Gelsenkirchen. Fassungslosigkeit in Gelsenkirchen: Das Durcheinander bei den Lolli-Tests bringt Eltern zur Verzweiflung. Auch der Krisenstab wird deutlich.

„Untragbar“, „katastrophal“, „eine Zumutung“: Daniela Isopp, Pflegschaftsvorsitzende der Liebfrauenschule in Beckhausen, ist fassungslos angesichts des „Coronatest-Chaos“ in Grundschulen nach den Weihnachtsferien, das nun durch die NRW-Schulmail vom späten Dienstagabend einen neuen Höhepunkt gefunden habe. „Wir Familien fühlen uns wie Versuchskaninchen, bei denen das Experiment der Durchseuchung vorgenommen wird“, kritisiert sie das gerade verkündete Aus von PCR-Rückstellungsproben im Falle positiver Pooltests.

Neues Testverfahren in Schulen: „Akute Gefahr für die Kinder und Lehrenden“

Die neue Methode sei „absurd“: „Wenn nach einem positiven Pooltest nur noch Selbsttests in den Schulen durchgeführt werden können, riskiert man doch erst recht Infektionen! Schließlich legen rund 25 Kinder gleichzeitig in einem Klassenraum ohne ausreichenden Abstand die Masken ab“, ärgert sie sich über die „akute Gefahr für die Kinder und die Lehrenden“, die nicht selten um die 60 Jahre alt seien. Und: Es sei völlig unklar, wie zu verfahren ist, falls die im Vergleich zum PCR-Verfahren nicht so sensitiven Selbsttests komplett negativ sind.

Nun hat sie einen Hilferuf an Oberbürgermeisterin Karin Welge gemailt: „Es ist traurig und niederschmetternd, dass wir als Eltern zur Zeit einfach von jeder Stelle im Stich gelassen werden. Wir müssen alles alleine entscheiden: Wann müssen unsere Kinder in Quarantäne? Wie wird die Quarantäne beim Hallensport bewertet, wenn es Kontakt zu einem positiven Kind gab? Das Ministerium reagiert auf nichts. Die Schulleitung bekommt keine klaren Anweisungen“, heißt es darin.

Vorschlag von Gelsenkirchenerin: Schüler zu Bürgertest-Zentren schicken

Um das Risiko einer Ansteckung im Klassenraum nach positiven Pooltests zu minimieren, schlägt sie vor, die Grundschüler zu Bürgertests in Testzentren zu schicken. „Diese sind sicher auch professioneller. Erstklässler kriegen das mit den Selbsttests doch gar nicht richtig hin“, glaubt die Mutter von zwei Söhnen (7 und 11). Lesen Sie auch:Schlamperei in Testzentren? „Wir übersehen Infektionen“

An der Liebfrauenschule sei dies zwar erst am zweiten Tag nach dem positiven Pooltestergebnis möglich, da die Ergebnisse erst spät abends oder in der Nacht kämen und es berufstätigen Eltern zumeist nicht möglich sei, noch vor Schulbeginn mit den Kindern zum Testzentrum zu fahren. Deshalb müssten die Kinder dann mindestens einen Tag zu Hause betreut werden. Aber: „Ein Tag zu Hause ist immer noch besser als drei oder fünf Tage.“

Die Pflegschaftsvorsitzende hat sich nun mit ihren Amtskollegen von fünf anderen Schulen vernetzt: Demnach wollen die Elternvertreter von Linden-, Sand- und Albert-Schweitzer-Schule (Buer, Horst, Beckhausen) sowie der Schule am Lanferbach (Schaffrath) ebenfalls an die OB schreiben mit der Bitte, das bisherige Verfahren zu überdenken und so für mehr Gesundheitsschutz zu sorgen.

So reagiert Gelsenkirchens Krisenstab auf das Chaos um überlastete Labore

Gelsenkirchens Bildungsdezernentin wird an Tag eins nach dem Maileingang deutlich: „Es herrscht vor allen Dingen Verärgerung, der Unmut ist groß“, berichtet Anne Heselhaus am Mittwochnachmittag. „Hier fühlt sich Schule auch ein bisschen im Regen stehengelassen“, so die Stadträtin weiter. Die aktuellen Pläne der Landesregierung bezeichnet sie als nicht durchdacht, „das löst Chaos aus“.

Als „unzumutbar“ bezeichnet auch Gelsenkirchens Krisenstabsleiter Luidger Wolterhoff die aktuelle Situation für Lehrkräfte, Eltern und Kinder. „Dass die Schulmail gegen 22 Uhr kam, ohne Vorwarnzeit für die Betroffenen, das geht so nicht.“ Es brauche vom Land jetzt eine schnelle Entscheidung, ob die Pooltest-Strategie nun fortgeführt werde oder ganz fallengelassen werden soll. Alle Betroffenen bräuchten Klarheit.

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Bei der nun angewiesenen Nutzung von Schnelltests in den Klassen gibt es laut Wolterhoff noch viele offene Fragen: Was sei etwa, wenn ein Kind plötzlich positiv ist und nicht direkt von den Eltern abgeholt werden kann? „Die Eltern fahren ja erst einmal zur Arbeit, wenn sie ihr Kinder zur Schule gebracht haben.“

Aber auch wenn die Stadtspitze die Einschätzung der Eltern offenbar teilt – der Hilferuf an die OB wird wohl ins Leere laufen. Denn auch Wolterhoff betont noch einmal: In Verantwortung sei das Land. Anders sieht das bei der Teststrategie in den Kitas aus. Was die Stadt hier plant, lesen Sie hier: Nach Testchaos: Absage an Pool-Tests in Gelsenkirchener Kitas