Gelsenkirchen-Beckhausen. Das Bahnwärterhäuschen in Gelsenkirchen-Beckhausen dient als Unterkunft für Mitarbeiter des Quartiersservice. Hinten entsteht ein neuer Park.
Wie sich die Zeiten doch ändern. Noch bis vor 20 Jahren stand das kleine, schmucke Bahnwärterhäuschen in Gelsenkirchen-Beckhausen nicht wirklich an einem schönen Ort. Links ratterten die Züge der Werksbahn der Zeche Hugo vorbei, rechts floss der Lanferbach, auch „Köttelbecke“ genannt, und führte Abwasser und den entsprechenden Geruch mit. Heute sind die Schienen abgebaut, und seit einigen Tagen ist das Wasser des Lanferbachs wieder klar, demnächst soll er auch aus seinem Betonbett befreit werden. Nur das Bahnwärterhäuschen, das steht immer noch da – und das wird auch so bleiben.
Dass das kleine Schmuckstück an der Horster Straße vor dem Abriss gerettet werden konnte, ist vor allem Alfred „Don Alfredo“ Konter zu verdanken. Der saß von 1980 bis 1988 in dem Häuschen und bediente die Schranken, damals noch per Hand. 1988 ging er in den Ruhestand, doch „sein“ Bahnwärterhäuschen ließ ihn nicht los. Als die Zeche Hugo 2000 ihren Betrieb einstellte, setzte sich Konter gegen viele Widerstände erfolgreich dafür ein, dass das kleine Häuschen nicht, wie geplant, abgerissen wurde. Gemeinsam mit vielen Mitstreitern verwandelte er das Gebäude in das Schmuckstück, das es heute ist.
Der Gelsenkirchener Lanferbach ist wieder klar
Im Jahr 2017 starb Alfred Konter im Alter von 87 Jahren, doch sein Erbe wird heute weitergeführt. Etwa von Helge Herber und Jochen Kappler: Die beiden Männer sind Teil eines von Alfred Konter begründeten Freundeskreises, der dafür sorgt, dass das Bahnwärterhäuschen gepflegt und in Schuss gehalten wird. Mehr als das: Die beiden haben schon Pläne, wie das Gelände hinter dem Häuschen gestaltet werden soll.
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Bis vor kurzem wurde das Gelände noch von der Emschergenossenschaft genutzt, die den Lanferbach umbauten. Demnächst rücken die Baumaschinen ab – dann kann gestaltet werden. Ideen gibt es genug: „Wir wollen dort unter anderem eine Bahn bauen, auf der man Sommer-Eisstockschießen betreiben kann“, sagt Helge Herber, außerdem soll ein kleiner Bürgerpark mit Bänken und Picknicktischen entstehen. „Der Lanferbach ist ja jetzt wieder klar“, sagt Herber – ein Picknick dort wäre noch vor wenigen Monaten wegen des Gestanks keine schöne Angelegenheit gewesen. Nach dem Abzug der Baustelle ist auch die Fahrradtrasse wieder offen, die direkt am Bahnwärterhäuschen vorbeiführt – da kommt ein Picknickplatz natürlich gelegen. In den kommenden Monaten sollen die Arbeiten starten.
Das ist die Aufgabe des Quartiersservice
Außerdem hat das Bahnwärterhäuschen seit einigen Wochen eine neue Bestimmung gefunden: als Station für die Mitarbeiter des Quartiersservice Gelsenkirchen. Dabei handelt es sich um ein Projekt der Gelsenkirchener Arbeitsförderungsgesellschaft (Gafög) in Kooperation mit der Awo und der Caritas. „Ziel ist es, Menschen, die lange ohne Arbeit waren, wieder Zugang zum Arbeitsmarkt zu verschaffen“, erläutert Jörg Grotensohn von der Gafög.
Häuschen gehört dem RVR
Das Bahnwärterhäuschen befindet sich im Besitz des Regionalverbandes Ruhr (RVR). Der Verband hatte das kleine Gebäude nach dem Ende der Zeche Hugo von der RAG übernommen.
Der Freundeskreis um Jürgen Kappler und Helge Herber freut sich immer über Menschen, die helfen und mitmachen wollen. Informationen finden Interessierte vor Ort oder bei Facebook.
Als Kümmerinnen und Kümmerer vor Ort achten die Quartiersservice-Mitarbeiter bei ihren regelmäßigen Rundgängen auf Verschmutzungen im Quartier und sind Ansprechpartner „für die kleinen und auch größeren Sorgen der Menschen“, wie Grotensohn erläutert. Während des ersten Corona-Lockdowns hatte Jürgen Kappler gesehen, dass die Mitarbeiter keinen Raum zum Aufwärmen hatten – und ihnen prompt das Bahnwärterhäuschen angeboten. „Inzwischen wissen die Beckhausener, dass sie hier jemanden finden, der ihnen hilft“, sagt Jürgen Kappler. An jedem Werktag zwischen 8 und 10 Uhr sei hier jemand vor Ort.
Das Bahnwärterhäuschen hat sich ohnehin als Treffpunkt für die Nachbarschaft etabliert: Hier trifft man sich auf eine Tasse Kaffee und bespricht das Weltgeschehen. Ende vergangener Woche gab es sogar Geschenke: Angelika Schmitz, Wirtin der Gaststätte „Zum Krug“, die im Dezember geschlossen hatte, überreichte eine alte Bergmannsschaufel an Jürgen Kappler und Helge Herber – „die Schaufel bekommt natürlich einen Ehrenplatz“, versicherte Herber.
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