Gelsenkirchen-Beckhausen. Eine Institution in Gelsenkirchen-Beckhausen schließt im Dezember für immer: die Gaststätte „Der Krug“. Wirtin Angelika Schmitz nennt die Gründe.

Zunächst müssen wir natürlich über den Namen sprechen. „Der Krug“ steht draußen über der Tür, daneben „Gaststätte Schmitz“. Aber die allerwenigsten Menschen in Gelsenkirchen-Beckhausen würden sagen, dass sie zum „Krug“ gehen. In Beckhausen geht man „zum Heiner“, und das schon seit fast 60 Jahren. Doch damit ist es bald vorbei: Im Dezember schließt das Traditionslokal.

„Der Krug“ an der Horster Straße, kurz vor dem Lanferbach, ist noch eine Kneipe, wie es sie im Ruhrgebiet früher einmal an jeder Ecke gab – und heute kaum noch gibt. Die Einrichtung ist in Braun- und Grüntönen gehalten, ohne Schnickschnack. Kommt man durch Tür und den obligatorischen Vorhang herein, der die kalte Luft draußen hält, fällt der Blick sofort auf die Theke, die den vorderen Raum dominiert. Hinten gibt es einen großen Saal für Feierlichkeiten, im Keller eine Kegelbahn. Neben der Eingangstür steht eine Jukebox, darüber hängt ein Fernseher. Buntglasscheiben zeigen Szenen aus Industrie und Landwirtschaft und dämpfen das hereinfallende Licht.

In diesem Jahr wurde die Gelsenkirchener Gaststätte eröffnet

„Für viele Gäste war das immer ihr Wohnzimmer“, sagt Wirtin Angelika Schmitz. Als sie bekanntgab, dass sie im Dezember die Gaststätte für immer schließt, hätten viele ihrer Gäste bestürzt reagiert: „Du nimmst uns unser Wohnzimmer“, habe sie zu hören bekommen – und das nur halb im Scherz.

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Ihr Schwiegervater hatte die Gaststätte 1965 eröffnet. „Schon einige Jahre zuvor hatte er dort eine Trinkhalle betrieben, später einen Imbiss.“ Den Imbiss gibt es heute noch, aus der Trinkhalle wurde dann die Gaststätte. Zunächst nur als Einzelraum, 1978 kamen Saal und Kegelbahn dazu. Der Schwiegervater, das war Heinrich „Heiner“ Schmitz, und er war viele Jahrzehnte das Gesicht – und der Namensgeber – der Gaststätte. Man ging eben nicht in den „Krug“ – man ging „zum Heiner“.

Zu Hochzeiten zwei Kegelvereine pro Tag

Auch Heiner Schmitz’ Sohn wurde Heiner genannt, und so blieb der Name, als der „junge Heiner“ die Gaststätte übernahm. 1977 hatte er seine Frau Angelika geheiratet, die aber auch schon vorher im Betrieb mitgearbeitet hatte. Es war die große Zeit der Gaststätte, vor allem der Bau der Kegelbahn erwies sich als goldrichtig. „Damals hatten wir an jedem Tag zwei verschiedene Kegelvereine auf der Bahn“, erinnert sich Angelika Schmitz. Es war auch die Zeit, in der das Vereinsleben deutlich reger war als heute: „Sonntags hatten wir drei Mannschaften von Beckhausen 05 zum Essen da“, sagt die Wirtin. Das ist längst vorbei, und auch der Kegeltrend ist abgeebbt: Nur noch gut zehn Vereine nutzen die Bahn regelmäßig.

Einrichtung ohne Schnickschnack, Kegelbahn, Jukebox: Kneipen wie
Einrichtung ohne Schnickschnack, Kegelbahn, Jukebox: Kneipen wie "Der Krug" gibt es nicht mehr viele. Nun schließt aber auch die Gaststätte in Gelsenkirchen-Beckhausen nach vielen Jahren © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Der „alte“ Heiner stand bis vor einigen Jahren immer noch mal wieder hinter der Theke, mittlerweile lebt er in einem Seniorenheim. Der „junge“ Heiner, Angelikas Mann, ist im Mai dieses Jahres nach längerer Krankheit gestorben. „Das war für mich natürlich ein Einschnitt“, sagt die 66-Jährige. Sie fuhr erst einmal weg, und in ihr verfestigte sich der Entschluss, der sich schon während des Corona-Lockdowns gebildet hatte: „Ich höre auf und gehe in Rente.“

An diesem Tag feiert Angelika Schmitz Abschied

Leicht gefallen ist ihr der Entschluss nicht. „Natürlich werde ich meine Gäste vermissen“, sagt sie, und lobt noch einmal ihre Stammkundschaft: „Hier gab es nie Prügeleien, sowohl mein Schwiegervater als auch mein Mann haben immer viel Wert darauf gelegt, keine Gäste hereinzulassen, die Ärger machen.“

Man müsse den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören finden, sagt Angelika Schmitz, und sie freut sich auf die viele freie Zeit, wenn sie nicht mehr an jedem Abend und an jedem Wochenende arbeiten muss. Reisen wolle sie, sagt sie, wieder zum Turnen gehen, ihren Englischkurs aufleben lassen. Sie weiß aber auch, dass am 18. Dezember, wenn sie sich mit einer Feier von ihren Gästen verabschieden, die ein oder andere Träne fließen wird. Denn dann wird sie sich endgültig schließen: Die Tür zum „Heiner“.