Gelsenkirchen-Beckhausen. Vor 20 Jahren erschien das Album „M16“ der Gelsenkirchener Band „Sodom“. Interview mit Bandgründer Thomas Such über Metal, das Jagen und den Tod.

Seit fast 40 Jahren machen „Sodom“ aus Gelsenkirchen mit ihren harten Metal-Klängen die Bühnen der Welt unsicher. Zum dessen 20-jährigen Geburtstag bringt die Band Ende November eine Neuauflage des Kultalbums „M16“ erstmalig auch in großem Stil auf Vinyl heraus. Wir sprachen mit Bandgründer Thomas Such, besser bekannt als Tom Angelripper.

Was kommt dir als erstes in den Kopf, wenn Du an „M16“ denkst?

„M16“ war das letzte Album, bei dem die ganze Band zusammen im Studio war. Das hat es danach durch die Möglichkeiten des Digitalrecordings nicht mehr gegeben. Aber damals waren Bobby (Drums – Red.), Bernemann (Gitarre – Red.) und ich vier Wochen lang im Studio von Harris Johns am Ende der Welt in Lütte in Brandenburg. Abends „Gib ihm!“ und tagsüber haben wir die Platte gemacht.

War die Platte auch für Euch eine Art Neuanfang, nachdem in den 90er-Jahren Metal nicht mehr so angesagt war?

Für uns war es einfach nur ein weiteres Album. Wir sind uns auch in den 90ern immer treu geblieben und haben immer gleich viel Krach gemacht. Dass es bei den Leuten so gut ankommt, kam auch für uns einigermaßen überraschend. Ich selbst vergleiche unsere Platten eigentlich nicht, aber „M16“ wird oft in einem Atemzug mit „Agent Orange“ genannt. Ich finde allerdings auch, dass die Songs so ziemlich alle aufgehen und die Hitdichte womöglich größer ist, als auf jedem anderen Album. Allerdings ist der Sound vielleicht etwas muffig, weil das Album damals nicht gemastered worden ist. Das haben wir jetzt nachgeholt. [Lesen Sie auch: Metal-Festival weckt Erinnerungen an Gelsenkirchener Kneipe]

Was ist ansonsten neu an der Jubiläumsausgabe?

Ganz wesentlich, dass sie überhaupt auf Platte erschienen ist. Damals war Vinyl nicht angesagt, so dass nur CDs veröffentlicht worden sind. Ansonsten klingt das Album jetzt wesentlich knackiger und offener, allerdings ohne den ursprünglichen Charakter des Originals zu verändern. Dazu gibt es ein dickes Booklet und eine Menge Live-Aufnahme aus der Zeit. Wobei Live-Aufnahmen damals noch sehr aufwendig und entsprechend selten waren, so dass es gar nicht einfach war, was auszugraben. Oft gab es nur noch MP3s direkt aus dem Pult, an denen man nichts mehr ändern kann. Es ist halt live. Ob das immer rühmlich ist, sei mal dahingestellt…

Heimspiel: „Sodom“ auf der Bühne des Rock Hard Festivals im Amphitheater in Gelsenkirchen.
Heimspiel: „Sodom“ auf der Bühne des Rock Hard Festivals im Amphitheater in Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Sebastian Konopka

In den zwanzig Jahren seit Erstveröffentlichung hat sich einiges getan. Von der damaligen Besetzung bist zum Beispiel nur Du übrig.

Ja, ich war der erste, der kommt, und werde der letzte sein, der Tür zu macht. Mit Bernemann habe ich im Zuge der Neuveröffentlichung gesprochen, er hat auch noch Bilder beigesteuert. Mit Bobby habe ich seit Jahren keinen Kontakt mehr. Aber es geht ja immer weiter. Die Zeit rennt, es ist echt irre. Und viel Arbeit. Man muss immer gute Leute finden, und ich selbst bin jeden Tag von morgens bis abends mit der Band beschäftigt. [Lesen Sie auch: Metal-Legende sammelt Postkarten aus Gelsenkirchen-Buer]

Also doch ein 9-to-5-Job?

Na ja, sagen wir 11 to 5. (lacht). Aber es gibt ja immer Projekte um die Band, mit denen ich mich beschäftige.

Würdest Du sagen, dass das Geschäft in den letzten zwanzig Jahren schwerer oder leichter geworden ist?

Von Corona abgesehen, leichter. Wenn ich mir allein anschaue, wie viele Shows wir jedes Jahr spielen – das war früher überhaupt nicht so. Da hatte ich noch Zeit jedes zweite Wochenende auf der Kanzel zu verbringen (Tom ist auch Jäger – Red.). Für junge Bands kann ich mir allerdings vorstellen, dass es allein aufgrund der Masse an Künstlern heutzutage schwieriger ist, einen Einstieg zu finden.

Im kommenden Jahr feiern „Sodom“ 40-jähriges Bestehen, ein Jahr drauf wirst Du 60. Was habt ihr noch vor?

Zum 40. wird es ein Boxset mit Neueinspielungen geben. Außerdem arbeite ich an einem Re-Release von „Tapping the Vein“. Und so lange es gefragt ist, kann man ja Musik machen, warum nicht?! Ich könnte aber auch jederzeit loslassen. Einen Bandscheibenvorfall im Nacken hatte ich schon, und wenn es nicht mehr geht und die Kohle stimmt, kann ich meine Zeit auch gut auf dem Hochsitz verbringen. Es gibt ja Leute, die behaupten, auf der Bühne sterben zu wollen. Wer will denn sowas?! Also ich will im Bett sterben.