie. Verwaltung, Politik, Handel, Bürger und andere Akteure stehen aber schon länger vor der Frage: Was soll eigentlich mit den einstigen großen Einkaufs- und Flaniermeilen passieren, die mehr und mehr von Billigläden und Selbstbedienungsbäckereien dominiert und zunehmend weniger von kaufkräftigen Bürgern aufgesucht werden?
Wir haben die große WAZ-Innenstadt-Umfrage gestartet und wollten von Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wissen: Was fehlt Ihnen in den Gelsenkirchener Stadtzentren, in der Altstadt und in Buer, an Bahnhof- und Hochstraße? Die Innenstädte müssen sich offenbar neu erfinden – aber wie? Das sind die Ergebnisse.
Exklusive WAZ-Umfrage: Darum meiden Gelsenkirchener ihre Stadtzentren
Rund 1000 Leser haben in der Zeit vom 26. Januar bis zum 16. Februar an unserer Umfrage teilgenommen – vielen Dank dafür! Wir erhielten ein differenziertes, wenn auch kein repräsentatives Bild, aber eine detailreiche Schilderung was Ihnen gefällt und was nicht. Bei der Auswertung wird klar: An Bahnhof- und Hochstraße gibt es unterschiedliche Problemlagen, unterschiedliche Auffassungen, Beobachtungen und Maßstäbe.
Wir wollten von unseren Teilnehmern wissen: Wie oft kaufen Sie in einer der Innenstädte ein und verbringen dort anders Ihre Zeit? Die Angaben sollten in Stunden pro Monat angegeben werden. Die Ergebnisse waren eindeutig – und ernüchternd.
Fast 42 Prozent der Befragten gaben mit Null Stunden an, dass sie gar keine Zeit auf der Bahnhofstraße verbringen. Die häufigste Antwort, die unsere Leser lieferten, ist auch nicht gerade rühmlich für die Bahnhofstraße: Eine Stunde verbringen sie im Schnitt in der Altstadt im Monat.
Und die Hochstraße? Da sieht es ähnlich aus: Fast 40 Prozent der Teilnehmer kommen im Monat gar nicht ins Zentrum von Buer, für eine Stunde sind es 15,63 Prozent, für zwei Stunden (der zweithäufigste Wert) sind es fast zwölf Prozent.
Doch wo geht es dann hin, wenn es nicht das Internet sein soll? Auch das wollten wir wissen – und die Antworten zeigen: Die Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener zieht es raus ins Umland, in die umliegenden Städte. Und dort vor allem in die Einkaufszentren, etwa zum Limbecker Platz in Essen, ins Westfield Centro in Oberhausen oder den Ruhr Park in Bochum.
WAZ-Umfrage: Gelsenkirchener zieht es zum Shoppen in die umliegenden Städte
Doch auch die kleinen Städte, die durch ihren Flair mit alten Straßenzügen, inhabergeführten Läden und Gastronomie bestechen, sind Shopping-Ziele unserer Teilnehmer. Vor allem Recklinghausen wird häufig genannt, aber auch Dorsten oder Haltern. Hier ist es die Sauberkeit, mit der die Städte nach Angaben der Umfrage-Teilnehmer punkten, häufig auch das „Publikum“.
Erwähnenswert: Einige der Befragten gaben an, gerne nach Münster zu fahren, also fast eine Stunde Fahrt und rund 80 Kilometer fürs Shoppingerlebnis in Kauf zu nehmen – „aufgrund der attraktiven Gestaltung und des angenehmen Klientels“ oder aus diesen, in Stichpunkten aufgeführten Gründen: „Schöne Architektur, genügend Fachgeschäfte, große Auswahl, hervorragender Wochenmarkt, gute Restaurants – nicht nur Systemgastronomie, ausgeglichene Bevölkerungsstruktur“.
Es kommt also auch auf die Atmosphäre an, auf die Aufenthaltsqualität. Offensichtlich schneidet bei den Befragten die Bahnhofstraße in diesen Bereichen schlecht ab. „Ich meide die Bahnhofstraße, weil das einer der Spots ist, wo man den Eindruck gewinnt: Das ist nicht mehr meine Stadt“ – diese Äußerung trifft wahrscheinlich den Nerv vieler Gelsenkirchener.
WAZ-Umfrage: Gelsenkirchenern geht es beim Besuch der Bahnhofstraße um Sicherheit
Doch es geht vielen augenscheinlich auch um das Gefühl von Sicherheit, ums „Wohlfühlen“: Gefragt nach diesen Aspekten, gaben über die Hälfte der Teilnehmer (50,99 Prozent) an, sich „überhaupt nicht wohl“ bei einem Besuch der Bahnhofstraße zu fühlen. Einige der Teilnehmer, vor allem weibliche, fühlten sich regelrecht bedroht: „Man wird sehr häufig angebettelt und gegen Feierabend ist es als Frau nicht angenehm dort alleine durchzulaufen“, so eine der Befragten. Viele andere geben an, dass sie die City aus Angst vor Taschendieben oder pöbelnden Jugendlichen meiden. Auf der Hochstraße sieht das anders aus: 37,1 Prozent machten das Kreuzchen in der Mitte zwischen „überhaupt nicht wohl“ und „sehr wohl“ bei „neutral“.
Wir haben auch noch nach weiteren Faktoren gefragt, die die Attraktivität von Bahnhof- und Hochstraße beeinflussen. So sprach sich beispielsweise eine überwältigende Mehrheit dafür aus, dass die Innenstädte grüner werden sollten. Fast 40 Prozent (39,36 Prozent) – und hier ebenfalls die am häufigsten gegebene Antwort – stimmten der Aussage voll zu, dass „Pop-Up-Formate“ wie das Open-Air-Kino oder der Pop-Up-Biergarten eine gute Möglichkeit seien, um die Stadt mehr zu beleben.
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WAZ-Innenstadt-Umfrage: So ist das Alter der Teilnehmer
An der großen WAZ-Innenstadt-Umfrage unter dem Titel „Was fehlt Ihnen in den Stadtzentren?“ haben rund 1000 Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener teilgenommen. Genau 872 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben ihr Geschlecht an: 49,89 Prozent waren männlich, 49,54 Prozent männlich und 0,57 Prozent divers.Einer der ältesten Teilnehmer war 87 Jahre alt, die jüngsten 17 Jahre alt. Im Durchschnitt hatten sie ein angegebenes Alter von knapp 49 Jahren.
Etwas weniger entschieden und differenziert ging es bei der letzten Frage unseres Fragebogens zu. Dabei ging es um die häufig diskutierten „autofreien“ Innenstädte. „Der Autoverkehr im Umfeld der Bahnhof- und der Hochstraße stört mich. Die Zentren sollten autofrei sein“ – diese Ansicht vertreten nur 13,2 Prozent unserer Befragten. Den höchsten Einzelwert, 29,12 Prozent, erhielt die Antwortmöglichkeit „stimme dem überhaupt nicht zu“.