Gelsenkirchen. Da noch nicht alle Ärzte in Gelsenkirchen jedem Berechtigten, der eine will, auch eine Booster-Impfung geben, wächst der Druck auf den Impfbus.

Schon lange bevor ab 15 Uhr auf dem Heinrich-König-Platz in Gelsenkirchens Mitte an diesem Mittwoch (17.11) im städtischen Impfbus Corona-Impfungen verteilt werden, stehen bereits Hunderte Menschen an. Die Schlange zieht sich über den Platz Richtung Hans-Sachs-Haus, wendet und zieht sich zurück bis zur U-Bahnhaltestelle. Die Nachfrage – vor allem nach der Booster-Impfung – ist riesengroß und das Angebot offensichtlich zu klein.

Die vierte Corona-Welle hat Deutschland längst mit großer Wucht erfasst und trifft vor allem die Ungeimpften – aber nicht nur. Angesichts immer häufiger auftretender Impfdurchbrüche wollen auch in Gelsenkirchen viele Menschen, so schnell wie möglich eine Booster-Impfung.

Anders als viele andere Städte hat Gelsenkirchens Stadtverwaltung aber entschieden, keine stationären Impfzentren aufzubauen, um vor allem beim Verabreichen der Corona-Auffrischungsimpfung für Entlastung zu sorgen. Dabei sind bis Jahresende mindestens 100.000 vollständig Geimpfte in der Stadt berechtigt, eben jene Booster-Impfung zu bekommen.

Stadt Gelsenkirchen verabreicht Booster-Impfungen im Impfbus

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Während einige Hausärzte in Gelsenkirchen die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) ignorieren und wie von der Politik und Teilen der Forschung gefordert, auch Menschen unter 70 Jahren bereits mit der Auffrischungsdosis versorgen, weisen andere Praxen immer wieder auch Impfwillige zurück, die jünger sind oder „theoretisch erst in zwei, drei Wochen an der Reihe“ wären.

Was den richtigen Zeitpunkt für den Booster betrifft, gebe es je nach Vakzin Unterschiede, erklärt Professor Ulf Dittmer, Leiter der Virologie am Uniklinikum Essen. „Es ist eindeutig, dass alle Geimpften einen ,Booster’ brauchen – und zwar unabhängig vom Alter“. Wer bisher mit einem mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna geimpft worden ist, sollte nach Angaben des Virologen den Booster idealerweise sechs Monate nach der zweiten Impfung erhalten. Dies betrifft in diesem Fall also alle zweifach Geimpften ab zwölf Jahren.

Astrazeneca: Stadt Essen gibt Auffrischungsimpfungen schon ab vier Monaten

Beim Vektor-Impfstoff von Astrazeneca sei hingegen eine Auffrischungsimpfung mit einem mRNA-Impfstoff ab vier Monate nach der zweiten Dosis nötig. „Das wird in Essen mit dem Impfmobil der Stadt auch schon praktiziert“, sagt der Virologe. „Der Schutz vor einer Infektion mit der Delta-Variante nimmt bei Astrazeneca nachweislich schneller ab.“

Was auf diesem Foto noch nicht einmal zu sehen ist: Die Warteschlange zieht sich außerdem noch einmal vom Eingang der U-Bahnaltestelle Richtung Hans-Sachs-Haus, vorbei an der evangelischen Kirche bis zum Haltestellen-Eingang Richtung Bahnhofstraße.
Was auf diesem Foto noch nicht einmal zu sehen ist: Die Warteschlange zieht sich außerdem noch einmal vom Eingang der U-Bahnaltestelle Richtung Hans-Sachs-Haus, vorbei an der evangelischen Kirche bis zum Haltestellen-Eingang Richtung Bahnhofstraße. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Am überlasteten Impfbus in Gelsenkirchen jedoch wird am Mittwoch jeder rigoros zurückgeschickt, der seinen „vollständigen Impfschutz“ nach dem 3. Juni bekommen hat. Die Zeit, Impfstoffunterschiede und damit möglicherweise unterschiedliche Ansprüche zu kontrollieren, hat die Mitarbeiterin mit der blauen Weste des Impfzentrums Gelsenkirchen zunächst offenbar nicht. Viel zu groß ist der Druck auf den Impfbus - und Impfzentren will die Stadt nicht, was unter den Wartenden überhaupt nicht gut ankommt. „Ich halte das für einen Fehler. Es würde allen vielmehr helfen, wenn es eine feste Anlaufstation gebe, die von morgens bis abends geöffnet ist. Wenn wir doch wollen, dass sich die Menschen impfen und das möglichst schnell, dann können wir sie doch nicht kreuz und quer in der Stadt einem Bus hinterherfahren und sie stundenlang anstehen lassen“, ärgert sich eine ältere Dame und bekommt Zustimmung vieler Umherstehender.

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Dittmer: Geimpfte Genesene brauchen vorerst keinen „Booster“

Genesene, die sechs Monate nach überstandener Infektion bereits eine Auffrischungsimpfung erhalten haben, „brauchen nach derzeitigem Stand der Wissenschaft vorerst keinen weiteren ,Booster’. Der Antikörpertiter ist hier in der Regel sehr hoch“, erklärt Ulf Dittmer, Leiter der Virologie am Uniklinikum Essen.Grundsätzlich stimmen ihn die aktuellen Erkenntnisse aus Israel über die hervorragende Wirkung der Booster-Impfungen optimistisch. „Ich habe die Hoffnung, dass der Schutz diesmal länger anhält und weitere Auffrischungsimpfungen womöglich erst wieder in ein paar Jahren notwendig werden“, so Dittmer.

Aufgrund der immer stärker werdenden Nachfrage Impfberechtigter unter 70 Jahren hatte die Stadt Gelsenkirchen Anfang November eingelenkt und verabreicht nach anfänglicher Skepsis seither im mobilen Impfbus auch Booster-Impfungen. Zuletzt machten 400 bis 500 Menschen an den jeweiligen Haltestellen des Busses von dem Angebot Gebrauch.

So groß wie an diesem Tag auf dem Heinrich-König-Platz war die Nachfrage aber bisher noch nicht.

Stadt Gelsenkirchen: Zwei Impfbusse reichen, Impfzentren nicht notwendig

Das Corona-Krisenmanagement der Stadt Gelsenkirchen ist zwar davon überzeugt, dass das Impfangebot der Hausärzte zusammen mit dem des einen Impfbusses auch jetzt schon auskömmlich ist.

Ein zweiter Bus soll die Nachfrage nach den Impfungen aber dennoch helfen zu decken. Dieser wird wohl auch unbedingt nötig sein, und das nicht allein angesichts der langen Schlange auf dem Heinrich-König-Platz. Denn es ist u erwarten, dass die Stiko in den kommenden Tagen die Booster-Impfung auch für alle ab 18 Jahren empfehlen wird, deren zweite Impfung ein halbes Jahr zurückliegt.

Die Hausärzte in Gelsenkirchen erwarten bereits einen riesigen Ansturm und berichten oftmals schon jetzt, dass sie bereits bis an die Kapazitätsgrenze impfen. Der zweite Impfbus jedoch steht voraussichtlich erst ab Nikolaus zur Verfügung. Früher sei der Bus für das Deutsche Rote Kreuz einfach nicht zu haben gewesen.