Gelsenkirchen-Horst. An diesem Wochenende steigt das „Endzeit-Festival“ in der Essener Zeche Carl. Seinen Ursprung hatte es in einer Gelsenkirchener Kneipe.

Als im Jahr 1980 die „New Wave of British Heavy Metal“ über den Ärmelkanal schwappte, fanden sich auch in Gelsenkirchen schnell Anhänger, die sich für die rabiaten Klänge von Iron Maiden, Judas Priest und Saxon begeistern könnten. Darunter auch „Peppie“ Domink und Andreas „Stoney“ Stein, die umgehend die Uniform aus Jeans und Leder überstreiften. Einen Ort zum gemeinsamen Feiern mit Gleichgesinnten gab es in der Mitte des Ruhrgebiets vor vierzig Jahren allerdings nicht.

„Mein Vater hat uns dann seinen alten Hühnerstall im Garten überlassen, den wir dann selbstverständlich erstmal schwarz gestrichen haben“, erinnert sich Peppie. Eine Wand verschönerte kein geringerer als Jürgen „Ventor“ Reil, seines Zeichens späterer Drummer bei den Thrashern von „Kreator“, mit einem überdimensionalen Schafskopf vom Cover des „Venom“-Albums „Black Metal“. „In dem Stall haben legendäre Feste stattgefunden, die gelegentlich von Donnerstag bis Dienstag gedauert haben“, so Peppie.

Erste Metal-Partys in diesem Gelsenkirchener Schloss

Um 1985 herum wurden die Betreiber des „Mephisto“ auf die „Hartwurstfraktion“ als Zielgruppe aufmerksam. „Der Laden im Keller von Schloss Horst war eigentlich eine Rollschuh-Disco“, berichtet der mittlerweile in Rotthausen ansässige Andreas Stein, der von allen nur „Stoney“ gerufen wird. „Soweit ich mich entsinne, war das die erste im Umkreis, was anfangs auch gut funktionierte, sich dann aber schnell abnutzte, weshalb die Betreiber Metal-Partys veranstalteten, zu denen wir natürlich auch immer gegangen sind.“

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Ungefähr zur selben Zeit zog man auch in der Altenessener Zeche Carl nach und lud immer dienstags zum Treff für Anhänger derber Klänge. „Anfangs haben diese sogenannten „Jugenddiscos“ noch in der ersten Etage stattgefunden“, so Stoney, „wurden aber schnell zu groß, weshalb die Party in die ehemalige Kaue umzog. Wir haben damals selbst mitgeholfen, die Räumlichkeiten umzubauen.“

1994 eröffnete in Horst das „Endzeit“

Während Peppie nur kurz im professionellen Musikgeschäft weilte (er spielte 1985 das kultige „Sodom“-Debüt „In The Sign Of Evil“ ein), sorgte Stoney nicht nur durch das eifrige Verschicken von Demo-Tapes dafür, dass „Kreator“ ihren ersten Plattenvertrag ergattern konnten, sondern tingelt seitdem auch als Merchandiser im Dienste verschiedenster Bands durch alle Welt.

Mitte der 90er wurde es dann Zeit für ein gemeinsames Projekt. „Ich hatte schon immer die Idee, eine Kneipe für uns, also die heimische Metal-Szene zu machen“, sagt Peppie. Und 1994 war es dann endlich soweit: An der Horster Turfstraße übernahm man (damals noch gemeinsam mit dem ehemaligen „Sodom“- und „Kreator“-Gitarristen Frank Blackfire und Kumpel Mehmet Yüksel) eine schlauchförmige Eckkneipe, investierte viel Zeit und Liebe zum Detail und taufte den Laden „Endzeit“ mit einem Logo im „Kreator“-Schriftbild.

Aus der einmaligen Veranstaltung wurde ein regelmäßig stattfindendes Festival

Zwei Festivals in diesem Jahr

Da das Festival im vergangenen Jahr coronabedingt ausfallen musste, gibt’s 2021 in der Zeche Carl in Essen gleich zwei Festivals.An diesem Samstag, 20. November, werden „Disbelief“, „Warpath“, „The Very End“, „Daemonesque“ und „Ruhrpott Underground“ auf der Bühne stehen. Los geht’s um 19 Uhr; Karten sind für 23 Euro an der Abendkasse zu haben.Am 18. Dezember wird dann die für 2020 geplante Auflage mit „Bonded“, „Crossplane“, „Decaptacon“ und den „Hellboys“ nachgeholt. Hierfür sind Karten im Vorverkauf für 19 Euro, an der Abendkasse ebenfalls für 23 Euro zu haben.

„Die Leute kamen aus ganz NRW“, erinnert sich Stoney, der als DJ und hinter der Theke ackerte. „Außerdem kamen etliche Bands nach ihren Auftritten in der Zeche Carl noch auf das eine oder andere Bier rüber. Ich weiß noch, dass „Nevermore“ gar nicht mehr gehen wollten.“ Ebenfalls denkwürdig: Die feucht fröhlichen Aufnahmen für die Chöre auf vom ersten Tom-Angelripper-Album „Ein schöner Tag“ oder ein Auftritt von „Kreator“ in der zum Bersten gefüllten Kneipe.

„Da lag es auch irgendwie nahe, ein eigenes Festival aufzuziehen“, so Peppie. Und so trommelte man 1995 die Kumpels von „Sodom“ und „Coroner“ sowie etliche andere zusammen und veranstaltete in der Zeche Carl das erste „Endzeit“-Festival. „Eigentlich sollte das eine einmalige Sache sein“, sagt Peppie. „Doch nach dem Ende der Kneipe 1998 haben mich immer wieder Leute auf eine Neuauflage angesprochen.“ Zunächst in unregelmäßigen Abständen, mittlerweile einmal im Jahr geht deshalb in Altenessen das Festival über die Bühne der Zeche Carl. „Das wird auch so bleiben und wenn ich mal keinen Bock mehr habe, übernimmt mein Sohn“, prognostiziert Peppie.