Gelsenkirchen-Buer. Als Mia Billekens-Lenders mit Covid-19 ins Bergmannsheil Gelsenkirchen kam, lag die 70-Jährige Niederländerin im Koma. Das ist ihre Geschichte.
Viel zu oft musste man in den vergangenen Monaten Geschichten wie diese lesen, und viel zu oft gingen sie nicht gut aus. Geschichten von Patientinnen und Patienten, die positiv auf Corona getestet wurden, die mit Atemnot ins Krankenhaus eingeliefert wurden, dort auf der Intensivstation lagen und beatmet werden musste. Auch Mia Billekens-Lenders hat genau das erlebt, im Bergmannsheil in Gelsenkirchen-Buer, doch ihre Geschichte unterscheidet sich in einem wesentlichen Detail von den anderen: Sie hat überlebt und darf bald wieder nach Hause. Nach Hause ins niederländische Venlo.
Mia Billekens-Lenders ist 70 Jahre alt, verheiratet mit dem sieben Jahre älteren Piet, die beiden haben drei erwachsene Töchter und leben in den Niederlanden, nahe der deutschen Grenze. Ende November wurde das Ehepaar positiv auf Corona getestet – „wir haben uns wohl bei Freunden angesteckt“, erinnert sich Piet Billekens. Beide waren zu diesem Zeitpunkt bereits doppelt geimpft und warteten auf den Termin für die Booster-Impfung. „Ich selbst hatte nur leichte Symptome“, sagt Piet. Seine Frau jedoch hatte es schwerer erwischt. Mehrere Tage lag sie krank daheim, als sie nachts beim Gang auf die Toilette stürzte, wurde sie in ein Krankenhaus eingeliefert. [Lesen Sie auch: Stadt hat weitere Impftermine bis 16. Januar freigeschaltet]
Darum kam die 70-Jährige ins Gelsenkirchener Krankenhaus
Ihr Zustand verschlechterte sich rapide – doch in dem niederländischen Krankenhaus, in das man sie gebracht hatte, war kein adäquates Intensivbett mehr frei. Dr. Tisa Nieborg, Oberärztin im Gelsenkirchener Bergmannsheil erklärt, wie es dann weiterging. „An diesem Punkt kam die überörtliche Hilfe ins Spiel“, sagt sie. Eine Zentrale in Köln hat eine Übersicht über belegte und freie Intensivbetten – und weil diese Hilfe nicht an Landesgrenzen halt macht und das Bergmannsheil ein Bett frei hatte, kam Mia am 15. Dezember nach Buer.
Zu diesem Zeitpunkt war sie schon intubiert und lag im künstlichen Koma. Dr. Nieborg vermutet, dass sie ohne die doppelte Corona-Schutzimpfung vermutlich gestorben wäre. „Die Virenlast in der Lunge war nicht so hoch“, erläutert die Ärztin. „Problematisch war, dass sich eine Lungenembolie gebildet hatte.“ Eine ungeimpfte Patientin hätte diese Kombination wohl nicht überlebt.
So geht es der Patientin heute
Als Mia Billekens-Lenders von ihrem Zuhause ins Krankenhaus eingeliefert wurde, war sie noch in Venlo – als sie langsam aus dem Koma erwachte, fand sie sich plötzlich in einem anderen Land wieder, umgeben von maskierten Menschen, die alle Deutsch sprachen. „Ich komme ja aus Venlo“, kann sie heute schon wieder scherzen, „an Leute, die Deutsch sprechen, ist man da ja gewöhnt.“ Ob sie Angst gehabt habe? „Nein“, sagt die 70-Jährige, „dazu war ich zu beschäftigt.“
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Einen knappen Monat nach ihrer Einlieferung ins Bergmannsheil kann sie schon wieder neben dem Bett sitzen – die Strapazen der Krankheit sind ihr aber noch deutlich anzusehen: Laufen kann sie noch nicht wieder, das Sprechen fällt ihr schwer, ihre Nase ist dick mit Salbe bedeckt, die Haut hatte unter der Sauerstoffmaske und den Schläuchen für die künstliche Ernährung gelitten. Vor der Infektion war Mia Billekens-Lenders eine aktive Frau, liebte Wanderungen und Yoga. „Das wird alles wiederkommen“, sagt Tisa Nieborg und streicht der Patientin über die Hand. „Mit Reha-Maßnahmen und Physiotherapie kommt sie wieder auf die Beine.“
Mias Ehemann kam jeden Tag aus Venlo nach Gelsenkirchen
Im Bergmannsheil habe man viel dafür getan, dass der „Schock“, plötzlich im Nachbarland zu sein, abgemildert wird, sagt Dr. Nieborg. Eine wichtige Rolle dabei hätten Familienfotos gespielt, und in der Tat: Die ganze Fensterbank in Mias Zimmer steht voll mit Fotos, sie zeigen sie mit ihren Familienangehörigen, ihrem Mann, ihren Töchtern und Enkelkindern.
Piet Billekins hatte seine Frau an keinem Tag allein gelassen. „Ich bin jeden Tag nach Gelsenkirchen gefahren“, sagt er, „80 Kilometer hin, 80 Kilometer zurück.“ Und das, obwohl er seine Frau in der ersten Zeit nur durch eine Glasscheibe sehen konnte. Auch für ihn war Gelsenkirchen zunächst fremd. „Von Schalke hatte ich natürlich gehört“, sagt er, „ansonsten wusste ich nichts über die Stadt“. Das hat sich geändert – von nun an wird ihm Gelsenkirchen als der Ort in Erinnerung bleiben, an dem seine Frau ihre Covid-19-Erkrankung überlebt hat.
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